Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
Mutter hat mir meinen Vater weggenommen. Das habe ich ihr nie verzeihen können. Als wir weggezogen sind, hab ich auch noch alle meine Freunde verloren. In der neuen Schule habe ich mich nicht mehr wohlgefühlt. Am Anfang wollte meine Mutter sogar noch, dass ich manchmal in ihrem Bett schlafe. Ich wollte das gar nicht. Wenn ich gedurft hätte, wär ich lieber zu meinem Vater zurück. Das war das Schlimmste. Meine Mutter hat gar nicht mitgekriegt, was in der Schule und so abgegangen ist. Die hat zwar so fast alles für mich gemacht, aber ich hab’ sie nicht respektieren können. Wenn ich sie nur schon sehe, könnte ich’s manchmal an die Nerven kriegen. Ich werd dann so wütend auf die, dass ich sie am liebsten erwürgen könnte. Ich fühl mich da schon richtig mies, weil das ist doch trotzdem meine Mutter.
Wenn ich Bong rauche, geht’s mir viel besser. Dann bin ich ruhiger, richtig fett und platt und nicht so unter Druck und aggressiv. Wenn ich kein Geld hab, um mir was zum Rauchen zu kaufen, ist es krass. Ein paarmal bin ich schon ausgerastet und hab meiner Mutter die Bude auseinandergenommen. Ich kann da irgendwie nichts wirklich dafür. Mir fliegt einfach die Sicherung raus und ich muss was kaputt schlagen. Das kommt so über mich. Soll aber nur ja keiner glauben, dass mir das echt Spaß machen würde. Wenn ich dann wieder zu mir komme, erschrecke ich selbst. Ich würd das dann schon gerne wiedergutmachen. Ich hab schon Angst, ich raste mal völlig aus. Vor allem, ich weiß gar nicht, was jetzt weiter werden soll. Ich würd gern was Richtiges machen, aber ich weiß nicht was. Das ist alles so schwarz vor mir.«
Das Beispiel ist insofern typisch, als es Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge differenziert verdeutlicht. Cannabis allein ist kaum die Ursache für zerstörerische Aggressionsbereitschaft. Da gilt nach wie vor eher das Gegenteil: Die Wirkungen von Cannabis werden vielfach als Mittel zum Zweck in Dienst genommen, um Wut und großen Zorn zu dämpfen. Ohne den gezielten Einsatz der Substanz würde eine Aggression, die aus tieferen ursächlichen Quellen gespeist wird, womöglich ungebremst überschießen. Wird Cannabis als Aggressionspuffer benutzt, kommt es allerdings leicht zu einer sich verstärkenden Wechselwirkung. Ist ein Cannabiskonsument daran gehindert, auf sein Mittel zurückzugreifen, entfällt die puffernde Wirkung. Seine Reizbarkeit steigt infolge Abstinenz sprunghaft an und kann sich in plötzlichen aggressiven Durchbrüchen entladen. Die Wahrscheinlichkeit ist umso größer, je härter das Gebrauchsmuster im Umgang mit Cannabis ist. Setzen vorwiegend kräftige junge Männer den Stoff gezielt zur Aggressionskontrolle ein, erleben sie ihr Tun wie eine »sozial verträgliche« Maßnahme im Sinne eines Selbstheilungsversuchs.
Im obigen konkreten Fall fühlte sich der junge Mann wie ein Raubtier im Käfig. Er tigerte in seinem Leben wie in einem Gefängnis ohne Gitterstäbe umher, weil er mit seinen überschüssigen Kräften nichts Rechtes anzufangen wusste. Die Arbeit mit ihm lief parallel auf mehreren Ebenen. Lebenspraktisch ging es darum, seine Neigungen so zu sortieren, dass er am Ende in der Lage war, sich für ein Berufsbild zu entscheiden. Tiefenpsychologisch stand die Beziehung zu seiner Mutter und zum Vater als fehlender männlicher Identifikationsfigur im Mittelpunkt. Die Angst vor der eigenen Aggression sowie seine ungebündelten körperlichen Kräfte gingen wir direkt auf der Körperebene an. Mit Methoden und Übungen aus der Körpertherapie war es ihm möglich, seine Wut zu durchmessen und dabei gleichzeitig eine Begrenzung seiner Aggression zu erfahren, mit der er keinen Schaden anrichtete. Er erlernte Bewältigungsstrategien zum Umgang mit heftigen Wut- und Zorngefühlen. Seine Aggression wurde zusehends »gefasster«. Die Fähigkeit zur Selbststeuerung gedieh so weit, dass der junge Mann nunmehr aggressive Gefühle rechtzeitig wahrnimmt, bändigt und sie nicht mehr sozial unverträglich ausagiert. Haschisch raucht er nur noch als »Joint«. »Bong« und »Eimer« hat er als »zu heavy« aufgegeben.
Dieser junge Mann war innerlich in der Lage, die sich ihm bietenden Chancen rechtzeitig zu ergreifen. Es wäre unredlich, vorzugeben, dass das in allen vergleichbaren Fällen ebenso zufriedenstellend vonstattenginge. Es gibt leider immer wieder (junge) Menschen, die sich kaum aufhalten lassen, ihren zerstörerischen Weg nach unten weiterzugehen. Nicht bremsen lässt sich bislang der
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