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Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Titel: Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: beltz Verlag
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Monate ging Frau K. durch ein Wechselbad der Gefühle. Sie lernte das charakteristische Hin- und Hergerissensein zwischen extremen Spannungszuständen kennen. Einerseits verspürte sie die heftigsten Befürchtungen, ihr Sohn könnte aus der Familie fallen oder im Extremfall sogar ausgestoßen werden. Andererseits sah sie ihren elterlichen Auftrag darin, ihn unbedingt im Familiengefüge zu halten. Oft war sie nahe daran, ihren Sohn aufgrund seines Verhaltens endgültig und nicht bloß für einige Tage aus der Familie zu weisen. Zu hässlich und unerträglich waren die Szenen bisweilen zu Hause, zumal W. das Spiel auf der Beziehungsklaviatur perfekt beherrschte. Wenn er plausibel klingende Geschichten für sein Verhalten präsentierte, zog er alle Register des trickreichen, trügerischen Spiels, welches Drogengebraucher so perfekt einsetzen, um ihr Umfeld zu täuschen. Frau K. rätselte oft, was wahr war und was ihr eher wie Lug und Trug vorkam:
    »Mein Sohn kam mir vor wie mit allen Wassern gewaschen. Manchmal fand ich ihn nur noch zum Kotzen. Er machte mich traurig und zutiefst wütend zugleich.«
    Gelegentlich ertappte sich Frau K. bei Kontrollstrategien, mit welchen sie ihrem Sohn beweisen wollte, dass er wieder gekifft hatte. Eine Schlüsselsituation, in welcher sie sich selbst beobachten konnte, ließ sie innehalten:
    »›Moment mal. Was mache ich denn da überhaupt? Ich verändere mich ja selbst völlig. Mein Kontrollieren nimmt ein Ausmaß an, das ich nicht mehr steuern kann. So etwas kenne ich doch gar nicht von mir. Ein solches Verhalten entspricht überhaupt nicht meinem Wesen. Das darf ich auf keinen Fall länger zulassen.‹ Das war für mich der Punkt, wo ich anfing, meinem Sohn bestimmte Verantwortlichkeiten zurückzugeben und zu denken, ich kann es so nicht beeinflussen.«
    Frau K. lernte, den verschlagenen Blick ihres Sohnes sowie die übrigen Zeichen im Verhalten richtig zu deuten, und verließ sich in der Beziehung nur noch auf ihre Intuition.
    Neue Enttäuschungen kamen hinzu, als W. auch noch wegen Ladendiebstahls und weiterer Unbedachtheiten die Bekanntschaft der Polizei machte. Auch wenn das alles letztlich recht glimpflich abging, schien Frau K. mehr als einmal am Ende ihrer Kräfte. Die unerträgliche Situation schien nur durch Resignation und die folgerichtige Verbannung ihres Sohnes aus der Familie auflösbar. Frau K. fragte sich fast täglich:
    »›Kann ich W. noch in der Familie halten oder bricht die Beziehung zu ihm ab?‹ Von mir aus hätte ich ihn bestimmt nicht aus der Familie werfen wollen. Aber wenn die Bande der Beziehungen abgebrochen wären, hätte ich W. nicht halten können, und er wäre einfach aus der Familie herausgefallen. Mein Gefühl war aber zum Glück immer, dass meine emotionale Beziehung zu ihm in keinem Moment abgerissen war.«
    Gelegentlich drängte ihr ältester Sohn Frau K. dazu, den zwei Jahre jüngeren Bruder endlich aus der Wohnung hinauszuwerfen. Er hatte Angst vor dessen aggressiven Ausbrüchen. In offenem Widerspruch zu derartigen Forderungen an seine Mutter verhielt sich der älteste Sohn jedoch unvermittelt immer dann, wenn Frau K. ihrem kiffenden Sohn energischst die Grenzen wies. Dann fiel ihr der ältere Bruder in den Rücken und solidarisierte sich plötzlich mit seinem Bruder. Der Jüngste bemühte sich häufiger, ausgleichend zu wirken. Er forderte ein hohes Maß an Zuwendung für sich ein, um wenigstens halbwegs ein Gefühl von Sicherheit zu erlangen. Er wünschte sich öfter, bei seiner Mutter zu schlafen, um Beruhigung für seine Ängste zu finden.
    Als Frau K. sich ans Jugendamt wandte, um für alle Fälle eine Unterbringung von W. in einer Einrichtung der Jugendhilfe zu prüfen, spürte sie ohne jeglichen inneren Restzweifel, dass sie diesen Schritt nicht tun durfte. Ihre innere Stimme gab ihr ein, dass sie ihren Sohn auf gar keinen Fall aus der Familie verweisen würde, weil er dann mit absoluter Gewissheit völlig abstürzen und unter die Räder kommen würde: »In der Jugendhilfe hätte mein Sohn nicht mehr gehabt, was er an emotionalem Halt so dringend brauchte.« Folglich entschloss sich Frau K., unter allen Umständen weiter zu W. zu halten und die schwierige Zeit gemeinsam mit ihm durchzustehen. Es war eine Entscheidung auf der Beziehungsebene, die sie aus ihrem mütterlichen Instinkt heraus traf. Und so vermittelte sie ihre Entscheidung auch ihrem Sohn:
    »Du wirst hierbleiben und wir werden das gemeinsam durchstehen. Ich halte das aus

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