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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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zu holen.
    Drei Sanitäter standen herum und unterhielten sich. Sie sagte ihnen, was sie gesehen hatte, und sie folgten ihr mit einer Rollbahre. Sara zog den Müllsack weg. Der Mann atmete, war aber bewusstlos. Seine braune Haut wirkte gelblich und wächsern. Sein T-Shirt war blutgetränkt, wahrscheinlich von einer tiefen Wunde in seinem Unterbauch. Sara drückte die Finger auf seine Halsschlagader und sah auf seinem Hals ein vertrautes Tattoo: ein Texas-Stern umringt von einer Klapperschlange.
    Wills vermisster B-negativer.
    » Gehen wir«, sagte einer der Sanitäter.
    Sara lief neben der Bahre her, während sie den Mann ins Krankenhaus rollten. Sie hörte, wie die Sanitäter die Vitalfunktionen durchgingen, während sie die Gaze von seinem Bauch hob. Die Wundöffnung war schmal, wahrscheinlich von einem Küchenmesser. Ein Ende war ausgefranst von der Klingenzahnung. Es war nur sehr wenig frisches Blut zu sehen, was auf eine gestoppte Blutung hindeutete. Der Bauch war aufgebläht, und der verräterische Geruch faulenden Fleisches sagte ihr, dass sie in der Notaufnahme für ihn nicht mehr viel würde tun können.
    Ein großer Mann in einem dunklen Anzug kam zu ihr gelaufen. Er fragte: » Wird er es schaffen?«
    Sara suchte nach George. Der Wachmann war nirgendwo zu sehen. » Sie müssen aus dem Weg gehen.«
    » Doctor…« Er hielt ein Ledermäppchen in die Höhe. Sie sah ein goldenes Schild. » Ich bin Polizist. Wird er es schaffen?«
    » Ich weiß es nicht.« Sie drückte die Gaze wieder auf den Bauch. Und dann, weil es der Patient vielleicht noch hören konnte: » Vielleicht.«
    Der Polizist blieb zurück. Sie schaute den Gang entlang, aber er war verschwunden.
    Das Notfall-Team machte sich sofort an die Arbeit, schnitt dem Mann die Kleider vom Leib, nahm Blut ab, schloss ihn an diverse Maschinen an. Operationsbesteck wurde bereitgelegt. Packungen mit Verbandsmaterial wurden geöffnet. Der Notfallwagen wurde herangeschoben.
    Sara ordnete zwei großvolumige Infusionskatheter an, um Flüssigkeiten in den Körper zu pumpen. Sie kontrollierte die Grundfunktionen: Atemwege frei, Atmung okay, Kreislauf so gut, wie man erwarten konnte. Sie bemerkte, wie das Arbeitstempo beträchtlich langsamer wurde, als die Leute merkten, womit sie es zu tun hatten. Das Team wurde kleiner. Schließlich hatte sie nur noch eine Schwester an ihrer Seite.
    » Keine Brieftasche«, sagte die Schwester. » Außer Flusen nichts in den Taschen.«
    » Sir?«, rief Sara den Mann an und zog ihm die Lider hoch. Die Pupillen waren starr und geweitet. Sie suchte nach einer Kopfwunde, tastete seinen Schädel mit sanftem Druck ab und spürte am Hinterkopf eine Fraktur, die splitternd die Gehirnschale durchdrang. An dieser Wunde gab es kein frisches Blut.
    Die Schwester zog den Vorhang zu, um dem Mann ein wenig Privatsphäre zu geben. » Röntgen? CT des Bauchs?«
    Im Grunde genommen machte Sara hier den Job des diensthabenden Arztes. Sie fragte: » Können Sie Krakauer holen?«
    Die Schwester ging, und Sara führte eine eingehendere Untersuchung durch, obwohl sie sicher war, dass Krakauer nur einen kurzen Blick auf die Vitalfunktionen werfen und ihrer Einschätzung beipflichten würde. Das hier war kein Notfall mehr. Der Patient würde eine Vollnarkose nicht überleben, und er würde auch seine Verletzungen wahrscheinlich nicht überleben. Sie konnte ihn nur mit Antibiotika vollpumpen und dann warten, bis die Zeit das Schicksal des Patienten entschied.
    Der Vorhang wurde aufgezogen. Ein junger Mann schaute herein. Er war glatt rasiert, trug eine schwarze Trainingsjacke und eine tief ins Gesicht gezogene schwarze Baseball-Kappe.
    » Sie dürfen nicht hier sein«, sagte Sara. » Wenn Sie jemanden suchen…«
    Er boxte Sara so fest gegen die Brust, dass sie rückwärts zu Boden stürzte. Mit der Schulter knallte sie gegen einen Besteckwagen. Metallinstrumente prasselten um sie herum zu Boden– Skalpelle, Arterienklemmen, Scheren. Der junge Mann zielte mit einer Waffe auf den Kopf des Patienten und schoss zweimal aus kurzer Distanz auf ihn.
    Sara hörte Schreie. Es war sie selbst. Das Geräusch kam aus ihrem Mund. Der Mann richtete seine Waffe auf ihren Kopf, und sie verstummte. Er kam auf sie zu. Sie tastete blindlings nach etwas, womit sie sich wehren konnte. Ihre Hände schlossen sich um ein Skalpell.
    Er kam immer näher, war schon fast über ihr. Würde er sie erschießen, oder würde er einfach nur verschwinden? Sara ließ ihm nicht die Zeit für die

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