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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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stark. Solange die hohen Tiere nichts anderes sagten, hing über Faith’ Kopf eine dunkle Wolke. » Es ist noch ein anderer Beamter hier?«
    » Detective Taylor. Er kontrolliert die Umgebung. Ich kann ihn holen, wenn Sie…«
    » Ich wäre jetzt nur gern ein wenig ungestört, bitte.«
    » Ja, Ma’am. Ich bin draußen, falls Sie mich brauchen.« Connor nickte Zeke zu, bevor er durch die Glasschiebetür hinausging.
    Mit einem Ächzen setzte Faith sich an den Tisch. Sie kam sich vor, als wäre sie seit Stunden auf den Beinen, obwohl sie fast den ganzen Tag gesessen hatte. Zeke hatte die Arme noch immer verschränkt. Er blockierte die Tür, als könnte sie zu fliehen versuchen.
    Sie fragte: » Bist du noch in der Air Force?«
    » Ich wurde vor vier Monaten nach Eglin verlegt.«
    Ungefähr zu der Zeit, als Emma geboren wurde. » In Florida?«
    » Als ich das letzte Mal nachgesehen habe.« Ihre Fragen machten seine Verärgerung offensichtlich nur noch stärker. » Ich bin mitten in einem zweiwöchigen Dienst im Veteranenkrankenhaus an der Clairmont. Es war gut, dass ich zufällig in der Stadt war, denn sonst wäre Jeremy den ganzen Tag allein gewesen.«
    Faith starrte ihren Bruder an. Zeke Mitchell hatte schon immer so ausgesehen, als würde er permanent strammstehen. Schon als Zehnjähriger hatte er sich verhalten wie ein Air Force Major, was heißen sollte, dass er mit einem stählernen Besenstil im Rücken auf die Welt gekommen war.
    Sie fragte: » Weiß Mom, dass du in den Staaten bist?«
    » Natürlich weiß sie es. Eigentlich wollten wir morgen Abend miteinander essen.«
    » Du hast nicht daran gedacht, es auch mir zu sagen?«
    » Ich wollte das Drama vermeiden.«
    Faith seufzte lang und lehnte sich zurück. Da war es– das Wort, das ihre Beziehung definierte. Faith hatte Drama in Zekes Abschlussjahr gebracht, indem sie schwanger wurde. Ihr Drama hatte ihn gezwungen, die Highschool zu verlassen und sich für zehn Jahre seines Lebens beim Militär zu verdingen. Dann gab es noch mehr Drama, als sie beschloss, Jeremy zu behalten, und einen Riesenhaufen Drama, als sie bei der Beerdigung ihres Vaters unkontrolliert weinte.
    » Ich habe die Nachrichten gesehen.« Er sagte es wie einen Vorwurf.
    Faith stemmte sich vom Tisch hoch. » Dann weißt du ja, dass ich heute zwei Männer getötet habe.«
    » Wo warst du?«
    Ihre Hand zitterte, als sie den Küchenschrank öffnete und einen Energieriegel herausholte. Sie hatte es gesagt, als wäre das gar nichts– sie hatte heute zwei Männer getötet. Bei dem Verhör hatte Faith gemerkt, dass sie, je mehr sie darüber sprach, desto unempfänglicher wurde für die Wirklichkeit dieser Taten, sodass sie sich, als sie es jetzt sagte, nur völlig taub fühlte.
    Zeke wiederholte: » Ich habe dir eine Frage gestellt, Faith. Wo warst du, als Mom dich brauchte?«
    » Wo warst du ?« Sie warf den Riegel auf den Tisch. In ihrem Kopf drehte sich schon wieder alles. Vielleicht sollte sie ihren Blutzucker messen, bevor sie etwas aß. » Ich war bei einem Fortbildungsseminar.«
    » Du bist zu spät gekommen.«
    Sie nahm an, dass er das einfach nur vermutete. » Ich bin nicht zu spät gekommen.«
    » Ich habe heute mit Mom gesprochen.«
    Faith spürte, wie ihre Sinne sich schärften. » Welche Zeit? Hast du das der Polizei gesagt?«
    » Natürlich habe ich es der Polizei gesagt. Ich habe so gegen Mittag mit ihr gesprochen.«
    Weniger als zwei Stunden später war Faith am Haus ihrer Mutter gewesen. » Wirkte sie okay? Was hat sie gesagt?«
    » Sie hat gesagt, dass du mal wieder zu spät kommst, wie immer. So ist es doch. Die Welt unterwirft sich deinem Zeitplan.«
    » O Gott«, flüsterte sie. Im Augenblick ertrug sie das einfach nicht. Sie war für wer weiß wie lange vom Dienst suspendiert. Ihre Mutter konnte schon tot sein. Ihr Sohn war am Boden zerstört, und ihr Bruder ging ihr nicht einmal für so lange aus den Augen, dass sie durchatmen konnte. Zusätzlich zu dem ganzen Stress fühlte ihr Kopf sich an wie in einer Schraubzwinge. Sie suchte in ihrer Handtasche nach dem Zuckermessgerät. Jetzt ins Koma zu fallen war im Augenblick zwar durchaus eine attraktive Vorstellung, aber alles andere als hilfreich.
    Faith legte sich die Messutensilien auf dem Tisch zurecht. Sie ließ sich beim Zuckermessen nur sehr ungern beobachten, aber Zeke war offensichtlich nicht geneigt, ihr auch nur ein Quäntchen Privatsphäre zu lassen. Faith steckte eine neue Nadel in den Stift, zog einen sterilen Tupfer aus

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