Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
Lara.
Das Grienen des Skinwalkers wurde womöglich noch breiter. „Wenn der zum Untergang verdammte Krieger mir nicht bis zum morgigen Sonnenuntergang ausgeliefert wurde, wird meine Jagd beginnen.“
„Moment! Bei mir könnte es länger dauern!“, warf ich ein.
„Wenn dir dein Leben lieb ist, kleiner Aufschneider, dann bete, dass das nicht der Fall ist.“ Mit einer nonchalanten Geste schleuderte er die bewusstlose Vampirin von sich, die auf ihrer ebenfalls bewusstlosen Schwester landete. „Du erreichst mich über seine Sprechwerkzeuge“, sagte er.
Dann setzte er leichtfüßig durch eins der Löcher in der Decke und war verschwunden.
Ich sackte an der Wand in mich zusammen.
„Thomas“, flüsterte ich.
Der Alptraum hatte meinen Bruder.
27. Kapitel
L ara kümmerte sich um die Nachwehen.
Ein Dutzend Wachleute war tot, ein weiteres Dutzend schwer verletzt und verkrüppelt. Im Flur, in dem die Wachen versucht hatten, den Skinwalker in einen Hinterhalt zu locken, waren die Wände so blutverschmiert, dass es aussah, als seien sie scharlachrot gestrichen. Ein gutes Dutzend vom Wachpersonal hatte sich, weil alles so schnell ging, nicht rechtzeitig in die Schlacht stürzen können, so war jemand da, um die Verwundeten zu versorgen und die Leichen wegzuschaffen.
Der Zauber des Skinwalkers hatte jedes Funkgerät oder Handy im Haus gründlich zerstört, aber die Festnetzanschlüsse funktionierten noch, da sie auf einer viel älteren, einfacheren Technik basierten. Lara konnte also eine kleine Armee weiterer Angestellter telefonisch herbeirufen, ebenso das medizinische Personal, das bei der Familie Raith auf der Lohnliste stand.
Während um mich herum wuselige Geschäftigkeit herrschte, hockte ich ein wenig abseits mit dem Rücken an der Wand auf dem Fußboden, was mir angemessen erschien. Mein Kopf schmerzte. Als es dort auch noch juckte und ich mich kratzte, musste ich feststellen, dass eine dicke, teilweise angetrocknete Blutspur sich an meinem linken Ohr hinunter bis in den Nacken zog. Wahrscheinlich eine Platzwunde am Kopf, die bluteten ja immer wie verrückt.
Nach einiger Zeit – ich hätte nicht sagen können, wie lange, weil in meinem Kopf alles immer noch reichlich verschwommen war – sah ich auf. Lara überwachte gerade den Abtransport ihrer verletzten Verwandten. Beide Vampirinnen waren nicht bei Bewusstsein und über und über mit dem eigenen Blut besudelt. Erst als man sie auf Tragen abtransportiert hatte, wandte sich das medizinische Personal den verwundeten Wachleuten zu, und Lara kam zu mir herüber.
Sie kniete sich vor mich hin, in den fahlen, grauen Augen einen Blick, den ich nicht zu deuten vermochte. „Können Sie aufstehen, Magier?“
„Können schon“, sagte ich. „Will bloß nicht.“
Sie hob ein klein wenig das Kinn und sah mich von oben herab an, eine Hand in die Hüfte gestemmt. „Was ist das für eine Sache, in die Sie meinen kleinen Bruder mit reingezogen haben?“
„Ich wünschte, ich wüsste es“, sagte ich seufzend. „Ich versuche immer noch rauszufinden, aus welcher Ecke die Kugeln geflogen kommen.“
Sie verschränkte die Arme. „Der zum Untergang verdammten Krieger. Der Skinwalker meinte den flüchtigen Wächter, richtig?“
„So könnte man es interpretieren. Wäre eine Möglichkeit.“
Lara betrachtete mich mit intensiv prüfendem Blick. Als sie plötzlich grinste, blitzten sehr weiße, sehr ebenmäßige Zähne auf. „Sie haben ihn! Er kam zu Ihnen und hat um Hilfe gebeten.“
„Wie kommen Sie denn auf die abstruse Idee?“
„Zu Ihnen kommen andauernd Leute, die in einer hoffnungslosen Lage stecken, und Sie helfen ihnen. So sind Sie nun mal, das scheinen Sie als Ihren Job anzusehen.“ Sie klopfte sich gedankenvoll mit dem Finger ans Kinn. „Jetzt gilt es zu entscheiden, was vorteilhafter wäre. Soll ich auf die Forderungen des Skinwalkers eingehen? Oder Thomas als Verlust abschreiben, Ihnen den Wächter wegnehmen und ihn als frisches politisches Kapital gegen die einsetzen, die ihn jagen? Auf seinen Tod oder seine Gefangennahme ist eine hübsche Belohnung ausgesetzt.“
Ich warf ihr einen ausdruckslosen Blick zu. „Sie werden mit mir zusammenarbeiten. Klar tun Sie jetzt so, als wollten Sie das nicht, weil Sie hoffen, mir damit ein paar Zugeständnisse abzuluchsen. Aber Sie werden so oder so mit mir kooperieren.“
„Warum sollte ich?“, erkundigte sich Lara interessiert.
„Weil Thomas seit dem Putschversuch am Weißen Hof eine Berühmtheit
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