Hart
Schlafzimmer kuschelte ich mich an ihn. Er streichelte mein Haar. Wir schliefen beide ein, und mein letzter Gedanke – überhaupt mein einziger Gedanke – war, dass ich eine sehr glückliche Frau war.
11.
Es folgten zwei Wochen absoluter Glückseligkeit. Tom arbeitete an den Wochenenden und war von freitags bis montags weg, und diese Zeit verbrachte ich vor meinem Computer und schrieb wie im Rausch. Ich war plötzlich inspiriert. Die Worte flogen geradezu auf die Seiten, und manchmal wachte ich morgens auf und konnte mich an eine bestimmte Formulierung oder einen bestimmten Absatz gar nicht mehr erinnern, so leicht war mir das Schreiben gefallen. Zu einem großen Teil verdankte ich das Toms Hingabe, denn meine Arbeit verbesserte sich im Einklang mit meinem wachsenden Vertrauen in meine Sinnlichkeit.
An den Wochentagen waren wir wie ein Paar, das schon jahrelang zusammen ist. Wir unternahmen etwas zusammen, machten kleine Ausflüge, schauten gemeinsam fern und gingen gelegentlich zum Essen aus, wenn wir auch öfter etwas zu Hause in der Küche zubereiteten und dabei die Abendnachrichten hörten. Meine Kleider hatten den Weg in Toms Schrank gefunden, und bei mir zu Hause hielt ich mich kaum noch auf. Wir fühlten uns beide in der Wildnis wohler.
Und der Sex – der war besser als je zuvor.
Doch dann kam der Anruf.
Ich war an einem sonnigen Dienstagnachmittag bei mir zu Hause und verstaute ein paar Dinge, die ich brauchte, in Kisten. Tom und ich schafften allmählich alle meineSachen in sein Haus hinüber, auch wenn wir das nicht ausdrücklich so besprochen hatten. Wir hielten es kaum aus, eine Nacht getrennt zu verbringen, und so war ich immer bei ihm, wenn er zu Hause war, lag in seinem Bett, kochte in seiner Küche oder wanderte durch seinen Wald. Sein Haus war das gemütlichere, und ich passte hinein, als wäre ich schon immer da gewesen.
Ich war beinahe fertig, fast schon aus der Tür, als das Telefon läutete.
Michael.
Ich wusste, wer es war, noch ehe ich den Namen des Anrufers sah. Bei Michael hatte ich schon immer einen sechsten Sinn gehabt. Früher einmal hatte ich darüber gescherzt, wie sonderbar es sei, dass ich es im Voraus wisse, wenn er mich anrief. Diesmal hätte ich mich lieber geirrt.
Ich griff zum Hörer, bevor ich es mir anders überlegen konnte.
«Wo warst du?», fragte er herzlich. «Ich hab mir Sorgen um dich gemacht.»
Obwohl ich mich streng ermahnte, hüpfte mir das Herz in der Brust.
Hör damit auf, schalt ich mich. Hör sofort damit auf.
«Ich hatte viel zu tun», sagte ich. Das war keine Lüge. «Und wie geht es dir?»
Seine Stimme zu hören war wie eine Nabelschnur zu einer Welt, die beinahe schon tot und vergangen war. Noch während er redete und mir von seinem Sohn, seinem Wagen und seinem Job erzählte, fragte ich mich, wo er wirklich gewesen war. War er mit jener Frau zusammen gewesen? Hatte er überhaupt eine Beziehung mit irgendeiner Frau? War er auf Partnersuchseiten im Internet unterwegs gewesen wie früher?
Es ging mich nichts an, aber ich fragte es mich trotzdem.
«Du bist so still», sagte er nach einer Weile. Er las meine Gedanken, wie er es zu meiner Verärgerung schon immer gekonnt hatte. «Rede mit mir, Kelley.»
Ich wollte nicht fragen. Es platzte einfach so aus mir heraus. «Bist du zurzeit mit einer Frau zusammen?»
Es folgte eine so vollständige Stille, dass man eine fallende Stecknadel so laut wie einen Gewehrschuss gehört hätte. Michael räusperte sich. «Würde das eine Rolle spielen?», fragte er.
Die alte Frustration stieg in mir auf. Warum konnte er eine Frage nie direkt beantworten? Warum musste er immer ausweichen, eine Frage mit einer Gegenfrage beantworten und Halbwahrheiten erzählen, die keine Lüge waren, aber auch nie ganz zutreffend.
«Es spielt eine Rolle», sagte ich ruhig, ohne den Ärger zu zeigen, den ich empfand.
«Nein, ich bin mit keiner Frau zusammen», sagte er. Seine Stimme nahm einen belehrenden Tonfall an. «Aber wir beide sind kein Paar mehr. Du hast dich von mir getrennt, erinnerst du dich?»
«Meiner Meinung nach war es anders herum.»
«Nein, das stimmt nicht. Du hast mir eine Frage gestellt, ich habe ehrlich geantwortet, und dir hat das, was du gehört hast, nicht gefallen. Du hast mir gesagt, es sei vorbei.»
Zorn loderte in mir hoch, und diesmal konnte ich ihn nicht verbergen. «Ich habe dich gefragt, ob unsere Probleme mit ihr zu tun hätten. Und ob du sie wieder ficken würdest. Du hast mit Ja geantwortet.
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