Harter Schnitt
war tot. Demarcus Alexander und Chuck Finn waren vermutlich ebenso unerreichbar. Beide ehemaligen Detectives waren nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis aus Atlanta weggezogen. Will hatte gestern Abend mit ihren Bewährungshelfern gesprochen. Alexander war an der Westküste, wo er versuchte, sein Leben neu aufzubauen. Finn lebte in Tennessee und wälzte sich im Elend der Drogensucht.
» Heroin«, sagte Will.
Amanda wandte sich ihm zu und schaute, als hätte sie vergessen, dass er auch im Auto saß. Sie fuhren auf der Interstate 85 nach Norden, zu einem weiteren Bösewicht, der sich höchstwahrscheinlich weigern würde, mit ihnen zu sprechen.
Will berichtete ihr: » Boyd Spivey sagte, dass Chuck Finn schwerst heroinabhängig sei, und Ricardo war vollgepackt mit Heroin.«
» Das ist eine sehr schwache Verbindung.«
» Hier ist noch eine: Oxy führt normalerweise zu Heroinabhängigkeit.«
» Das sind ziemlich dünne Strohhalme. Man kann heutzutage keinen Stein schmeißen, ohne einen Heroinsüchtigen zu treffen.« Sie seufzte. » Wenn wir nur mehr Steine hätten.«
Will trommelte mit den Fingern auf dem Oberschenkel. Den ganzen Vormittag schon hielt er etwas zurück, weil er hoffte, Amanda in einem unaufmerksamen Moment zu erwischen und so die Wahrheit zu erfahren. Jetzt schien ein guter Zeitpunkt zu sein. » Hector Ortiz war Evelyns Freund.«
Ihre Mundwinkel hoben sich. » Tatsächlich?«
» Er ist Ignatio Ortiz’ Bruder, allerdings sagt mir Ihr Gesichtsausdruck, dass das für Sie nichts Neues ist.«
» Ortiz’ Cousin«, korrigierte sie ihn. » Haben Sie diese Beobachtungen Dr. Linton zu verdanken?«
Will merkte, dass er anfing, mit den Zähnen zu knirschen. » Sie wussten bereits, wer er war.«
» Wollen Sie die nächsten zehn Minuten damit vergeuden, über Ihre Gefühle zu reden, oder wollen Sie Ihre Arbeit machen?«
Er wollte die nächsten zehn Minuten dazu verwenden, sie zu erdrosseln, aber das behielt er lieber für sich. » Warum ließ sich Evelyn Mitchell mit dem Cousin eines Kerls ein, der den Drogenhandel im gesamten Südosten der Vereinigten Staaten kontrolliert?«
» Eigentlich war Hector Ortiz nur Autohändler.« Sie schaute ihn an. In ihren Augen meinte man fast Humor zu erkennen. » Er verkaufte Cadillacs.«
Das erklärte, warum der Name des Mannes bei Wills Fahrzeugrecherche nicht aufgetaucht war. Er fuhr ein Händlerauto. » Hector hatte ein Texicanos-Tattoo auf dem Arm.«
» Wenn wir jung sind, machen wir alle Fehler.«
Will versuchte eine andere Richtung. » Was ist mit dem Buchstaben A, den Evelyn auf die Stuhlunterseite malte?«
» Ich dachte, wie nannten das eine Pfeilspitze?«
» Almeja reimt sich auf Amanda.«
» Irgendwie schon, nicht?«
» Es ist Slang für ›Fotze‹.«
Sie lachte. » Warum, Will, nennen Sie mich eine Fotze?«
Wenn sie nur wüsste, wie oft er schon in Versuchung gewesen war.
» Ich schätze, ich sollte Ihre gute Polizeiarbeit belohnen.« Amanda zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier hinter der Sonnenblende hervor und gab es Will. » Evelyns Telefonate der letzten vier Wochen.«
Er überflog die zwei Seiten. » Sie hat oft in Chattanooga angerufen.«
Amanda schaute ihn erstaunt an. Will schaute zurück. Er konnte lesen, nur nicht schnell und auf jeden Fall nicht unter Beobachtung. Das östliche Filialbüro des Tennessee Bureau of Investigation befand sich in Chattanooga. Als er noch in North Georgia arbeitete, hatte er ständig dort angerufen, um Meth-Fälle zu koordinieren. Die Vorwahl 423 tauchte in Evelyns Verbindungsliste mindestens ein Dutzend Mal auf.
Er fragte: » Gibt es vielleicht etwas, das Sie mir sagen wollen?«
Dieses eine Mal schwieg sie.
Will zog sein Handy heraus, um die Nummer anzurufen.
» Seien Sie nicht blöd. Das ist Healing Winds, eine Entzugsklinik.«
» Warum hat sie dort angerufen?«
» Das habe ich mich auch gefragt.« Sie blinkte und wechselte die Spur. » Es ist ihnen nicht gestattet, Patienteninformationen herauszugeben.«
Will schaute sich die Datumsangaben der gewählten Nummer an. Evelyn hatte erst vor zehn Tagen angefangen, die Klinik anzurufen, und das war genau der Zeitraum, in dem, nach Mrs. Levys Angaben, sich Hector Ortiz’ Besuche bei Evelyn gehäuft hatten.
Will sagte: » Chuck Finn lebt in Tennessee.«
» Er lebt in Memphis. Von Healing Winds in Chattanooga ist das eine fünfstündige Fahrt.«
» Er hat ein ernstes Drogenproblem.« Will wartete, dass sie darauf reagierte. Als sie es nicht tat,
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