Harry Dresden 14 - Eiskalt: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 14 (German Edition)

die Verstrickung der Zauber, die in verschiedenen Zeiten entstehen, zeigen.“
    „Kein Wunder, dass es so kompliziert war“, murmelte ich.
    „Es ist noch schlimmer“, sagte Bob. „Ich vereinfache es für dich. Hier ist das Problem.“
    Ich zwang mich, zurück zur Projektion zu blicken, und beobachtete diese Millionen und Abermillionen Zauber, die miteinander im Einklang waren, sich ausbreiten und miteinander verknüpften, bis sie eine undurchdringliche Barriere bildeten. Es war, dachte ich, ein wenig, wie Kristalle beim Wachsen zu beobachten. Die Magie der eigentlichen Struktur war einzeln gar nicht so viel stärker als einige meiner eigenen Arbeiten gewesen – aber mit der Zeit begannen sie, sich gegenseitig zu nähren, als sie sich mit ihren Pendants verbanden; sie schufen eine perfekte Resonanz der Energie, die etwas grenzenlos Größeres als die Summe ihrer Teile war.
    Dann sah ich Dissonanz aufkommen. Bob hatte entschieden, sie als dunkelrotes Licht zu zeigen, das an den westlichen Rändern der großen Konstruktion schwach zu pulsieren begann. Es begann schwach, aber dann schwoll es wie wachsende Kopfschmerzen pochend zu etwas Größerem und Auffallenderem an. Wo rotes und blaues Licht aufeinander traf, kam es zu hässlichem Aufflackern von Energie – Aufflackern, das ich seit dem Betreten der Insel spürte. In kürzester Zeit hatte sich das rote Pulsieren über die halbe Insel ausgebreitet, und dann wurde die Leinwand plötzlich weiß.
    Der Text am unteren Rand lautete „1. NOVEMBER“.
    „Morgen“, sagte ich. „Super. Aber ich sehe immer noch nicht, was genau falsch läuft.“
    „Energie schlägt ein“, sagte Bob. „Ein direkter Energiestoß, und zwar ein starker. Er wird Merlins Eindämmungszauber bannen und das Sicherungssystem auslösen.“
    „FEUER“, donnerte Dämonenwind.
    „Das konnte ich mir denken, danke“, sagte ich. „Aber bislang ist mit den Zaubern selbst nichts geschehen?“
    „Nein“, sagte Bob. „Diese Spannung, die sich aufbaut? Sie ist ... nun, stell es dir wie Auslöser und Wirkung vor, nur umgekehrt.“
    „Hm?“
    „Was die Insel jetzt spürt, ist das Echo des Moments, wenn diese Energiehäufung sie trifft“, sagte Bob. „Nur kommt die Wirkung, das Echo, vor der Ursache.“
    Ich hielt inne und dachte nach. „Du sagst mir, der Grund für das baldige Hochgehen der Insel ist ... dass sie bald hochgeht?“
    Bob seufzte. „Jemand wird diese Insel mit Energie bombardieren. Aber er hat rausgefunden, wie genau Merlin diesen Ort aufgebaut hat. Er greift nicht in drei Dimensionen an, sondern in vier. Er schickt Energie durch die Zeit und durch den Raum.“
    „Also ... muss ich ihn davon abhalten, die Insel morgen anzugreifen?“
    „Nein“, sagte Bob verzagt. „Du musst ihn vom Angreifen abhalten, wenn er tatsächlich angreift.“
    „ Ä h ...“
    „Schau, der Stein, den die Angreifer werfen, trifft morgen“, sagte Bob. „Aber du musst sie vom Werfen dieses Steins abhalten, wenn sie ihn werfen, wo auch immer sie stehen.“
    „Oh“, sagte ich blinzelnd. „Das kapiere ich.“
    Bob wandte sich Dämonenwind zu und sah ihn an. „Siehst du, womit ich hier arbeiten muss? Ich musste das alles auf das Werfen eines Steines runterbrechen, um zu ihm durchzudringen.“
    „SEINE Auffassungsgabe IST EINGESCHRÄNKT“, stimmte Dämonenwind zu.
    „Jetzt hab ich wirklich genug von euch beiden“, sagte ich. „Wenn ihr so klug seid, wieso verhindert ihr das dann nicht, bevor es geschieht?“
    „DIE ERKLÄRUNG WÜRDE DIR SCHADEN, WÄCHTER.“
    Bob gab ein gereiztes Geräusch von sich. „Weil dieser Geist die Insel ist. Die Zauber, der Brunnen, die physische Insel, alles. Dämonenwind existiert abseits dieser Insel nicht. Er hat keine Fähigkeit, etwas außerhalb seiner selbst zu erreichen. Der Angriff kommt von außerhalb des Gefängnisses. Deshalb braucht es ja überhaupt einen Wächter.“
    Ich blickte finster drein. „Letztes Jahr sprach er auf dem Friedhof zu mir.“
    „Er hat Mab erpresst, ihm zu helfen“, sagte Bob.
    „ICH ERPRESSTE NICHT. ICH FEILSCHTE.“
    „Schon gut, schon gut“, sagte ich. „Ich werde es auf meine Liste setzen. Finde, wer auch immer sie sind, wo auch immer sie sind und halte sie von etwas ab, das sie noch nicht getan haben.“
    „Außer, sie haben es bereits getan“, sagte Bob. „Dann ist es, nun … zu spät.“
    „Richtig“, sagte ich müde.
    Ich hatte mein privates Fegefeuer voller schlafender Monster.
    Ich hatte einen Parasiten im