Harry Potter und der Feuerkelch
auf den Tisch gelegt und geschlafen hätten; selbst Hermine machte sich ausnahmsweise keine Notizen, sondern saß da, den Kopf auf die Hände gestützt, und sah Professor Binns mit trüben Augen an.
Als es endlich läutete, hasteten sie hinaus in den Gang und hinüber zum Klassenraum, in dem sie Verteidigung gegen die dunklen Künste hatten; Moody kam gerade aus der Tür. Er sah so müde aus, wie sie sich fühlten. Das Lid seines normalen Auges hing schlaff herab und verlieh seinem Gesicht einen noch schieferen Ausdruck als sonst.
»Professor Moody?«, rief Harry und sie drängelten sich durch die Scharen auf dem Korridor zu ihm hinüber.
»Hallo, Potter«, knurrte Moody. Sein magisches Auge folgte ein paar vorbeigehenden Erstklässlern, die verängstigt ihre Schritte beschleunigten; es kippte zurück ins Innere seines Kopfes und beobachtete, wie sie um die Ecke verschwanden, bevor er wieder ein Wort sagte. »Kommt hier rein.«
Er trat zur Seite, ließ sie in sein leeres Klassenzimmer treten, hinkte ihnen nach und schloss die Tür.
»Haben Sie ihn gefunden?«, fragte Harry ohne Umschweife. »Mr Crouch?«
»Nein«, sagte Moody. Er humpelte hinüber zu seinem Tisch, setzte sich, streckte leise grunzend das Holzbein aus und zog seinen Flachmann hervor.
»Haben Sie die Karte benutzt?«, sagte Harry.
»Natürlich«, entgegnete Moody und genehmigte sich einen Schluck aus der Flasche. »Hab mir ein Beispiel an dir genommen, Potter. Hab sie aus meinem Büro in den Wald gerufen. Auf der Karte war er jedenfalls nicht.«
»Also ist er tatsächlich disappariert?«, fragte Ron.
»Du kannst auf dem Gelände nicht disapparieren, Ron!«, entgegnete Hermine. »Es gibt andere Wege, auf denen er hätte verschwinden können, nicht wahr, Professor Moody?«
Moodys magisches Auge blieb leicht zitternd auf Hermine ruhen.
»Du bist auch so eine, die mal über eine Laufbahn als Auror nachdenken sollte«, erklärte er. »Tickst genau richtig dafür, Granger.«
Hermine lief vor Stolz rosarot an.
»Jedenfalls war er nicht unsichtbar«, sagte Harry. »Die Karte zeigt auch Unsichtbare. Also muss er das Gelände verlassen haben.«
»Aber aus eigener Kraft?«, sagte Hermine eifrig. »Oder weil ihn jemand gezwungen hat?«
»Ja, jemand hätte – hätte ihn auf einen Besen zerren und mit ihm fortfliegen können, oder?«, sagte Ron hastig und sah Moody hoffnungsvoll an, ganz als ob auch er hören wollte, dass er das Zeug zum Auroren habe.
»Auch eine Entführung können wir nicht ausschließen«, brummte Moody.
»Und?«, fragte Ron, »vermuten Sie, dass er irgendwo in Hogsmeade ist?«
»Könnte überall sein«, sagte Moody kopfschüttelnd. »Sicher wissen wir nur, dass er nicht hier ist.«
Er gähnte so ausgiebig, dass sich seine Narben spannten und sein schräger Mund einige Zahnlücken offenbarte.
Dann sagte er: »Nun, Dumbledore meint zwar, ihr drei spielt gern Detektive, aber für Crouch könnt ihr nichts tun. Das Ministerium wird inzwischen nach ihm suchen, Dumbledore hat sie unterrichtet. Potter, du musst jetzt über die dritte Aufgabe nachdenken.«
»Wie bitte?«, sagte Harry. »Ach ja …«
Er hatte keinen einzigen Gedanken an den Irrgarten verschwendet, seit er ihn letzte Nacht mit Krum verlassen hatte.
»Sollte dir diesmal wirklich liegen«, sagte Moody, sah zu Harry auf und kratzte sein vernarbtes und stoppliges Kinn. »Dumbledore meint jedenfalls, dass du schon einschlägig bewandert bist. Hast im ersten Schuljahr ein paar Hindernisse auf dem Weg zum Stein der Weisen abgeräumt, nicht wahr?«
»Wir haben ihm dabei geholfen«, warf Ron hastig ein. »Ich und Hermine haben ihm geholfen.«
Moody grinste. »Schön, wenn ihr ihm auch helft, sich auf diese Runde vorzubereiten, dann würd’s mich sehr überraschen, wenn er nicht gewinnt«, sagte er. »Und bis dahin … immer wachsam, Potter. Immer wachsam.« Er nahm noch einen kräftigen Zug aus seinem Flachmann und ließ sein magisches Auge zum Fenster hinüberschwenken. Von seinem Platz aus war die oberste Spiere des Durmstrang-Schiffes zu sehen.
»Ihr beide« – sein normales Auge musterte Ron und Hermine – »ihr passt auf Potter auf, klar? Ich behalt zwar im Auge, was hier so vorgeht, aber trotzdem … man kann nie genug Augen offen haben.«
Sirius schickte ihre Eule schon am nächsten Morgen zurück. Sie flatterte vor Harry auf den Tisch, genau in dem Moment, als ein Waldkauz mit einem Tagespropheten im Schnabel vor Hermine landete. Sie nahm ihm die Zeitung ab,
Weitere Kostenlose Bücher