Harter Schnitt
finden.« Er ließ das Set los und knallte die Tür zu.
Will gab dem Mann keine Zeit, seine Meinung zu ändern. Er lief zum Haus zurück und versuchte dabei, das Baby nicht allzu sehr durchzuschütteln. Mrs. Levy stand an der Tür Wache. Sie öffnete, bevor Will klopfen konnte.
Drinnen hatte sich etwas verändert. Faith lag auf der Couch. Sara stützte ihren Kopf und ließ sie aus einer Dose Coke trinken.
Sara fing sofort an, Will Vorhaltungen zu machen. » Sie hätten gleich als Erstes die Sanitäter rufen sollen«, sagte sie. » Ihr Blutzucker ist zu niedrig. Sie ist starr und schwitzt übermäßig. Ihr Herz rast. So etwas nimmt man nicht auf die leichte Schulter.« Sie nahm ihm das Etui ab und klappte es auf. Darin befanden sich eine Spritze mit einer klaren Flüssigkeit und ein Fläschchen mit einem weißen Pulver, das aussah wie Kokain. Sara reinigte die Nadel mit einem Wattebausch und etwas Wundalkohol, die sie offensichtlich von Mrs. Levy bekommen hatte. Sie redete, während sie die Spritze in das Fläschchen drückte und die Flüssigkeit hineinspritzte. » Ich nehme an, sie hat seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Das Adrenalin bei der Konfrontation im Haus hat ihr sicher einen enormen Zucker-Kick gegeben, hat aber auch den Zusammenbruch danach umso schlimmer gemacht. Wenn man sich überlegt, was passiert ist, ist es erstaunlich, dass sie nicht ins Koma gefallen ist.«
Will nahm ihre Worte so ernst, wie sie gemeint waren. Egal, was Amanda sagte, er hätte schon vor einer halben Stunde einen Sanitäter holen sollen. Er hatte sich Gedanken gemacht über Faith’ Karriere, dabei hätte er sich Sorgen machen müssen um ihr Leben. » Kommt sie wieder in Ordnung?«
Sara schüttelte das Fläschchen, um den Inhalt zu mischen, bevor sie ihn in die Spritze zog. » Das werden wir bald wissen.« Sie schob Faith’ Bluse ein wenig hoch und betupfte ein Stück Haut auf ihrem Bauch mit Alkohol. Will sah, wie die Nadel eindrang und der Spritzenkolben im Plastikzylinder nach unten wanderte.
Sara fragte: » Machen Sie sich Sorgen, dass die Beamten denken, sie wäre nicht Herr ihrer Sinne gewesen, als sie diese beiden Männer erschoss?«
Er antwortete nicht.
» Ihr Zusammenbruch war vermutlich hart und kam plötzlich. Wahrscheinlich hat sie verwaschen geredet. Sie dürfte berauscht gewirkt haben.« Sara reinigte die Utensilien und legte sie ins Etui zurück. » Sagen Sie ihnen, sie sollen die Fakten betrachten. Sie schoss einem Mann in den Kopf und einem anderen in den Rücken, wahrscheinlich aus einer gewissen Entfernung, mit zwei Unbeteiligten nur ein Stückchen entfernt. Wenn sie nicht Herr ihrer Sinne gewesen wäre, dann wäre sie zu diesen präzisen Schüssen unmöglich in der Lage gewesen.«
Will schaute Mrs. Levy an, die dieses Gespräch vermutlich gar nicht hören wollte. Sie tat seine Bedenken ab. » Ach, zerbrechen Sie sich wegen mir nicht den Kopf, mein Lieber. Heutzutage vergesse ich alles fast sofort wieder.« Sie streckte die Arme nach Emma aus. » Warum überlassen Sie mir nicht das kleine Lämmchen?« Behutsam übergab er das Baby an Mrs. Levy. Die alte Frau ging mit ihr in den hinteren Teil des Hauses. Ihre Pantoffeln klatschten gegen ihre trockenen Fersen.
Will fragte Sara: » Was ist mit dem Diabetes? Können Sie behaupten, dass es daran lag?«
Ihre Stimme klang sachlich. » Wie war sie, als Sie ankamen?«
» Sie sah aus…« Er schüttelte den Kopf, weil er dachte, dass er Faith nie wieder in so übler Verfassung sehen wollte. » Sie wirkte, als hätte sie den Verstand verloren.«
» Glauben Sie, eine mental oder chemisch veränderte Person hätte zwei Männer mit jeweils nur einem einzigen Schuss töten können?« Sara legte Faith die Hand auf die Schulter, ihr Ton wurde sanfter. » Faith, können Sie sich aufsetzen, bitte?«
Langsam richtete Faith sich auf. Sie wirkte benommen, als wäre sie eben aus einem langen Schlaf erwacht, aber in ihr Gesicht kehrte die Farbe zurück. Sie hielt sich die Hand an den Kopf und verzog das Gesicht.
Sara sagte zu ihr: » Sie werden jetzt eine Weile Kopfweh haben. Trinken Sie so viel Wasser, wie Sie vertragen. Sie brauchen Ihr Messgerät, um die Werte zu überprüfen.«
» Das ist in meiner Handtasche.«
» Ich versuche, von den Sanitätern ein anderes zu bekommen.« Sie nahm eine Flasche Wasser vom Couchtisch und drehte den Verschluss ab. » Steigen Sie jetzt auf Wasser um. Kein Coke mehr.«
Sara ging, ohne Will eines Blicks zu würdigen. Ihr
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