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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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normalerweise das Kopfbrett war. Ein Nachtkästchen. Eine Lampe.
    Im Gegensatz zum Rest des Hauses hatte das Schlafzimmer etwas sachlich Zweckmäßiges. Sara wollte lieber nicht darüber nachdenken, warum dieser Mangel an Romantik sie erleichterte. Die Wände waren weiß. Keine Bilder hingen daran. Auf der Kommode, neben einem weiteren Fernseher, lagen Wills Uhr und seine Brieftasche, auf einer Bank am Fuß des Betts eine Jeans und ein T-Shirt, daneben lag ein Paar zusammengefaltete schwarze Socken. Seine Stiefel standen unter der Bank. Sara nahm das Shirt in die Hand. Baumwolle. Langärmelig. Schwarz wie das, das Will zuvor getragen hatte.
    Der Hund sprang aufs Bett und kuschelte sich in das Kissen.
    Sara faltete das Shirt zusammen und legte es wieder neben die Jeans. Was sie hier tat, war schon fast Schnüffeln. Wenigstens hatte sie nicht an dem T-Shirt gerochen und in den Schubladen gestöbert. Sie hob Betty vom Bett und dachte, sie sollte den Hund jetzt im Gästezimmer einsperren und von hier verschwinden. Da klingelte das Telefon. Der Anrufbeantworter sprang an. Sie hörte Wills Stimme im Schlafzimmer.
    » Sara? Wenn Sie da sind, bitte heben Sie ab.«
    Sie ging zurück ins Schlafzimmer und griff zum Hörer. » Ich wollte eben wieder gehen.«
    Seine Stimme klang angespannt. Im Hintergrund hörte sie ein Baby weinen, Leute schreien. » Sie müssen sofort hierherkommen. Zu Faith. Zum Haus ihrer Mutter. Es ist wichtig.«
    Sara spürte, wie Adrenalin ihre Sinne schärfte. » Geht es ihr gut?«
    » Nein«, antwortete er knapp. » Kann ich Ihnen die Adresse geben?«
    Ohne nachzudenken, zog sie die Schublade des Nachtkästchens auf, weil sie vermutete, dass sie dort Stift und Papier finden würde. Stattdessen sah sie ein Magazin, wie es ihr Vater früher ganz unten in seiner Werkzeugkiste versteckt hatte.
    » Sara?«
    Die Schublade ging nicht mehr zu. » Ich muss mir nur schnell etwas zum Schreiben holen. Moment.«
    Will schien der einzige Mensch in ganz Amerika zu sein, der kein schnurloses Telefon hatte. Sara legte den Hörer aufs Bett, holte Stift und Papier von seinem Schreibtisch und kam zurück. » Okay.«
    Will wartete, bis irgendjemand zu schreien aufgehört hatte. Mit leiser Stimme nannte er Sara die Adresse. » Das ist in Sherwood Forest, auf der Rückseite des Ansley Park. Kennen Sie das Viertel?«
    Ansley war nur fünf Minuten entfernt. » Das finde ich schon.«
    » Nehmen Sie mein Auto. Die Schlüssel hängen an einem Haken neben der Hintertür in der Küche. Können Sie mit Schaltgetriebe fahren?«
    » Ja.«
    » Die Presse ist bereits da. Gehen Sie zum ersten Polizisten, den Sie sehen, sagen Sie ihm, dass Sie auf meine Bitte hin hier sind, und dann lässt man Sie durch. Reden Sie mit niemand anderem. Okay?«
    » Okay.« Sie legte auf und schob die Schublade mit beiden Händen zu. Betty lag wieder auf dem Kissen. Sara hob sie noch einmal vom Bett. Sie wollte schon gehen, doch dann fiel ihr etwas ein. Will war in Shorts gewesen, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Wahrscheinlich wollte er seine Jeans. Sie steckte Uhr und Brieftasche in die Gesäßtasche. Sie hatte keine Ahnung, wo er seine Waffe aufbewahrte, hatte aber auch nicht vor, noch mehr in seinen Sachen zu wühlen.
    » Kann ich Ihnen helfen?«
    Sara spürte, wie ihr das Entsetzen durch den Körper schoss. Angie Trent lehnte an der Schlafzimmertür, die Hand lässig gegen den Türstock gestützt. Ihre dunklen, lockigen Haare fielen auf ihre Schultern. Ihr Make-up war perfekt. Ihre Nägel waren perfekt. Ihr enger Minirock und das mehr zeigende als verhüllende Top hätten es mühelos auf das Cover des Magazins in Wills Nachtkästchen geschafft.
    » Ich– ich…« Sara hatte nicht mehr gestottert, seit sie zwölf Jahre alt war.
    » Wir sind uns schon mal begegnet, nicht? Sie arbeiten im Krankenhaus.«
    » Ja.« Sara trat einen Schritt vom Bett weg. » Will wurde zu einem Notfall gerufen. Er bat mich, Ihren Hund hierherzubringen…«
    » Meinen Hund?«
    Sara spürte die Vibrationen eines beginnenden Knurrens in Bettys Brust.
    Angie verzog angewidert den Mund. » Was ist mit dem Köter passiert?«
    » Sie war…« So wie sie dastand, kam Sara sich vor wie eine Idiotin. Sie klemmte sich Wills Jeans unter den Arm. » Ich bringe sie ins Gästezimmer und gehe.«
    » Klar doch.« Angie blockierte die Tür. Betont langsam machte sie Sara Platz, folgte ihr dann ins Gästezimmer und sah zu, wie sie Betty ins Körbchen setzte und die Tür zuzog.
    Sara

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