Harter Schnitt
schloss sich.
Kagan zählte die Vorschriften auf. » Nähern Sie sich nicht der Tür. Glauben Sie nicht, dass Sie sicher sind, nur weil Sie eine Armeslänge entfernt sind. Die Rasierklinge, die wir in seinem Arsch gefunden haben, steckte in einem selbst gestrickten Futteral aus Fäden, die er aus seinem Laken gezogen hatte. Er brauchte zwei Monate dafür. Zum Spaß flocht er einen Yellow-Rebel-Stern hinein. Anscheinend hat er die Fäden mit Urin gefärbt.«
Kagan blieb vor einer weiteren Tür stehen und wartete, bis sie geöffnet wurde. » Ich habe keine Ahnung, wie er zu der Rasierklinge kam. Er ist dreiundzwanzig Stunden in seiner Zelle. Auf dem Hof ist er allein– er ist der Einzige im Käfig. Er hat keine Besuchskontakte, und alle Wachen haben eine Todesangst vor ihm.« Die Tür schwang auf, und er lief weiter. » Wenn es nach mir ginge, würde ich ihn in seinem Loch verrecken lassen. Aber es geht nicht nach mir. Wenn er nichts Grässliches verbricht, wird er noch eine Woche in Isolation sitzen. Und glauben Sie mir, er ist zu Grässlichem fähig.«
Der Direktor blieb vor einer Stahltür stehen, hinter der eine zweite Tür zu erkennen war. Die erste öffnete sich, und sie gingen hindurch. » Als wir ihn das letzte Mal ins Loch steckten, wurde der Wachmann, der ihn hineinschickte, am nächsten Tag angegriffen. Den Täter haben wir nie gefunden, aber der Mann verlor ein Auge. Es wurde mit der Hand herausgerissen.«
Die Tür hinter ihnen schloss sich, und die andere ging krachend auf.
Kagan sagte: » Die Kameras haben Sie im Blick, Mr. Trent, aber ich muss Sie warnen, unsere Reaktionszeit liegt bei einundsechzig Sekunden, knapp über einer Minute. Schneller schaffen wir es einfach nicht. Falls irgendetwas passiert, habe ich ein komplettes Einsatzteam bereit.« Er klopfte Will auf den Rücken. » Viel Glück.«
Auf der anderen Seite wartete ein Wachmann auf Will. Dem Mann stand die Angst im Gesicht, die man bei einem Todeskandidaten erwarten würde. Es war, als würde man in den Spiegel schauen.
Will drehte sich zu Amanda um. Im Wartezimmer hatte er sein Schweigen gebrochen, damit sie ihm sagen konnte, wie er mit Roger Ling reden sollte, aber jetzt erkannte er, dass sie ihm keinen Rat gegeben hatte. » Wollen Sie mir da drin helfen?«
Sie sagte: » Eins fürs andere, Detective. Und kommen Sie nicht ohne nützliche Information zurück.«
Will fiel wieder ein, dass er sie hasste.
Der Wachmann winkte ihn durch. Die Tür schloss sich hinter ihm. Der Mann sagte: » Halten Sie sich dicht an der Wand. Wenn Sie was auf sich zukommen sehen, bedecken Sie die Augen, und machen Sie den Mund zu. Es ist wahrscheinlich Scheiße.«
Will versuchte zu gehen, als hätten seine Hoden sich nicht in den Körper zurückgezogen. Das Licht in den Zellen war ausgeschaltet, aber der Gang war hell erleuchtet. Der Wachmann ging dicht an der Wand, so weit wie möglich von den Gefangenen auf der anderen Seite entfernt. Will machte es ihm nach. Er spürte immer neue Augen auf sich gerichtet, während er an den Zellen vorbeiging. Hinter sich hörte er schlitternde Geräusche, » Drachen«, winzige Papierfetzen an Fäden, die hinter ihm von Zelle zu Zelle über den Betonboden wanderten. Will überlegte sich, was für verbotene Gegenstände die Insassen horten könnten. Shivs, messerähnliche Gegenstände aus Zahnbürsten oder Kämmen. Klingen aus Metallteilen, die man aus der Küche mitgehen ließ. Fäkalien und Urin, die in Bechern zu Gasbomben gemischt wurden. Zu einer Peitsche geflochtene Fäden aus Laken mit Rasierklingen an der Spitze.
Noch eine Doppeltür. Die erste Tür schwang auf. Sie gingen hindurch, sie schloss sich. Sekunden vergingen. Die zweite Tür öffnete sich quietschend.
Sie kamen zu einer massiven Tür mit einer kleinen Glasscheibe auf Augenhöhe. Der Wachmann zog einen Schlüsselring aus der Tasche, suchte den passenden Schlüssel und steckte ihn in ein Schloss an der Wand. Mit einem Klacken glitt der Riegel zurück. Er drehte sich um und schaute in die Kamera an der Decke. Sie warteten beide, bis der Wachhabende in einem entfernten Beobachtungsraum die zweite Verriegelung öffnete. Die Tür ging auf.
Einzelhaft. Das Loch.
Der Gang war ungefähr zehn Meter lang und gut drei Meter breit. Auf der einen Seite befanden sich acht Metalltüren, die andere war eine Betonwand. Die Zellen lagen im Gefängnisinneren, das hieß, keine Fenster, keine frische Luft, keine Hoffnung.
Wie Kagan bereits gesagt hatte, diese Männer
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