Harter Schnitt
geknickt war. An das Schild über dem Eingang waren einige Küchenschränke geschraubt. Eine Konföderiertenfahne wehte in der Brise. Will las das erste Wort auf dem Schild und riet den Rest: » Südstaaten-Möbel? Ungewöhnlich als Tarnung für Drogengeschäfte.«
Sie schaute ihn aus halb zusammengekniffenen Augen an. » Als würde man einen Hund auf den Hinterbeinen laufen sehen.«
Will stieg aus. Sie trafen sich hinter dem Auto. Mit der Fernbedienung öffnete sie den Kofferraum. Heute Morgen in Valdosta hatten sie ihre Waffen weggeschlossen, bevor sie das Gefängnis betraten. Der schwarze SUV gehörte zur GBI -Standardausrüstung, was bedeutete, dass ein großer Stahlschrank mit sechs Schubladen den gesamten Rückraum einnahm. Amanda tippte die Kombination in das Zahlenschloss und zog die mittlere Schublade auf. Ihre Glock steckte in einem violetten Samtbeutel mit eingesticktem Crown-Royal-Logo am Saum. Sie schob ihn in ihre Handtasche, während Will sich sein Halfter an den Gürtel klemmte.
» Moment noch.« Sie griff in der Schublade ganz nach hinten und zog einen fünfschüssigen Revolver heraus. Dieser spezielle Typ von Smith and Wesson wurde » Old-Timer« genannt, weil vor allem Old-Timer, alte Hasen also, ihn benutzten. Die Waffe war relativ leicht und hatte einen verdeckten Hahn, sodass sie problemlos zu verstecken war. Trotz des » Lady Smith«-Logos über dem Abzug konnte der Rückschlag eine hässliche Quetschung auf der gesamten Handfläche hinterlassen. Evelyns S&W war ein ähnliches Modell, mit einem Kirschholzgriff anstelle von Amandas handgefertigten Walnussschalen. Will fragte sich, ob die beiden Frauen die Waffen bei einem gemeinsamen Einkaufsbummel gekauft hatten.
Amanda sagte: » Stehen Sie gerade. Versuchen Sie, nicht zu reagieren. Wir sind im Bereich der Kamera.«
Will musste sich zusammennehmen, um ihren Befehl auszuführen, als sie unter seine Jacke griff und ihm den Revolver hinten in den Hosenbund steckte. Er starrte einfach das Lagerhaus an. Es war aus Metall, breiter als tief, etwa halb so lang wie ein Football-Feld. Das gesamte Gebäude stand auf einem Betonfundament, das das Erdgeschoss um mindestens einen Meter dreißig erhöhte, die Standardhöhe einer Ladebucht. Bis auf die steile Betontreppe, die zur Vordertür führte, gab es keinen anderen Ein- oder Ausgang. Außer man war bereit, sich auf eine der Ladebuchten hochzustemmen und das große Metalltor mit Gewalt aufzudrücken.
Er fragte: » Wo sind die Jungs, die Sie hier zur Beobachtung hatten?«
» Doraville brauchte Unterstützung. Wir sind auf uns selbst gestellt.«
Er sah die Kamera über dem Haupteingang hin und her schwenken. » Na, wenn das mal keine schlechte Idee ist.«
» Stellen Sie sich gerade hin.« Sie gab ihm einen Klaps auf den Rücken, um zu kontrollieren, ob die Waffe auch fest saß. » Und ziehen Sie, um Himmels willen, nicht den Bauch ein, sonst fällt sie Ihnen direkt auf den Boden.« Sie musste sich auf Zehenspitzen stellen, um die Heckklappe zu schließen. » Ich weiß nicht, warum Sie Ihren Gürtel so locker tragen. Ist doch sinnlos, überhaupt einen zu haben, wenn Sie ihn nicht richtig verwenden.«
Will ging hinter ihr auf den Eingang zu. Sie brachten die fünfzig Meter offene Fläche schnell hinter sich. Die Kamera schwenkte nicht mehr hin und her, sondern verfolgte sie. Es war fast so, als hätten sie Zielscheiben auf der Brust. Er konzentrierte sich auf den Haarwirbel auf Amandas Hinterkopf.
Die Glastür ging auf, als sie die Betonstufen erreichten. Amanda beschirmte die Augen und blickte zu einem verärgert blickenden Asiaten hoch. Er war riesig, und sein Körper bestand offensichtlich zu gleichen Teilen aus Fett und Muskeln. Der Kerl stand wortlos da, hielt die Tür auf und schaute zu, wie sie die Treppe hochkamen. Will folgte Amanda nach drinnen. Seine Augen brauchten eine Weile, bis sie sich an das Licht in dem winzigen, luftlosen Empfangsbereich gewöhnt hatten. Die Plastiktäfelung an den Wänden hatte sich vor Feuchtigkeit verzogen. Der Teppichboden war braun auf eine Art, die einen pingeligeren Mann abgestoßen hätte. Es roch nach Sägemehl und Öl. Im Inneren des Lagerhauses hörte Will Maschinen laufen: Nagelpistolen, Kompressoren, Drechselbänke. Aus dem Radio plärrten Guns N’ Roses.
Amanda sagte zu dem Mann: » Mrs. Ling dürfte mich erwarten.« Sie lächelte in die Kamera über der Tür.
Der Mann rührte sich nicht. Amanda griff in ihre Handtasche, als suchte sie einen
Weitere Kostenlose Bücher