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Harte Schule

Harte Schule

Titel: Harte Schule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Fickfehler protestierte: Glas gehöre in den Glascontainer. Die Omas und Opas an der Oper benickten die Säuberungsaktion. Die Polizei kesselte uns ein und formierte die Eskorte in Richtung Schlösser, hinaus aus dem Park.
    »Seid ihr alle vom PHG?«, erkundigte ich mich bei der Gruft-Lady, an deren anderer Seite der Knebelbart hing.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nur wir drei, Fickfehler, Zampano und ich. Ich bin Persil …« Der Knebelbart an ihrer Seite tat mit seinen Händen irgendetwas, das sie zum Kichern brachte.
    »… eigentlich heiße ich Persephone, aber das haben die nicht verstanden.«
    Ich erinnerte mich an die Namen aus der 10 a, die Zeller mir genannt hatte: Mark Frech, Karl Schuster und Petra Fuhr, die Hochbegabte. Es waren doch immer dieselben, die dem Schüleralltag in AGs und Aktionen entflohen. Petra, alias Persephone, hatte eine Klasse übersprungen. Sie konnte höchstens vierzehn sein. Der äußerst anschmiegsame Mann an ihrer Seite hieß Gunter, hatte kleine blaue Augen hinter Brillengläsern, studierte Informatik und war sechsundzwanzig.
    »Es gibt da natürlich ein Problem«, erläuterte Persephone. »Verführung Minderjähriger.« In ihrem kurz geschorenen Kopf mit der geflochtenen Strähne in der Stirn war sie bereits mindestens achtzehn. Sie war diesen Kopf größer als ich und schritt kräftig und kantig aus. Ich frag te sie nach Marquardt.
    »Ein IQ wie Toastbrot«, sagte sie, »nett wie Radiergummi und engagiert wie ein gelber Sack.«
    »Aber in seine Esoterik-AG seid ihr drei trotzdem gegangen.«
    Sie zollte den Ansprüchen des mit ihr verschlungenen Begleiters Tribut in Form eines längeren Kusses und sag te dann: »Nur um abzulachen.«
    »Was gab es denn da zu lachen?«
    »Alles Humbug!« Sie ließ sich von den Tintenfischarmen des Programmierers vorübergehend in dessen Mundöffnung schlingen.
    »Was war letzten Dienstag?«, fragte ich unverdrossen weiter.
    »Weiß ich nicht.« Da ihr Tintenfisch ihr etwas Luft gab, erläuterte sie mir, dass die von der 8 b ohnehin alle Intelligenzallergiker waren. Sie trafen sich immer im Be sen. Das fand sie ätzend. Letzten Dienstag war sie zu Gunter nach Hause gefahren. Schließlich – aber das sagte sie nicht – dienten abendliche Schulveranstaltungen nur dazu, die Eltern über den Aufenthaltsort der Kinder für einige Stunden im Unklaren zu lassen. Außerdem würde sie das PHG ohnehin im Sommer verlassen, um auf einem anderen Gymnasium Hebräisch und Griechisch zu lernen. Gunter quittierte die Mitteilung mit einer neuen Umschlingung.
    Dunkelheit hatte sich mittlerweile über den Schlossplatz gesenkt. Wir kamen bei den Wannen an. Die drei mal neun Polizisten des Zuges waren entschlossen, sich die Zeit mit uns totzuschlagen. Isolde protestierte zwar mit dem Zauberwort Presse, als sie auch von ihr und mir die Ausweise kassierten, fand aber kein Gehör. Ein Beamter verschwand mit unseren Ausweisen im Bus, um die Datenstation nach Vorstrafen abzufragen, die anderen hießen uns Jacken und Schuhe ausziehen. Zum Glück gab es Bänke. Persephone hatte die Schnürsenkel durch zwanzig Ösen zu ziehen und erklärte auf unsere dumme Frage, wozu die Schuhe ausziehen: »BtM.«
    Das juristische Kürzel für Betäubungsmittel brachte mich plötzlich darauf, wer sie war, während bei ihr Snoopy-Socken zum Vorschein kamen, über die sich Fickfehler schier nicht mehr einkriegte. Seine Socken waren von verschiedener Farbe. Der Kies piekte unter den Fußsohlen. Isolde krümmte die Zehen in hauchdünnen Nylonsöckchen. Der Polizist, der in ihre Stiefel schnüffelte, erwies Bally keinen Respekt. Eine Polizistin leerte Persephones Rucksack. »Was ist das?«
    »Acetylsalicylsäure … äh, Aspirin.«
    Die Beamtin bezweifelte dies wegen des unbekannten Namens, den der Streifen Schmerzmittel trug, doch lenk te ein weißes Pulver, das ein Polizist im Schminkbeutel der anderen Gruft-Lady gefunden hatte, ab. Fickfehler tanzte in Socken auf Kies durch die Grünen und johlte »Stasi« und »Polizeistaat« und faltete die Hände im Nacken. Nachdem das weiße Pulver als Schminkpuder identifiziert war, führten die beiden Qigong-Kugeln aus Persephones Rucksack erneut zu ernsten Gesichtern. »Wozu brauchen Sie das?«
    Persephone bibberte neben mir auf der Bank, und Gunter durfte nicht ran, solange die Bullen die Pässe mit den Altersangaben hatten. Sich warm anziehen lernte man offenbar erst in höherem Alter.
    »Die Polizei glaubt, dass Marko Marquardt umgebracht hat«, nahm

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