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Harte Schule

Harte Schule

Titel: Harte Schule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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selten irgendwelche Städte, aber diesem Ensemble hätte nicht mal der Frühling aufgeholfen.
    Ich stellte Brontë im Parkverbot vor meiner Haustür ab. Seit fast zehn Jahren wohnte ich in der Neckarstraße dem Bunker der Staatsanwaltschaft genau gegenüber, aber ein Patentrezept, wie man dort hineinkam, hatte ich immer noch nicht. Die meisten Pförtner kannten mittlerweile mein Gesicht. Ich konnte nicht mehr einfach mit einem Trupp Staatsanwälte unter Abrufung von »Mahlzeit!« durch die Drehtür marschieren.
    »Ach, Frau Nerz«, seufzte der Pförtner. »Ich kann ja mal oben anrufen.« Aber auch er landete zuerst bei Frau Kallweit, die bei meinem Namen augenblicklich ihren Chef verleugnete.
    Ich bestieg Brontë wieder und schleuderte die Weinsteige hinauf. Isolde Ringolf und Chefredakteur Elsäßer waren beide in Mänteln im Aufbruch zur Mittagsrecherche.
    »Da sind Sie ja endlich«, sagte Isolde. »Passen Sie auf: Ich bin noch nicht ganz durch mit den Druckereien, aber ich mache nachher gleich weiter.«
    Elsäßer grinste auf seine väterliche Art.
    »Na denn, guten Appetit«, stotterte ich.
    Isolde setzte sich entschlossen in Bewegung. Elsäßer schmunzelte.
    »Ach übrigens, Frau Ringolf.«
    Beide drehten sich um.
    »Sie wollten mich doch auf eine Recherche begleiten. Aber wenn Sie jetzt was anderes vorhaben …«
    Isolde sah zum Chefredakteur auf, der plötzlich mehr als nur seine Position in Positur warf. Er war zwar über fünfzig, aber eine stattliche Erscheinung, ein Pfeifenraucher, Segler und Tennisspieler mit einem Paar samtig dunkelblauer Augen, die sich nie der Routine des Geschäfts ergeben hatten, sondern unruhig auf die geringsten Schwingungen reagierten. Berufsmäßig auf der Suche nach Neuem, liebte er es, mit Volontärinnen essen zu gehen. Ansonsten betrachtete er unsere journalistischen Emsigkeiten mit dem Lächeln des Großvaters über den Eifer des Enkels, dem Geheimnis des Brummkreisels auf die Spur zu kommen.
    »Worum geht es denn?«, erkundigte sich Isolde.
    »Ach«, sagte ich, »vielleicht ist das doch nichts für Sie. Gehen Sie nur, und gehen Sie mit Gott, mein Kind.«
    Elsäßer runzelte die Stirn. Ich hörte im Rücken Isoldes hastiges »Entschuldigung«, und schon kam sie mir hinterher. »Da bin ich.«
    »Ich fürchte, es liegt doch weit unter Ihrem Niveau.«
    Sie holte Luft. »Was wollen Sie denn eigentlich? Okay, ich hätte die Druckereien erst fertig machen sollen, ehe ich essen gehe, aber Sie sagen mir ja nie, was Sache ist.«
    »Ich erklär’s Ihnen im Auto. Kommen Sie!« Wir ras ten nach Degerloch zurück. Isolde schlug den Kragen hoch.
    »Haben Sie eine Vorstellung«, sagte ich, »warum Schüler so viel Geld brauchen?«
    »Man liest doch immer, dass sie Markenartikel kaufen müssen.«
    »Ihr Mantel ist doch auch von Armani.«
    »Den habe ich doch nicht wegen der Marke gekauft. Außerdem tragen Sie Bogner-Jeans.«
    »Nur wegen der Marke. Trotzdem hält mich niemand für reich.«
    Isolde schmunzelte. »Vielleicht sollten Sie den Frisör wechseln.«
    »Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass vor allem die, die es nicht haben, teuer aussehen wollen? Ihr Volontärsgehalt ist doch auch nicht gerade üppig, und trotzdem laufen Sie herum wie eine Managerin.«
    »Wenn Sie damit Problem hätten, dann ist das Ihre Sache.«
    Brontë schwuppte auf die Weinsteige und ich überleg te, ob ich Isolde sagen sollte, dass ich wegen eines Autounfalls Witwe und Millionärin war. Vielleicht flirtete sie dann mit mir.
    »Na gut«, sagte ich. »Es geht darum, dass ich vermute, dass einige Schüler des PHG Schutzgelder zahlen.«
    »Hat es mit diesem Heiner Berg zu tun?«
    »Möglicherweise.«
    »Und mit dem Mord?«
    »Vielleicht.«
    »Sie möchten es mir wohl nicht sagen.«
    »Wenn Sie mir vertrauen könnten, wäre es mir lieber. Allerdings könnte es auch gefährlich werden, deshalb sollten Sie mir nicht vertrauen.«
    »Ein Abenteuer!« Isolde kuschelte das Kinn in den Kragen. Ich schaute hinüber, und das Wort Abenteuer bekam eine blonde Färbung.
    »Haben Sie sich mal Gedanken gemacht«, fragte ich, als wir in die Neckarstraße einschossen, »wie man in die Staatsanwaltschaft hineinkommt?«
    »Ich nehme an, die haben einen Pförtner.«
    Isolde stolperte vom Bordstein wie in eine Falle. Damit nicht noch was passierte, lotste ich sie über den Fußgängerüberweg auf die andere Seite. Die nahe Friedenskirche schlug ein Uhr. Sie ging drei Minuten vor.
    »Zu wem wollen wir denn?«
    »Zu

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