Harry Dresden 14 - Eiskalt: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 14 (German Edition)
Tasche wieder aus.
Meine Hände zitterten zu sehr, um die Tasche beim ersten Versuch zu öffnen. Es war nicht die Kälte. Es lag nicht mal daran, dass ich am Boden meines eigenen Grabes stand – zur Hölle, es war während meiner Zeit als Geist der erholsamste Ort in der ganzen Welt gewesen, und ein gewisser Teil dieser Sicherheit bestand auch jetzt. Ich hatte noch immer nicht das Bedürfnis zu sterben; verstehen Sie mich nicht falsch.
Das Beklemmende war, sich vorzustellen, was mit all den Leuten, die ich liebte, passieren würde, sollte ich in den nächsten Minuten sterben. Wenn ich richtig lag, würde mir die nächste Unterredung alles bringen, was ich benötigte. Wenn nicht ... nun, ich hätte hoffen können , tot zu enden. Aber ich hatte das ungute Gefühl, dass Magier, die Leute auf diesem Level erbosten, nichts so Freundliches und Sanftes bekamen.
Ich traf schnell meine Vorbereitungen. Erde und Wasser gab es überall, keine Frage. Ich musste hoffen, dass das bisschen Luft, über das ich verfügte, für den Ruf genügen würde. Feuer w äre ein Problem gewesen , hätte ich nicht vorausgeplant. Ich musste die andere Urkraft ebenfalls repräsentieren, etwas, das genau das Wesen, das ich im Kopf hatte, anrufen würde: den Tod.
Wäre das Ausüben des Zaubers aus dem eigenen Grab an Hallo-verdammt nochmal-ween nicht tödlich genug – ich war mir nicht sicher, was dann.
Ich stand auf einem Fuß, und mit einer Gebärde und einem Wort ließ ich den Großteil des Wassers im Grab gefrieren. Ich stellte meinen freien Fuß auf das Eis und zog den anderen aus dem Teil, den ich zum größten Teil als Schlick belassen hatte. Dann gefror ich diesen ebenfalls. Ich rutschte nicht auf dem Eis – oder vielmehr, ich rutschte ein wenig, aber mein Körper schien sich dem so natürlich anzupassen, wie er es bei Steinchen, die unter dem Fuß wegrutschten, getan hätte. Keine große Sache.
Sobald das Wasser schön fest war, packte ich meine anderen Requisiten aus. Eine Flasche Speiseöl, ein Messer und Streichhölzer.
Ich nahm das Messer und schnitt mir in die Haut der linken Hand, in das fleischige Stück zwischen Daumen und Zeigefinger, über einer alten Narbe, wo man mich bereits zuvor auf Geheiß einer Feenkönigin verletzt hatte. W ährend der Schnitt zu bluten begann, hob ich die Hand und schnitt mit dem gleichen Messer eine Locke meines Haars ab. Ich nahm die Locke, nutzte das frischvergossene Blut als Klebemittel, um sie zusammenzuhalten, und ließ sie auf die vereiste Oberfläche fallen. Mehr Tod, nur für den Fall. Dann goss ich einen Kreis aus Öl um Haar und Blut und entzündete ihn schnell mit den Streichhölzern.
Feuer und Wasser zischten und spien, und Wind klagte über meinem Grab. Ich stützte die Hände zu beiden Seiten ab, schloss die Augen und sprach die Anrufung, die ich gewählt hatte, wobei ich meinen Willen in meine Stimme fließen ließ. „Altes Weib, Vorbotin!“, begann ich, dann hob ich die Stimme, wurde lauter. „Längster Schatten! Geheimnisvollster Traum! Du mit dem endlosen Hunger, den eisernen Zähnen, dem gnadenlosen Kiefer!“ Ich investierte mehr Atem und Willen in die Worte. „Ich bin Harry Dresden, der Winterritter, und muss unbedingt mit dir sprechen! Athropos! Skuld! Mutter Winter, ich beschwöre dich!“
Ich gab die aufgestaute Macht in der Stimme frei, und als sie erklang, konnte ich Vögel von den Orten auffliegen hören, wo sie sich auf dem gesamten Friedhof in Deckung begeben hatten. Rufe und Schreie ertönten ebenfalls, von den Touristen, den Gruftis oder beiden. Ich knirschte mit den Zähnen und hoffte, dass sie nicht meines Weges kommen würden. Von Mutter Winters Hand zu sterben, würde nicht so sein wie von der Titanias. Das wäre eventuell wenigstens groß und schmutzig geworden – nicht wirklich ein Kampf, aber zumindest ein richtiges Schlachten.
Sollte Mutter Winter auftauchen und mich töten wollen, würde ich vermutlich einfach zu Staub zerfallen oder so. Mutter Winter war zu Mab, was Mab zu Maeve war – eine Macht eine Größenordnung über der Winterkönigin. Ich hatte sie einmal getroffen, und sie hatte Magie – eine der mächtigsten, die ich je gesehen hatte – buchstäblich heraufgestrickt, während sie eine Unterhaltung führte.
Die Echos meiner Beschwörung sprangen einige Male auf dem Friedhof über meinem Kopf herum, und dann ...
Dann ...
Dann nichts.
Ich saß für einen Augenblick da, wartete, während das brennende Öl zischelte und auf dem Eis
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