Harry Dresden 14 - Eiskalt: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 14 (German Edition)
Blick wurde abwesend. „Das ist eines der Dinge, in denen wir uns unterscheiden. Ich ziehe es vor, der Erkenntnis meines Herzens zu folgen.“
„Was bedeutet das?“, fragte ich.
Titania hob die Hand und sprach ein einziges Wort, und die Luft bebte vor Macht. Der Boden wölbte sich, zerriss meinen Zirkel und warf mich auf den Rücken.
„Das bedeutet“, sagte sie mit heißer, wütender Stimme, „dass du meine Tochter getötet hast.“
Vögel flogen geräuschvoll in alle Richtungen, als hätte man sie aus einer Zentrifuge gelöst. Titania hob eine Hand, und ein Lichtblitz fiel vom stürmischen Himmel und sprengte etwa 40 Meter entfernt einen Krater in der Größe meines Kopfes in den Boden.
„Du wagst es, herzukommen! Mich zu bitten, mich in Mabs Angelegenheiten einzumischen! Du, der Aurora den eisernen Tod schenkte!“
Ich versuchte aufzustehen, nur, damit Titania meine Jacke greifen und mich emporheben konnte. Mit einer Hand. Sie hob mich senkrecht hoch, über ihren Kopf, sodass ihre Faust gegen meine Brust drückte.
„Ich könnte dich auf tausend Arten töten“, grollte sie, und in ihren dunklen Augen strudelten Farben. „Ich könnte deine Gebeine in den weit entferntesten Ecken der Welt zerstreuen. Ich könnte dich an meinen Garten verfüttern, und dich während der gesamten Zeit zum Schreien bringen. Ich könnte Schmerzen an dir erproben, die Lloyd Slates Schicksal barmherzig erscheinen lassen. Ich will dein Herz verzehren.“
Ich hing über der zornigen Sommerkönigin und wusste, dass ich verdammt noch mal nichts tun konnte, um mein Leben zu retten. Ich konnte Dinge tun, sicher – bemerkenswerte Dinge. Aber Titania hatte nicht mehr Angst vor mir als ein Eisbär vor einer Feldmaus. Mein Herzschlag stieg zu etwas ähnlich eines durchgängigen Tones, und das war alles, was ich tun konnte, um meine gottverdammten Hosen nicht einzunässen.
Aber dann trug sich etwas Verwirrendes zu.
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie ergossen sich über ihre Wangen. Titania schien zusammenzubrechen. Sie setzte mich ab und gab mich frei.
„Ich könnte all das tun. Aber nichts davon“, wisperte sie, „würde mir meine Tochter zurückbringen. Nichts davon würde die Leere in mir füllen. Es dauerte seine Zeit, aber der kluge Rat des ältesten Geißleinbruders half mir, die Wahrheit zu erkennen.“
Herrjemine. Der älteste Geißleinbruder hatte sich für mich eingesetzt? Ich war dem Mann ein Bier schuldig.
„Ich bin keine Närrin. Ich weiß, wozu sie geworden war. Ich weiß, dass es sein musste.“ Weitere Tränen fielen, sie blinkten wie Diamanten. „Aber sie war mein. Ich kann nicht vergessen, dass du sie mir genommen hast. Ich kann dir nicht vergeben. Nimm dein Leben und geh.“
Es klang in meinen eigenen Ohren ein wenig zittrig, als ich sprach. „Wenn die Quelle birst, läuft dein Königreich in Gefahr, ebenso viel zu verlieren wie es Reich der Sterblichen.“
„Das Wissen meines Herzens rät mir, dich zu hassen, Sterblicher“, sagte Titania, „was auch immer meine Vernunft sagen wird: Ich werde dir nicht helfen.“
„Nein? Was sagt dein Herz dir, was geschehen wird, wenn die Dinger aus der Quelle erst einmal frei sind? Sie sind unsterblich. Das Feuer der Sicherungsanlage mag sie für eine Weile aufhalten, aber sie werden zurückkehren.“
Titania wandte sich nicht zu mir um. Ihre Stimme klang müde. „Mein Herz sagt, alle Dinge seien endlich.“ Sie hielt inne. „Aber ich werde einem Winterritter, der an die Freiheit glaubt, eines sagen: Du musst Verschwiegenheit lernen. Die Macht, von der du erfahren hast und die du fürchtest hat einen Namen. Man sollte den wahren Namen der Dinge kennen.“
Sie drehte sich um und kam auf mich zu. Mein Körper befahl mir, zu rennen wie der Teufel, aber ich befahl ihm, still zu sein, weil meine Beine viel zu sehr zitterten. Titania stellte sich auf die Zehenspitzen und fl üsterte sehr nahe an meinem Ohr: „Nemesis. Sprich es vorsichtig aus – oder es hört dich möglicherweise.“
Ich blinzelte. „Es ... es was?“
Damit drehte sie sich um und ging. „Gehab dich wohl. Du sagst, die Leute sollten frei sein. Ich stimme dir zu. Ich werde dich nicht mit meinem Wissen fesseln. Triff deine Entscheidungen. Wähle, wie die Welt zu sein hat. Es interessiert mich nicht. Sie enthält für mich dank dir nur noch wenig Licht.“
Ein recht kleiner Schwarm an Vögeln, nur ein paar hundert, flog zwischen mich und Titania. Als er vorbei war, war sie fort.
Ich
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