Harry Potter und der Orden des Phönix
eigentlich Wahrsagelehrer? Bleibt Firenze hier?«
»Muss er wohl«, erwiderte Harry, »die anderen Zentauren wollen ihn ja nicht wiederhaben, oder?«
»Sieht so aus, als ob er und Trelawney gemeinsam unterrichten würden«, sagte Ginny.
»Wette, Dumbledore wünscht sich, er hätte Trelawney für immer den Laufpass geben können«, sagte Ron und mampfte jetzt seinen vierzehnten Frosch. »Ehrlich, das ganze Fach bringt sowieso nichts, wenn ihr mich fragt, Firenze ist auch nicht viel besser …«
»Wie kannst du so was sagen?«, fragte Hermine. »Nachdem wir gerade rausgefunden haben, dass es echte Prophezeiungen gibt?«
Harrys Herz begann zu rasen. Er hatte weder Ron, Hermine noch jemand anderem erzählt, was die Prophezeiung enthalten hatte. Neville hatte ihnen gesagt, dass sie zerbrochen war, als Harry ihn die Stufen im Raum des Todes hinaufgezogen hatte, und Harry hatte dieser Darstellung noch nicht widersprochen. Er war noch nicht bereit, ihre Mienen zu sehen, wenn er ihnen erzählte, dass er entweder Mörder oder Opfer sein musste, dass es keinen anderen Weg gab …
»Schade, dass sie zerbrochen ist«, sagte Hermine leise und schüttelte den Kopf.
»Ja, allerdings«, sagte Ron. »Aber wenigstens hat Du-weißt-schon-wer nicht rausgefunden, was sie gesagt hat – wo gehst du hin?«, fügte er hinzu und blickte überrascht und enttäuscht zugleich, als Harry aufstand.
»Äh – zu Hagrid«, sagte Harry. »Er ist eben zurückgekommen, wisst ihr, und ich hab versprochen, ich würde runtergehen und ihn besuchen und ihm sagen, wie es euch beiden geht.«
»Oh, na gut«, sagte Ron mürrisch und blickte aus dem Fenster des Krankensaals auf den Fleck hellblauen Himmels draußen. »Wär schön, wenn wir mitkommen könnten.«
»Grüß ihn von uns!«, rief Hermine, als Harry die Krankenstation entlangging. »Und frag ihn, was mit … mit seinem kleinen Freund los ist!«
Harry winkte mit der Hand zum Zeichen, dass er sie gehört und verstanden hatte, als er das Zimmer verließ.
Selbst für einen Sonntag schien es im Schloss sehr ruhig zu sein. Offenbar waren alle draußen auf dem sonnigen Gelände, genossen das Ende ihrer Prüfungen und die Aussicht auf ein paar letzte Tage des Schuljahrs ohne lästige Stoffwiederholungen und Hausaufgaben. Harry ging langsam durch den ausgestorbenen Korridor und spähte unterwegs aus den Fenstern; über dem Quidditch-Feld konnte er Leute stümperhaft herumfliegen sehen, und im See schwammen ein paar Schüler, begleitet von dem Riesenkraken.
Es fiel ihm schwer, sich zu entscheiden, ob er mit jemandem zusammen sein wollte oder nicht; immer wenn er in Gesellschaft war, wollte er wieder verschwinden, und immer wenn er allein war, wollte er Gesellschaft. Er überlegte, dass er tatsächlich Hagrid besuchen gehen könnte, da er seit dessen Rückkehr nicht richtig mit ihm gesprochen hatte …
Harry war gerade die letzte Marmorstufe in die Eingangshalle hinuntergegangen, als Malfoy, Crabbe und Goyle aus einer Tür zur Rechten auftauchten, die, wie Harry wusste, zum Gemeinschaftsraum der Slytherins hinabführte. Harry blieb wie angewurzelt stehen; Malfoy und die anderen ebenfalls. Zu hören waren nur Rufe, Gelächter und Spritzgeräusche, die von den Schlossgründen her durch das offene Portal in die Halle schwebten.
Malfoy warf einen Blick umher – Harry wusste, dass er sich vergewisserte, ob irgendetwas auf einen Lehrer in der Nähe hindeutete –, dann wandte er sich wieder Harry zu und sagte mit leiser Stimme: »Du bist tot, Potter.«
Harry zog die Brauen hoch.
»Komisch«, sagte er. »Da dürfte ich doch eigentlich gar nicht mehr hier rumlaufen …«
Malfoy wirkte zorniger, als Harry ihn je gesehen hatte; er spürte eine Art leidenschaftslose Genugtuung beim Anblick des wutverzerrten bleichen, spitzen Gesichts.
»Du wirst dafür bezahlen«, sagte Malfoy, seine Stimme kaum lauter als ein Flüstern. » Ich werde dich zahlen lassen für das, was du meinem Vater angetan hast …«
»Also, jetzt hab ich aber furchtbare Angst«, sagte Harry sarkastisch. »Ich vermut mal, Lord Voldemort war nur ’ne Aufwärmübung im Vergleich zu euch – was ist denn los?«, fügte er hinzu, denn Malfoy, Crabbe und Goyle sahen aus wie vor den Kopf geschlagen beim Klang dieses Namens. »Er ist doch ein Kumpel von deinem Dad, stimmt’s? Hast doch keine Angst vor ihm, oder?«
»Du glaubst, du wärst so ein toller Typ, Potter«, sagte Malfoy und kam nun näher, flankiert von Crabbe und Goyle. »Wart
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