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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Loyalität herrschte. Er hatte aber auch gelernt, dass es bei dieser Loyalität auch eine deutliche Hackordnung gab. Es war wie eine Pyramide, mit jedem Polizisten auf der Welt unten am Sockel und dem eigenen Partner oben an der Spitze. Faith war beim Atlanta Police Department gewesen, seit sie in den Dienst eingetreten war, aber vor zwei Jahren war sie zum GBI gewechselt und Wills Partnerin geworden, der nicht unbedingt der Beliebteste in der Klasse war. Leo mochte noch immer halbwegs auf Faith’ Seite stehen, was aber die meisten anderen Kollegen beim APD anging, hatte sie ihre Stellung in der Pyramide verloren. Vor allem, nachdem ein erster Beamter vor Ort, ein übereifriger, junger Grünschnabel, zu einer Notoperation ins Krankenhaus musste, da sie ihm mit dem Ellbogen die Eier ins Gehirn gerammt hatte.
    Will sah ein gelbes Aufblitzen, als das Absperrband angehoben wurde. Sara hatte ihre Haare straff am Hinterkopf zusammengefasst. Das Leinenkleid, das sie trug, wirkte ziemlich mitgenommen. Unter dem Arm hatte sie eine zusammengelegte Jeans. Zuerst dachte Will, sie sehe verwirrt aus, aber je näher sie kam, umso mehr dachte er, sie sehe irritiert, vielleicht sogar verärgert aus. Ihre Augen und ihre Wangen waren gerötet.
    Sie gab ihm die Jeans. » Warum brauchen Sie mich hier?«
    Er fasste sie am Ellbogen und führte sie von den Reportern weg. » Es geht um Faith.«
    Sie verschränkte die Arme, hielt einen gewissen Abstand zu ihm. » Falls sie medizinischen Beistand braucht, sollten Sie mit ihr ins Krankenhaus fahren.«
    » Das können wir nicht tun.« Will versuchte, sich nicht auf die Kälte in ihrer Stimme zu konzentrieren. » Sie ist bei der Nachbarin. Wir haben nicht viel Zeit.«
    » Ich habe über Funk gehört, was passiert ist.«
    » Wir glauben, es gibt eine Drogenverbindung. Aber behalten Sie das für sich.« Will blieb stehen. Er wartete, dass sie ihn anschaute. » Faith verhält sich nicht richtig. Sie ist verwirrt, redet sinnloses Zeug. Die Polizei will mit ihr reden, aber…« Er wusste nicht, was er sagen sollte. Amanda hatte Will aufgefordert, Sara anzurufen. Sie wusste, dass die Frau mit einem Polizisten verheiratet gewesen war, und nahm an, dass ihre Loyalität nicht mit dem Mann gestorben war. » Das könnte richtig schlimm für Faith werden. Sie hat zwei Männer erschossen. Ihre Mutter wurde entführt. Sie werden sie aus gutem Grund genau unter die Lupe nehmen.«
    » Hat sie überreagiert?«
    » Es war eine Geisel-Situation. Die Kinder von nebenan waren in der Schusslinie.« Will übersprang die fehlenden Details. » Sie schoss dem einen in den Kopf und dem anderen in den Rücken.«
    » Sind die Kinder okay?«
    » Ja, aber…«
    Die Hecktüren des Kommandozentrums sprangen krachend auf. Chief Mike Geary, der Bereichskommandant für Ansley und Sherwood Forest, kam die Stufen herunter. Er war in voller Uniform, ein raues, dunkelblaues Polyester, das sich über seinem Schmerbauch spannte. Er blinzelte in die Sonne, und eine tiefe Furche durchzog seine gebräunte Stirn. Wie die meisten Polizisten der alten Schule trug er seine Haare militärisch kurz geschnitten. Geary setzte seine Kappe auf und drehte sich um, damit er Amanda seine Hand entgegenstrecken konnte. Doch etwas hielt ihn zurück, kurz bevor er sie berührte, und er ließ seine Hand sinken, bevor sie sie fassen konnte.
    » Trent«, bellte er, » ich will jetzt sofort mit Ihrer Partnerin sprechen. Holen Sie sie. Wir bringen sie aufs Revier.«
    Will warf Amanda einen Blick zu, die sich in ihren High Heels die wackeligen Stahlstufen hinuntermühte. Sie schüttelte den Kopf. Sie konnte absolut nichts mehr tun.
    Zu seiner Überraschung war es Sara, die sie rettete. » Ich muss sie zuerst untersuchen.«
    Geary war nicht erfreut über diesen Widerstand. » Wer, zum Teufel, sind Sie?«
    » Ich bin Unfallärztin in der Notaufnahme des Grady.« Sara war so schlau, ihren Namen nicht zu nennen. » Ich bin hier, um Agent Mitchell zu begutachten, damit jede Aussage, die sie macht, auch gerichtsverwertbar ist.« Sie legte den Kopf ein wenig schräg. » Ich bin mir sicher, es gehört nicht zu Ihrer Strategie, Aussagen unter Zwang aufzunehmen.«
    Geary schnaubte. » Sie steht nicht unter Zwang.«
    Sara hob eine Augenbraue. » Ist das Ihre offizielle Position? Denn ich würde nur sehr ungern vor Gericht aussagen müssen, dass Sie gegen ärztlichen Rat ein erzwungenes Verhör durchgeführt haben.«
    Verwirrung verwässerte Gearys Wut. Ärzte waren

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