Harry Potter und die Kammer des Schreckens
etlichen Lehrern im Schlepptau. Im Nu rauschte er an Harry, Ron und Hermine vorbei und holte Mrs Norris vom Fackelhalter.
»Kommen Sie mit, Argus«, sagte er zu Filch, »und Sie auch, Mr Potter, Mr Weasley, Miss Granger.«
Beflissen trat Lockhart vor.
»Mein Büro ist am nächsten, Direktor – nur die Treppe hoch – bitte seien Sie so frei –«
»Ich danke Ihnen, Gilderoy«, sagte Dumbledore.
Die stumme Menge teilte sich, um sie durchzulassen. Lockhart, aufgeregt und mit gewichtiger Miene, eilte hinter Dumbledore her; und auch die Professoren McGonagall und Snape folgten.
Als sie Lockharts dunkles Büro betraten, gab es ein Gehusche entlang der Wände. Harry sah einige Lockharts mit Lockenwicklern in den Haaren aus den Bildern verschwinden. Der echte Lockhart zündete die Kerzen auf dem Schreibtisch an und trat zurück. Dumbledore legte Mrs Norris auf die polierte Tischplatte und begann sie zu untersuchen. Harry, Ron und Hermine tauschten gespannte Blicke und setzten sich auf Stühle außerhalb des Kerzenscheins.
Die Spitze von Dumbledores langer Hakennase war kaum drei Zentimeter von Mrs Norris’ Fell entfernt. Durch seine Halbmondbrille untersuchte er sie genau, wobei er sie mit seinen langen Fingern streichelte und anstupste. Professor McGonagall, die Augen zu Schlitzen verengt, hatte sich fast ebenso nahe zu der Katze herabgebeugt. Hinter ihnen im Halbschatten stand Snape, wachsam und mit einem höchst merkwürdigen Gesichtsausdruck: als ob er angestrengt versuchte, nicht zu lächeln. Und Lockhart tänzelte um sie alle herum und gab seine Einschätzungen zum Besten.
»Eindeutig ein Fluch, der sie umgebracht hat – vermutlich die Transmutations-Tortur – ich hab’s viele Male mit angesehen, leider war ich hier nicht dabei. Ich kenne nämlich den Gegenfluch, der sie gerettet hätte …«
Während Lockharts Auslassungen waren immer wieder Filchs trockene, markerschütternde Schluchzer zu hören. Er war auf einem Stuhl neben dem Schreibtisch zusammengesunken, das Gesicht in den Händen vergraben und nicht fähig, einen Blick auf Mrs Norris zu werfen. Sosehr er Filch verabscheute, Harry konnte nicht anders, er empfand ein wenig Mitleid für ihn, wenn auch nicht so viel wie für sich selbst. Wenn Dumbledore Filch glaubte, würde er ihn ohne Frage von der Schule weisen.
Dumbledore murmelte jetzt seltsame Worte vor sich hin und tippte Mrs Norris mit seinem Zauberstab an, doch nichts passierte: Sie sah weiterhin aus, als wäre sie gerade ausgestopft worden.
»… ich kann mich an einen ganz ähnlichen Vorfall in Ouagadogou erinnern«, sagte Lockhart, »eine Serie von Attacken, nachzulesen in meiner Autobiographie; ich konnte die Dorfbevölkerung mit verschiedenen Amuletten ausstatten, und die Sache war sofort erledigt …«
Die Lockharts an den Wänden nickten allesamt zustimmend. Einer davon hatte vergessen, sein Haarnetz abzunehmen.
Endlich richtete sich Dumbledore auf.
»Sie ist nicht tot, Argus«, sagte er sanft.
Lockhart, der gerade die Zahl der Morde zählte, die er verhindert hatte, verstummte jäh.
»Nicht tot«, würgte Filch hervor und sah Mrs Norris durch einen Fingerspalt an. »Aber warum ist sie ganz … ganz steif und erstarrt?«
»Sie wurde versteinert«, sagte Dumbledore. (»Ah! Hab ich’s mir doch gedacht!«, rief Lockhart.) »Doch wie, kann ich nicht sagen …«
»Fragen Sie ihn!«, kreischte Filch und wandte sein fleckiges und tränenverschmiertes Gesicht Harry zu.
»Kein Zweitklässler hätte das geschafft«, sagte Dumbledore bestimmt. »Dafür wäre schwarze Magie der fortgeschrittensten –«
»Er hat’s getan, er hat’s getan!«, keifte Filch und sein teigiges Gesicht lief purpurrot an. »Sie haben gesehen, was er an die Wand geschrieben hat! Er hat – in meinem Büro – er weiß, dass ich ein – ich ein –«, in Filchs Gesicht trat etwas fürchterlich Gequältes, »er weiß, dass ich ein Squib bin!«, stieß er hervor.
»Ich habe Mrs Norris nicht einmal angefasst!«, sagte Harry laut und im Bewusstsein, dass ihn alle ansahen, auch alle Lockharts an den Wänden. »Und ich weiß nicht mal, was ein Squib ist.«
»Unsinn«, schnarrte Filch, »er hat meinen Kwikzaubern-Brief gesehen!«
»Wenn ich etwas dazu sagen darf, Direktor«, sagte Snape aus dem Schatten heraus und Harrys ungute Vorahnung verstärkte sich; gewiss würde Snape nichts zu sagen haben, was ihm helfen könnte.
»Potter und seine Freunde waren vielleicht nur zur falschen Zeit am falschen Ort«, sagte
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