Harry Potter und die Kammer des Schreckens
wütend auf den Tisch schlug.
»Blödes … nutzloses … Teil …«
»Schreib deinen Eltern, sie sollen dir einen neuen schicken«, schlug Harry vor, als leuchtende Kugeln in hohem Bogen aus dem Zauberstab hervorschossen und wie bei einem Feuerwerk zerknallten.
»Ja, natürlich, und zurück kommt dann noch ein Heuler«, sagte Ron und stopfte den inzwischen fauchenden Zauberstab in seine Schulmappe. »Es ist dein Fehler, wenn der Zauberstab angeknackst ist –«
Sie gingen hinunter zum Mittagessen, wo Rons Stimmung durch Hermine nicht gerade gehoben wurde. Sie zeigte ihnen eine Hand voll Mantelknöpfe, die sie in Verwandlung zustande gebracht hatte.
»Was haben wir heute Nachmittag?«, sagte Harry, um rasch das Thema zu wechseln.
»Verteidigung gegen die dunklen Künste«, sagte Hermine sofort.
»Sag mal«, meinte Ron und schnappte sich ihren Stundenplan, »warum hast du eigentlich alle Stunden bei Lockhart mit Herzchen umkringelt?«
Hermine riss ihm den Stundenplan aus der Hand und wurde knallrot.
Nach dem Essen gingen sie hinaus in den Hof. Der Himmel war bedeckt. Hermine setzte sich auf eine steinerne Stufe und vergrub sich wieder in Abstecher mit Vampiren . Harry und Ron unterhielten sich ein wenig über Quidditch, doch nach einigen Minuten beschlich Harry das Gefühl, dass jemand ihn beobachtete. Er blickte auf und sah den sehr kleinen Jungen mit mausgrauen Haaren, den er schon gestern Abend gesehen hatte, als er den Sprechenden Hut aufsetzte. Er starrte Harry an, als stünde er unter einem Bann. In den Händen hielt er etwas, das aussah wie eine gewöhnliche Muggelkamera, und in dem Moment, als Harry ihn anschaute, lief er hellrot an.
»Hallo, Harry. Ich bin … ich bin Colin Creevey«, sagte er atemlos und machte einen schüchternen Schritt auf ihn zu. »Ich bin auch in Gryffindor. Meinst du – wäre es für dich in Ordnung, wenn – kann ich ein Bild von dir machen?«, fragte er und hob hoffnungsvoll die Kamera.
»Ein Bild?«, wiederholte Harry tonlos.
»Damit ich beweisen kann, dass ich dich getroffen hab«, sagte Colin Creevey begierig und kam langsam näher. »Ich weiß alles über dich. Jeder erzählt es. Wie du überlebt hast, als Du-weißt-schon-wer dich umbringen wollte, und wie er verschwunden ist und alles und dass du immer noch eine Blitznarbe auf der Stirn hast« (er besah sich prüfend Harrys Haaransatz), »und ein Junge in meinem Schlafsaal hat gesagt, wenn ich den Film im richtigen Gebräu entwickle, dann bewegen sich die Bilder.« Colin holte vor Begeisterung tief Luft und sagte: »Es ist einfach klasse hier, oder? Ich wusste nie, dass all das merkwürdige Zeug, das ich konnte, Magie war, bis der Brief von Hogwarts kam. Mein Vater ist Milchmann, er konnte es auch nicht fassen. Also mach ich eine Menge Fotos und schick sie ihm. Und es wär echt gut, wenn ich eins von dir hätte« – er sah Harry flehentlich bittend an – »vielleicht könnte dein Freund es schießen und ich stelle mich neben dich? Und könntest du dann deinen Namen draufschreiben?«
»Autogrammkarten? Du verteilst Autogrammkarten , Potter?«
Laut und schneidend hallte Draco Malfoys Stimme im ganzen Hof wider. Er hatte sich direkt hinter Colin gestellt, flankiert, wie immer in Hogwarts, von seinen grobschlächtigen und brutalen Spießgesellen Crabbe und Goyle.
»Alle anstellen!«, dröhnte Malfoy in die Menge hinein. »Harry Potter verteilt Autogrammkarten!«
»Nein, tu ich nicht«, sagte Harry wütend und ballte die Fäuste. »Halt den Mund, Malfoy.«
»Du bist doch nur neidisch«, piepste Colin, dessen ganzer Körper etwa so dick war wie Crabbes Hals.
»Neidisch?«, sagte Malfoy, der jetzt nicht mehr zu schreien brauchte; der halbe Schulhof hörte zu. »Worauf denn? Ich will doch keine ekelhafte Narbe quer über mein Gesicht haben, nein danke. Wenn du den halben Kopf aufgeschlitzt kriegst, macht dich das noch lange nicht zu was Besonderem, wenn du mich fragst.«
Crabbe und Goyle kicherten dümmlich.
»Friss Schnecken, Malfoy«, sagte Ron zornig. Crabbe hörte auf zu lachen und begann drohend seine kastaniengroßen Faustknöchel zu reiben.
»Sieh dich vor, Weasley«, höhnte Malfoy. »Du willst doch nicht etwa Ärger machen, denn dann muss deine Mami kommen und dich von der Schule holen.« Mit durchdringend schriller Stimme rief er: »Wenn du dir noch einmal den kleinsten Fehltritt erlaubst –«
Ein Haufen Fünftklässler von Slytherin lachte laut auf.
»Weasley hätte gern eine Autogrammkarte,
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