Harry Potter und die Heiligtümer des Todes
dann folgte ein langes, dumpfes Klopfen; wie es sich anhörte, hatte Dirk eine Gräte verschluckt. Endlich prustete er: »Mit dem Klitterer? Diesem verrückten Witzblatt von Xeno Lovegood?«
»In letzter Zeit ist es gar nicht mehr so verrückt«, sagte Ted. »Schau doch mal rein. Xeno bringt alles, was der Prophet außer Acht lässt, in der letzten Ausgabe kamen kein einziges Mal die Schrumpfhörnigen Schnarchkackler vor. Wie lange sie ihn das noch machen lassen, weiß ich allerdings nicht. Aber Xeno schreibt auf der ersten Seite jeder Ausgabe, dass alle Zauberer, die gegen Du-weißt-schon-wen sind, als Allererstes Harry Potter helfen müssen.«
»Schwer, einem Jungen zu helfen, der wie vom Erdboden verschluckt ist«, sagte Dirk.
»Hör mal, die Tatsache, dass sie ihn noch nicht gefasst haben, ist schon ein gewaltiger Erfolg«, sagte Ted. »Ich würd mir gern ein paar Ratschläge von ihm holen. Wir versuchen ja auch nichts anderes, als in Freiheit zu bleiben, oder?«
»Jaah, nun, da ist was dran«, sagte Dirk schleppend. »Wo doch das ganze Ministerium und all seine Informanten nach ihm suchen, hätt ich angenommen, dass sie ihn inzwischen gefasst haben. Aber hör mal, wer weiß denn, ob sie ihn nicht schon gefasst und getötet haben, ohne etwas davon verlauten zu lassen?«
»Ah, sag nicht so was, Dirk«, murmelte Ted.
Eine längere Pause trat ein, in der wieder das Klirren von Messern und Gabeln zu hören war. Als sie erneut zu sprechen begannen, ging es darum, ob sie am Ufer schlafen oder sich auf den bewaldeten Abhang zurückziehen sollten. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Bäume ihnen bessere Deckung bieten würden, löschten ihr Feuer und kletterten dann wieder den Hang hinauf, und ihre Stimmen wurden leiser.
Harry, Ron und Hermine zogen die Langziehohren herein und wickelten sie auf. Harry, dem es, je länger sie gelauscht hatten, immer schwerer gefallen war, schweigen zu müssen, brachte jetzt nichts weiter heraus als: »Ginny – das Schwert –«
»Ich weiß!«, sagte Hermine.
Mit einem Satz war sie bei ihrer kleinen Perlentasche und tauchte diesmal den Arm bis zur Achselhöhle hinein.
»Da … ist es … ja …«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen und zog an etwas, das offenbar in den Tiefen der Tasche steckte. Allmählich kam die Ecke eines reich verzierten Gemälderahmens in Sicht. Harry beeilte sich, ihr zu helfen. Während sie das leere Porträt von Phineas Nigellus ganz aus Hermines Tasche heraushoben, hielt sie ihren Zauberstab darauf gerichtet, bereit, es jederzeit mit einem Zauber zu belegen.
»Wenn jemand das echte Schwert mit einem falschen vertauscht hat, während es in Dumbledores Büro war«, keuchte sie, als sie das Gemälde seitlich an die Zeltwand lehnten, »dann muss Phineas Nigellus das gesehen haben, er hängt gleich neben der Vitrine!«
»Es sei denn, er hat geschlafen«, sagte Harry, hielt aber dennoch den Atem an, als Hermine vor der leeren Leinwand niederkniete, den Zauberstab genau auf die Mitte richtete, sich räusperte und dann sagte: »Ähm – Phineas? Phineas Nigellus?«
Nichts geschah.
»Phineas Nigellus?«, sagte Hermine noch einmal. »Professor Black? Könnten wir bitte mit Ihnen sprechen? Bitte?«
»›Bitte‹ hilft immer«, sagte eine kalte, schneidende Stimme und Phineas Nigellus glitt in sein Porträt. Sofort rief Hermine: »Obscuro!«
Eine schwarze Binde erschien über Phineas Nigellus’ klugen dunklen Augen, weshalb er gegen den Rahmen stieß und vor Schmerz aufschrie.
»Was – wie können Sie es wagen – was machen Sie –?«
»Es tut mir sehr leid, Professor Black«, sagte Hermine, »aber das ist eine notwendige Vorsichtsmaßnahme!«
»Entfernen Sie sofort diese abscheuliche Beigabe! Hinweg damit, sage ich! Sie ruinieren ein großes Kunstwerk! Wo bin ich? Was geht hier vor?«
»Wo wir sind, kann Ihnen egal sein«, sagte Harry, und Phineas Nigellus erstarrte und gab seine Versuche auf, sich die gemalte Augenbinde herunterzuziehen.
»Kann das womöglich die Stimme des schwer fassbaren Mr Potter sein?«
»Vielleicht«, sagte Harry, da er wusste, dies würde das Interesse von Phineas Nigellus wachhalten. »Wir haben ein paar Fragen an Sie – über das Schwert von Gryffindor.«
»Ah«, sagte Phineas Nigellus und drehte nun den Kopf in alle Richtungen, um möglichst doch einen Blick auf Harry zu erhaschen, »ja. Dieses törichte Mädchen hat da sehr unklug gehandelt –«
»Reden Sie nicht so über meine Schwester«, sagte Ron schroff.
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