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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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vibrierte. Er schaltete es ein. » Ich bin in Position.«
    » Der schwarze Van wurde auf der Beverly entdeckt. Er kam von der Peachtree-Seite.«
    Will umklammerte den Gewehrschaft fester. » Wo ist Faith?«
    » Sie hat eben ihr Haus verlassen. Zu Fuß.«
    Er musste nichts sagen. Sie wussten beide, dass das nicht zu ihrem Plan gehörte. Faith sollte fahren, nicht spazieren gehen.
    Auf der Straße hörte er ein Motorengeräusch. Der schwarze Van parkte nahe am Bordstein. Sie waren nicht gerade inkognito. Die Flanke des Fahrzeugs war mit Einschusslöchern übersät. Will löste den Sicherungshebel seitlich an der Waffe, um schussbereit zu sein. Er zielte auf den Mittelteil des Fahrzeugs, als die Seitentür aufging. Als er hineinschaute, war er überrascht, was er sah.
    Will flüsterte Amanda zu. » Sie sind nur zu zweit und haben Evelyn.«
    » Sie haben die Erlaubnis zu schießen.«
    Er sah nicht, wie das funktionieren sollte. Die zwei jungen Männer links und rechts von Evelyn Mitchell hatten beide ihre Waffen auf Evelyns Kopf gerichtet. Es sah beeindruckend aus, aber wenn einer von beiden den Abzug betätigte, würde die Kugel nicht nur Evelyn töten, sondern durch ihren Schädel hindurch in den Kopf seines Kumpels eindringen. Amanda hätte so etwas » Gott die Arbeit abnehmen« genannt, wenn nicht ihre beste Freundin in der Mitte zwischen diesen zwei Einsteins wäre.
    Sie zerrten Evelyn aus dem Van und achteten dabei darauf, dass ihr Körper ihnen Deckung gab. Sie schrie vor Schmerz auf, das Geräusch zerriss den stillen Nachmittag. Sie war nicht gefesselt, aber Evelyn Mitchell konnte kaum davonlaufen. Ein Bein war behelfsmäßig mit zwei abgebrochenen und mit Isolierband fixierten Besenstielen geschient. Offensichtlich war sie schwer verletzt. Und ihren Entführern war das offensichtlich egal.
    Beide Jungs trugen schwarze Jacken und schwarze Baseballkappen und suchten die Umgebung nach möglichen Bedrohungen ab. Sie gingen hintereinander, Evelyn zwischen ihnen. Der hinter ihr drückte ihr eine Glock in die Rippen und trieb sie vorwärts, wie man es mit einem Pferd tun würde. Allem Anschein nach konnte sie nicht allein gehen. Der Hintermann hatte ihr den freien Arm um die Taille gelegt. Bei jedem Schritt lehnte sie sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an ihn. Der Vordermann ging leicht geduckt. Evelyns Hand krallte sich Halt suchend in seine Schulter. Der Mann zeigte keine Reaktion. Er schwang eine Tec-9 hin und her, um die Hausfront abzudecken. Sein Finger lag am notorisch empfindlichen Abzug. Seit dem inzwischen aufgehobenen landesweiten Kriegswaffenverbot hatte Will keine Tec-9 mehr gesehen. So eine Waffe war beim Columbine-Massaker verwendet worden. Es war eine Halbautomatik, doch das fiel kaum ins Gewicht, wenn man fünfzig Schuss im Magazin hatte.
    Nur eine Sekunde lang löste sich Will vom Visier und suchte die Straße ab. Sie war leer. Kein Chuck Finn. Keine weiteren schießwütigen Jugendlichen in schwarzen Jacken und schwarzen Baseballkappen. Er schaute wieder durchs Visier und bekam ein mulmiges Gefühl. Es konnten unmöglich nur die zwei sein.
    Amandas Stimme klang angespannt. » Haben Sie freie Schussbahn?«
    Will zielte auf die Brust des Tec-9. Vielleicht waren die beiden Jungs doch keine völligen Amateure. Tec-9 ging direkt vor Evelyn, womit er sicherstellte, dass jede Kugel, die ihn durchdrang, auch in Evelyn eindrang. Dasselbe traf auf Glock zu, der sich hinter sie drückte. Ein Kopfschuss kam nicht infrage. Auch wenn es ihm möglich sein sollte, Tec-9 zu erledigen, würde Glock eine Kugel in Evelyn jagen, bevor Will neu zielen konnte. Will konnte genauso gut die Gefangene wie einen ihrer Bewacher erschießen. » Kein Schuss«, flüsterte er Amanda zu. » Es ist zu riskant.«
    Sie diskutierte nicht mit ihm. » Bleiben Sie dran. Ich sage Ihnen Bescheid, wenn Faith zum Haus kommt.«
    Will verfolgte die drei Gestalten, bis sie im Carport verschwanden. Er drehte sich ein wenig, zielte jetzt auf die Küchentür und wartete mit angehaltenem Atem. Die Tür wurde aufgetreten. Will hielt den Finger am Abzug, als Evelyn Mitchell in die Küche stolperte. Glock war noch immer hinter ihr. Er hob sie hoch und trug sie. An seinem Gesicht sah man, dass ihm das schwerfiel. Tec-9 ging noch immer sehr langsam voraus.
    Das obere Ende seiner Kappe reichte Evelyn bis zur Brust. Will musterte ihr Gesicht. Ein Auge war zugeschwollen. Die Haut an der Wange war aufgerissen.
    Sie waren in der Diele. Evelyn verzog das Gesicht,

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