Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
einem Talent für schnelle, gewalttätige Magier, die Hauptlast getragen, und in vielen, vielen Schlachten dieser Zeit hatte Morgan im Zentrum der Kämpfe agiert.
Auch ich hatte im Krieg mein Scherflein beigetragen, aber eigentlich arbeiteten nur die Neuzugänge unter meinen Wächterkollegen gern mit mir zusammen. Die anderen hatten allzu oft miterleben müssen, wie der Missbrauch von Magie Leben zerstörte, und diese Erfahrungen hatten bei ihnen tiefe Narben hinterlassen. Mit einer Ausnahme konnten sie mich nicht leiden, vertrauten mir nicht und wollten nichts mit mir zu tun haben.
Was mir normalerweise hervorragend in den Kram passte.
Nun hatte der Rat im Laufe der letzten Jahre zu der Erkenntnis gelangen müssen, dass jemand aus unseren eigenen Reihen die Vampire mit Insiderinformationen versorgte. Dieser Verräter hatte inzwischen eine Menge Leute auf dem Gewissen, aber bis jetzt war es noch nicht gelungen, ihn zu identifizieren. Die daraus resultierende allgemeine Paranoia sowie die Tatsache, dass der Rat im Allgemeinen und die Wächter im Besonderen mich wie eben beschrieben herzlich wenig liebten, gestalteten mein Leben seit einiger Zeit höchst abwechslungsreich. Noch abwechslungsreicher war es geworden, seit man mich im Zuge der Kriegsanstrengungen selbst als Wächter dienstverpflichtet hatte.
Die Frage war nun also: Was tat Morgan hier bei mir? Warum bat er ausgerechnet mich um Hilfe?
Sie dürfen mich ruhig für verrückt halten, aber ich war in Vielem zutiefst misstrauisch, und von daher schoss mir als erstes der Gedanke durch den Kopf, dass Morgan hier war, um mich zu etwas Verrücktem zu verleiten, was mir dem Rat gegenüber endgültig den Rest geben würde. So abwegig war dieser Gedanke gar nicht: Der Mann hatte vor ein paar Jahren schon einmal versucht, mich auf eine so miese Tour um die Ecke zu bringen. Aber letztlich entbehrte es in diesem Fall doch jeglicher Logik, denn wenn Morgan eigentlich gar keine Probleme mit dem Rat und den Wächtern hatte, dann durfte ich ihn auch getrost vor nichtexistenten Verfolgern schützen, ohne mich dadurch in die Scheiße zu reiten. Außerdem waren da seine Verletzungen, die eine deutlichere Sprache sprachen als sämtliche Erklärungen: Sie waren nicht vorgetäuscht, sie waren tödlich echt.
Morgan war wirklich auf der Flucht.
Ehe ich nicht mehr darüber herausgefunden hatte, was hier eigentlich gespielt wurde, durfte ich niemanden um Hilfe bitten. Bei meinen Wächterkollegen nachhaken und mich beiläufig nach Morgan erkundigen ging schlecht – dann wäre sofort aufgefallen, dass ich ihn gesehen hatte, was umgehend heftiges und potenziell schmerzhaftes Interesse geweckt hätte, und sollte der Rat wirklich hinter meinem alten Kontrahenten her sein, dann wurde jeder, der ihm half, automatisch zum Komplizen, machte sich damit selbst des Verbrechens schuldig, dessen man ihn bezichtigte und setzte sich strenger Verfolgung aus. Also konnte ich wirklich erst einmal niemanden bitten, mir zu helfen.
Besser gesagt: Ich durfte nicht nochjemanden um Hilfe bitten. Das mit Butters hatte sich nicht umgehen lassen, in der Frage war mir keine Wahl geblieben, und da dieser so gar nichts mit irgendwelchen übernatürlichen Umtrieben zu tun hatte, würde man ihm aus einer Komplizenschaft mit mir nicht gleich einen Strick drehen können. Außerdem hatte der Mann beim Rat einen Stein im Brett, nachdem er mir eines Nachts geholfen hatte zu verhindern, dass ein familiengroßer Nekromanten-Mönchsorden einen der Ihren in eine mindere Gottheit verwandelte. Er hatte dabei einem Wächter das Leben gerettet – zweien, wenn man mich mitzählte – und konnte somit als weitaus weniger gefährdet gelten als jeder andere, der Verbindung zu übernatürlichen Kreisen unterhielt.
Wie ich zum Beispiel.
Mann, mein Kopf! Irgendwann würde die Migräne mich noch umbringen.
Intelligentes Vorgehen war erst möglich, wenn ich mehr wusste. Fragen durfte ich keine stellen, das hätte unerwünschte Aufmerksamkeit erregt. Hätte ich mich jetzt kopfüber in hektische Ermittlungen gestürzt, wäre das ein kapitaler Fehler gewesen. Fazit: Ich musste warten, bis Morgan in der Lage war, mit mir zu reden.
Also streckte ich mich auf meiner Couch aus, um nachzudenken. Ich konzentrierte mich auf meine Atmung und versuchte, die Kopfschmerzen zu bannen, indem ich mich entspannte und meine Gedanken ordnete. Das gelang mir so gut, dass ich glatte sechs Stunden liegen blieb, bis der Sommertag vergangen war und
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