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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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immer noch.«
    » Warum wirst du Tonto hier nicht los, und dann können wir einander trösten.«
    Amandas Lachen klang irgendwie aufrichtig erfreut. Sie klopfte Julia aufs Knie und stand dann auf. » Ach, Jules, war sehr schön, dich mal wieder zu sehen. Würde mich freuen, wenn wir das öfter machen könnten.«
    Will wollte aufstehen, dachte dann aber an den Revolver. Er steckte die Hände in die Taschen, um die Hose so straff zu ziehen, dass er wirklich im Bund stecken blieb. Er wollte auf keinen Fall das Spiel ruinieren, das Amanda gerade spielte, indem der Revolver durchs Hosenbein rutschte.
    Amanda sagte: » Sag mir wegen Arrendale Bescheid. Es ist wirklich sehr schön dort. Im Hochsicherheitstrakt sind die Fenster zehn Zentimeter breiter. Viel Sonne und frische Luft. Ich denke, Roger wird es gefallen.«
    » Ich sage dir Bescheid. Ich glaube, wir alle wissen, dass Unsicherheit schlecht fürs Geschäft ist.«
    » Sag Roger, ich lese ihm jeden Wunsch von den Augen ab.«
    Will öffnete Amanda die Tür. Gemeinsam gingen sie durch die Werkstatt. Die Belegschaft hatte offensichtlich gerade Pause. Die Maschinen standen still, die Arbeitsplätze waren nicht besetzt. Aus dem Radio ertönte nur noch ein leises Summen. Will flüsterte Amanda zu: » Das war interessant.«
    » Mal sehen, ob sie ihren Teil beiträgt.« Er spürte deutlich, dass sie sich Hoffnungen machte. Ihre Schritte federten wieder. » Wetten, dass Roger genau weiß, was gestern in Evs Haus ablief? Julia hat es ihm wahrscheinlich selbst gesagt. Sie würde uns nie einen Fuß hier reinsetzen lassen, wenn sie nicht bereit wäre zu verhandeln. In einer Stunde wissen wir mehr. Das können Sie mir glauben.«
    » Mrs. Ling scheint Ihnen ja mit Freuden zu Diensten zu sein.«
    Amanda blieb stehen und schaute ihn an. » Glauben Sie das wirklich? Ich weiß nie, ob sie einfach nur charmant ist oder…« Sie zuckte die Achseln, anstatt den Satz zu beenden.
    Er dachte, das wäre ein Witz, merkte aber schnell, dass es keiner war. » Wahrscheinlich. Ich meine…« Er fing an zu schwitzen. » Man weiß ja nie…«
    » Werden Sie erwachsen, Will. Ich war tatsächlich auf dem College.«
    Er konnte sie noch immer kichern hören, als sie das Foyer betraten. Will dachte, er war dazu verurteilt, dass die Frauen für den Rest seines Lebens mit ihm spielten wie mit einer Marionette. Sie war fast so schlimm wie Angie.
    Er griff nach dem Türknauf, als er den ersten Knall hörte, fast so, als würde der Korken aus einer Champagnerflasche springen. Dann spürte er ein Brennen am Ohr, sah die Tür vor sich splittern und wusste, dass es eine Kugel war. Und noch eine. Und noch eine.
    Amanda war schneller als er. Sie hatte ihm den Revolver aus der Hose gezogen, sich umgedreht und zwei Schüsse abgegeben, bevor er auf dem Boden lag.
    Der Lärm einer Maschinenpistole zerriss die Luft. Es war nicht zu erkennen, woher die Bedrohung kam. Der hintere Teil des Lagerhauses war dunkel. Es konnte Ling-Ling sein, die Männer, die an den Schränken gearbeitet hatten, oder alle zusammen.
    » Los«, schrie Amanda. Will stemmte die Tür zum Foyer mit der Schulter auf. Natürlich befanden sich ihre Waffen nicht mehr auf der Theke. Der mürrische Asiate, der sie eingelassen hatte, lag tot auf dem Boden. Will spürte am Hinterkopf einen heftigen Schlag. Nach kurzer Benommenheit merkte er, dass Amanda ihre Handtasche nach ihm geworfen hatte.
    Will klemmte sich die Tasche unter den Arm und riss die Vordertür auf. Das plötzliche scharfe Sonnenlicht blendete ihn so sehr, dass er auf den Betontreppen stolperte. Das alte Geländer knickte unter seinem Gewicht ab, bremste seinen Sturz aber ab, der sonst schlimme Folgen hätte haben können. Schnell richtete er sich wieder auf und rannte quer über den Vorplatz auf den SUV zu. Der Inhalt von Amandas Handtasche fiel hinter ihm zu Boden, während er nach dem Schlüssel suchte. Er drückte auf den Knopf, und die Heckklappe war offen, als er das Fahrzeug erreichte. Will tippte den Code ein, und der Stahlschrank öffnete sich.
    Wills Erfahrung nach war man entweder ein Schrotflinten-Typ oder ein Gewehr-Typ. Faith zog die Flinte vor, was bei ihrer zierlichen Gestalt und der Tatsache, dass der Rückstoß einem die Rotatorenmanschette abreißen konnte, eigentlich unlogisch war. Will bevorzugte das Gewehr. Es war präzise und sehr treffgenau, sogar auf fünfzig Meter– was in diesem Fall gut war, da dies ungefähr der Abstand zwischen dem SUV und dem Gebäudeeingang

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