Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
gewachsene Generation von »Kids«, die viele »falsche«, stromlinienförmige Selbstanteile aufweisen und ihre diffuse innere Leere mit einer riesigen Erwartungshaltung füllen. Nicht wenige gebärden sich bereits wie gänzlich entgrenzte Tyrannen. Werfen 13-Jährige mit Sätzen um sich wie: »1.000 Euro, das ist doch läppisch. Das ist doch nicht viel Geld«, oder jetten 16-jährige Mädchen mal so eben über den großen Teich nach New York, um »so richtig Shopping zu machen«, langweilen sich dort und düsen mit einem Inlandsflug umgehend weiter nach Los Angeles, lässt sich erahnen, wie sehr ihr Bezug zur Realität gestört ist. Eltern, die ihre Kinder um jeden Preis zum Erfolg trimmen wollen, erwarten nicht nur, dass ihre Kinder alles tun, um die fremden Erwartungen zu erfüllen. Sie bestehen obendrein noch darauf, dass ihre Kinder ihnen dankbar sind dafür, dass ihnen der rote Teppich zum Erfolg ausgelegt wird. Vollends dramatisch wird es, wenn Kinder und Jugendliche den gewachsenen Druck nicht mehr aushalten und sich mit Cannabis »wegmachen« oder wenn sie trotz aller Bemühungen den »Selbstzweck« der Eltern nicht zu erfüllen vermögen, weil sie entweder von ihren persönlichen Fähigkeiten her dazu gar nicht in der Lage sind oder weil sie rechtzeitig fühlen, dass die Pläne der Eltern für sie mit ihren eigenen Lebenszielen nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.
Kinder, deren Eltern in solchen Fällen in der Lage sind, anzuerkennen, dass ihr vorgegebener Weg ein Weg in die Irre ist, haben Glück. Sie dürfen sich neu orientieren. Leider finden wir auch Mütter und Väter einer geltungssüchtigen, beziehungsarmen Elterngeneration, die unablässig nach oben schielen und so verblendet von ihrer eigenen vermeintlichen »Größe« sind, dass sie von ihrem »Ego-Fucker«-Trip nicht mehr herunterkommen. Sie bleiben auf diesem Trip »hängen«, haben keinerlei Gespür dafür, wie es ihren Kindern eigentlich geht, überschütten vermeintlich »undankbare« Kinder mit Vorwürfen oder setzen sie am Ende sogar vor die Tür. In jedem Fall verwechseln sie materielle Verwöhnung mit Fürsorge. Das Ergebnis ist eine bunt gemischte Generation innerlich verlassener, Cannabis und weitere Drogen gebrauchender junger Männer und Frauen mit gänzlich verschobener Erwartungshaltung, darunter »Elitepunker«, »Straßenkids«, »Emos«, »Depris«, »Grufties«, »Agros«, »Hippe« und sonstige wie »Austern« oder »Cashmere-Babys«. Weil ihnen von Geburt an völlig falsche Erwartungen an das Leben eingepflanzt wurden, gestaltet sich die Arbeit mit ihnen noch weitaus schwieriger als der Kontakt zu Cannabiskonsumenten, die weniger abgehoben in die Welt schauen.
Ich mach dich platt, oder:
Ihr werdet schon sehen,
was ihr davon habt …
In der Legendenbildung wurde Cannabis immer wieder mit Aggression und Gewalt in Verbindung gebracht. In Harry Anslingers Vereinigten Staaten von Amerika wurde Marihuana gar als kriminell und wahnsinnig machendes »Mörderkraut« verschrien. Gesteigerte Aggression und Gewalt widersprechen jedoch eindeutig dem eher beruhigenden und »einlullenden« Wirkungsspektrum von Cannabis. So weit zumindest ein herkömmliches Verständnis von Haschisch und Marihuana als »Besänftiger der Seele«.
Doch geht mittlerweile ein Gespenst um in Deutschland, die gespenstische Tatsache nämlich, dass Mütter wie Väter Angst vor der Gewaltbereitschaft von Kindern haben, der sie nichts entgegenzusetzen wissen. Als Folge wenden sich in der Drogenberatung immer wieder ebenso aufgelöste wie ratlose Eltern an mich, die von Haschisch rauchenden Söhnen erzählen, die sie tätlich angehen, bedrohen, Türen eintreten und ihnen die Schränke oder gleich die ganze Wohnung zertrümmern, wenn sie nichts zu rauchen haben.
Befremdliches Kopfschütteln ruft bei mir folglich hervor, wenn in der Meinungsbildung zu Cannabis nach wie vor beteuert wird, dass es keinerlei Hinweise für eine gesteigerte Aggressionsbereitschaft durch den Konsum des Mittels gebe. Da kann ich derartigen Feststellungen bestenfalls noch zugutehalten, dass die allenthalben veränderten Cannabisrealitäten noch zu neu sind, als dass sie bereits in alle Köpfe Eingang gefunden hätten. Für Praktiker der Suchtarbeit, die tagtäglich mit chronischen Cannabiskonsumenten und deren sozialem Umfeld arbeiten, liegt indes klar ersichtlich ein neues Phänomen auf der Hand: Chronischer, höher dosierter Cannabiskonsum ist unter den Bedingungen veränderter
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