Harry Potter und der Halbblutprinz
jedem einzeln, da Hermine sich immer noch weigerte, länger in Rons Gegenwart zu bleiben, als man dafür brauchte, ihm einen verächtlichen Blick zuzuwerfen.
Ron meinte, Harry werde wahrscheinlich nicht die geringsten Probleme mit Slughorn haben.
»Er liebt dich«, sagte er beim Frühstück und wedelte lässig mit einer Gabel voll Spiegelei herum. »Der wird dir doch nichts abschlagen, oder? Nicht seinem kleinen Zaubertrankprinzen. Bleib einfach nach dem Unterricht heute Nachmittag noch da und frag ihn.«
Hermine jedoch sah eher schwarz.
»Wenn Dumbledore es nicht aus ihm rausgekriegt hat, dann muss er fest entschlossen sein, das zu verbergen, was wirklich passiert ist«, sagte sie mit leiser Stimme, als sie in der Pause auf dem menschenleeren, schneebedeckten Hof standen. »Horkruxe … Horkruxe … Ich hab noch nicht mal von denen gehört …«
»Ehrlich nicht?«
Harry war enttäuscht; er hatte gehofft, dass Hermine ihm vielleicht einen Hinweis darauf geben könnte, was Horkruxe waren.
»Das muss richtig fortgeschrittene schwarze Magie sein, warum hätte Voldemort sonst etwas darüber erfahren wollen? Ich schätze, es wird schwierig sein, die Information zu bekommen, Harry, du musst dir sehr gut überlegen, wie du Slughorn darauf ansprichst, denk dir eine Strategie aus …«
»Ron meint, dass ich einfach heute Nachmittag nach der Zaubertrankstunde noch dableiben …«
»Oh, schön, wenn Won-Won das meint, dann machst du es am besten«, sagte sie, sofort aufbrausend. »Wann hat Won-Won schließlich mit seinem Urteil jemals falschgelegen?«
»Hermine, kannst du nicht –«
»Nein!«, erwiderte sie zornig, stürmte davon und ließ Harry allein im knöcheltiefen Schnee zurück.
Der Zaubertrankunterricht war in diesen Tagen recht unangenehm, da Harry, Ron und Hermine sich einen Tisch teilen mussten. Heute schob Hermine ihren Kessel auf die andere Tischseite, so dass sie neben Ernie saß, und nahm weder Notiz von Harry noch von Ron.
»Was hast du ihr denn getan?«, murmelte Ron Harry zu und blickte auf Hermines überheblich wirkendes Profil.
Doch ehe Harry antworten konnte, befahl Slughorn von vorne Ruhe.
»Setzen, setzen, bitte! Nun aber Beeilung, wir haben heute Nachmittag eine Menge Arbeit zu bewältigen! Golpalotts Drittes Gesetz … wer kann es mir sagen –? Unsere Miss Granger kann es, natürlich!«
Hermine rasselte in Höchstgeschwindigkeit herunter: »Golpalotts - Drittes - Gesetz - besagt - dass - das - Gegengift - für - eine - Giftmischung - mehr - als - die - Summe - der - Gegengifte - für - jeden - einzelnen - Bestandteil - ist.«
»Ganz genau!«, strahlte Slughorn. »Zehn Punkte für Gryffindor! Nun, wenn wir davon ausgehen, dass Golpalotts Drittes Gesetz wahr ist …«
Harry würde sich wohl auf Slughorns Wort verlassen müssen, dass Golpalotts Drittes Gesetz zutraf, denn er hatte rein gar nichts davon verstanden. Auch sonst schien niemand außer Hermine dem zu folgen, was Slughorn als Nächstes sagte.
»… und das bedeutet natürlich, dass, einmal angenommen, uns ist anhand von Scarpins Revelatiozauber die korrekte Bestimmung der Trankzutaten gelungen, unser Hauptziel nicht das verhältnismäßig einfache sein kann, Gegenmittel für jede dieser Zutaten an und für sich auszuwählen, sondern jenen zusätzlichen Bestandteil zu finden, der vermittels eines beinahe alchemistischen Prozesses diese unterschiedlichen Elemente verwandelt –«
Ron saß mit halb offenem Mund neben Harry und kritzelte geistesabwesend auf seinem neuen Exemplar von Zaubertränke für Fortgeschrittene herum. Er vergaß immer wieder, dass er sich nicht mehr darauf verlassen konnte, dass Hermine ihm aus der Patsche half, wenn er im Unterricht geschlafen hatte.
»… und daher«, schloss Slughorn, »bitte ich Sie alle, einzeln nach vorne zu kommen und sich eines dieser Fläschchen von meinem Pult zu holen. Sie sollen vor Ende der Unterrichtsstunde ein Gegenmittel für das darin enthaltene Gift entwickeln. Viel Glück, und vergessen Sie Ihre Schutzhandschuhe nicht!«
Hermine hatte ihren Platz verlassen und war schon auf halbem Weg zu Slughorns Pult, ehe der Rest der Klasse begriffen hatte, dass es an der Zeit war, sich in Bewegung zu setzen, und als Harry, Ron und Ernie wieder zum Tisch zurückkehrten, hatte sie den Inhalt ihres Fläschchens bereits in ihren Kessel gekippt und war dabei, ein Feuer darunter zu entfachen.
»Schade aber auch, dass der Prinz dir dabei nicht viel wird helfen können, Harry«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher