Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)

sämtliche Lichter innerhalb unseres Sichtkreises in einem Funkenregen, woraufhin mehrere Straßenblöcke der Stadt in tiefer Dunkelheit versanken.
    „Sag Andi und Kirby, sie sollen zurück in die Wohnung kommen“, blaffte ich Georgia an. Ich schnappte mir meinen Stab, der an der Wand neben der Tür lehnte. „Billy, du bleibst bei mir. Maske auf und los geht’s.“
    „Harry?“ Georgia wirkte inzwischen vollkommen verwirrt.
    „Sofort!“,zischte ich und hob den Balken von der Tür.
    Als ich am Fuß der Treppe ankam, landete mit einem dumpfen, schweren und sehr beherrschten Aufprall ein Wolf neben mir, dessen Fell dieselbe dunkelbraune Farbe aufwies wie Billys Haar. Ein riesengroßes Tier, bestimmt so schwer wie Mouse, aber größer und schlanker. Ein Wolf, wie ihn die Welt seit der letzten Eiszeit nur noch selten zu Gesicht bekommen hatte. Ich riss die Tür auf und ließ Billy auf die Straße. Er sprang mit einem Satz über ein längs geparktes Auto und schoss auf ein Gebäude am hinteren Ende des Wohnkomplexes zu.
    Da Billy mit Kirby und Andi in Kontakt gestanden hatte, wusste er ungefähr, wo sich die beiden befanden. Ich folgte ihm, den Stab in der Hand, wobei ich bereits meinen Willen sammelte, denn ich wollte auf alles vorbereitet sein, auch wenn ich mir immer noch nicht sicher war, was uns hier draußen erwartete.
    Jetzt tauchte am nördlichen Ende des von Billy angesteuerten Hauses Kirby auf, eiligen Schrittes und das Handy ans Ohr gepresst. Er war ein schlaksiger, dunkelhaariger junger Mann in Trainingshosen und zu weitem T-Shirt, dessen eine Gesichtshälfte das Licht seines Handys wie ein winziges Flutlicht anstrahlte. Ich warf einen raschen Blick auf die südliche Ecke des betreffenden Hauses, und richtig: Dort bog gerade in leichtem Trab eine dunkle, pelzige Gestalt um die Ecke. Andi kam wie Billy als Wolf daher.
    Moment mal ...
    Wenn dieses unheimliche Ding es geschafft hatte, in der gesamten Gegend die Lichter ausgehen zu lassen, wieso hatte Kirbys Handy da überlebt? Magie und Technologie kamen wie gesagt nicht gut miteinander aus, und je komplexer ein elektronisches Gerät war, desto eher tendierte es dazu, den Geist aufzugeben. Handys verhielten sich in diesem Fall wie die Typen mit den roten Hemden in den alten Star-Trek - Folgen: Wenn etwas los war, traten sie immer als erste ab.
    Sollte dieses Ding, dieses Wesen – was immer es auch sein mochte – also um uns herum die Lichter ausgepustet haben, dann hätte es Kirbys Handy ganz sicher auch erwischt. Es sei denn, das Ding hätte gar nicht gewollt , dass das Handy ausfiel.
    Kirby war mit seinem Handy das einzig deutlich beleuchtete Objekt in Sichtweite. Ein ideales Ziel also.
    Als der Angriff dann kam, kam er rasch.
    Plötzlich lag ein Zittern in der Luft. Etwas bewegte sich hinter einem Schleier im Raum zwischen mir und dem Licht, das Kirbys Handy abstrahlte. Ein explosives Zischen – und das Mobiltelefon flog durch die Luft. Kirby verschwand in den Schatten, war nicht mehr zu sehen.
    Billy hetzte mit einem großen Satz voran. Ich packte das silberne Pentagramm-Amulett, das ich um den Hals trug, hob es an und rief mit meinem Willen silber-blaues Zauberlicht herbei. Sofort lag der Raum zwischen den Gebäuden des Wohnkomplexes in helles Licht getaucht.
    Mitten in einer kohlenähnlichen Lache, bei der es sich nur um Blut handeln konnte, lag Kirby auf dem Rücken. Billy stand mit gebleckten Zähnen über ihm. Blitzartig schoss er vor, seine Zähne rissen an etwas, und eine leichte Verzerrung in der Luft vor ihm sprang hoch und zur Seite. Ich pirschte mich gebückt an, mir kam es vor, als liefe ich durch Erdnussbutter, die mir bis zu den Hüften reichte. Dabei bekam ich nur ganz flüchtig als flackernde Vision den Eindruck von einem pelzigen Etwas auf vier Beinen mit, das Billys Angriff auswich.
    Dann lag auch Billy auf dem Rücken, schlug wild mit allen vier Wolfspfoten um sich, wehrte sich, riss an irgend etwas mit seinen Zähnen. Über ihm hing eine schattenartige Masse, die ihn auf dem Boden festnagelte.
    Andi, eine Wölfin mit rotem Fell, kleiner und beweglicher als Billy in Wolfsgestalt, kam durch die Luft geflogen und verbiss sich im Rücken des Angreifers.
    Wieder ertönte der Schrei, der oben in der Wohnung die Fensterscheiben hatte klirren lassen. Diesmal schien er aus einer tieferen Brust zu kommen als zuvor, mit mehr Resonanz. Schneller, als man es für möglich gehalten hätte, wirbelte das Wesen zu Andi herum, und ein Gliedmaß