Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
»Dichtung vom Haschisch« wesentlich nüchterner an die Sache heran. Er analysierte die verschiedenen wellenartig anflutenden Wirkungsstadien des Rauschmittels Haschisch. Um seinen »sezierenden« Abstand von der Droge zu verstehen, muss man wissen, dass Baudelaire zur fraglichen Zeit bereits opiumabhängig und folglich mit den leidvollen Begleiterscheinungen eines unkontrollierten Rauschmittelgebrauchs vertraut war. Er geht der »Moral« des Haschischs nach. Vom »Standpunkt einer spiritualistischen Philosophie aus« erscheint es ihm tadelnswert, »die menschliche Freiheit und den unerlässlichen Schmerz zu verringern«, indem ein Mensch die Bedingungen des Lebens nicht annimmt, sondern es vorzieht, über »ein verbotenes Spiel« mit machtvollen Suchtmitteln seine Seele zu verkaufen. Von diesen Gedanken ist es nur ein kleiner Schritt zu den entwicklungspsychologisch und psychotherapeutisch eingebundenen Theorien unserer Tage, welche den Suchtmittelmissbrauch zu erklären versuchen.
So vorübergehend die Episode um den Pariser Zirkel der »Haschischesser« war, so überdauernd sind die von ihm begründeten Mythen um die Wirkungen des Stoffes bis heute. Sie stehen in keinem Verhältnis zur Realität, insbesondere nicht zu der eingeschränkten Bedeutung, die Haschisch zur damaligen Zeit als psychoaktive Substanz hatte. Nur in Griechenland wurde die Droge in größerem Umfang als Rauschmittel genossen. Der Anbau von Cannabis zur Gewinnung von Haschisch war in Griechenland etwa ab Ende des 19. Jahrhunderts verbreitet. Beliebte Konsumstätten waren die »Tekés«, die Cafés für die Haschischraucher in Piräus und Athen. Die Blütejahre des Hanfanbaus sowie der Genuss von Haschisch gingen einher mit der Hochzeit der »Rebetika«-Musik. Etwa 1930/40 flauten der Cannabisanbau und -konsum in Griechenland durch immer schärfere Betäubungsmittelgesetze der griechischen Regierung ab.
Ein dramatischer Bruch im Umgang mit Cannabis erfolgte zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In Amerika und Europa wurden die politische, wirtschaftliche, pharmakologische und gesellschaftliche Bewertung von Cannabis völlig umgedreht. Die Ursachen für diesen gesteuerten Meinungswechsel sind vor allem in den Vereinigten Staaten zu finden. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass das weltweite Verbot von Cannabis von jenem Land gestartet wurde, dessen erste Flagge noch aus einem Hanfstoff gefertigt war.
Die Cannabisprohibition hat ihren ideologischen Ursprung in der hart geführten Auseinandersetzung zwischen Menschen weißer und schwarzer Hautfarbe in Südafrika und stärker noch in den USA. Dort hatte sich bis etwa 1930 das Rauchen von Marihuana stark verbreitet. Kulturell war Marihuana schon länger bei den Mexikanern verwurzelt. Dann wurde es von der schwarzen Bevölkerung in den USA zu ihrer Droge auserkoren. Verbreitet wurde ihr Konsum unter anderem durch die Jazzmusik, lange Zeit als »Negermusik« verschrien. Später hoch angesehene schwarze Jazzmusiker setzten Marihuana manch musikalisches Denkmal. Zu ihnen zählt auch Louis Armstrong, dessen Stimme und Trompete unvergessen sind und der dem verbotenen Kraut eine Liebeserklärung macht: »Ich habe durch Gras eine Menge Schönheit und Wärme erfahren. Das war mein Leben, und ich schäme mich deswegen überhaupt nicht. Mary Warner, mein Liebling, du warst wirklich die Beste.«
Neben rassistischen Gründen für das Cannabisverbot spielten der religiöse Puritanismus sowie mächtige wirtschaftliche Interessen der Textil- und Papierindustrie eine Rolle. Die Baumwollproduzenten und die chemische Industrie, die Papier künftig aus Holz herzustellen gedachte, wollten die Hanffaser vom Markt verdrängen.
Auf der Zweiten Internationalen Opiumkonferenz setzten die USA 1925 in Genf ein internationales Verbot von Cannabis durch. Haschisch und Marihuana sollten in ihrer Gefährlichkeit der Bewertung von Opium, Morphium, Heroin und Kokain gleichgestellt werden. Folglich wurde Cannabis in das seit 1912 bestehende 1. Internationale Opium-Abkommen von Den Haag aufgenommen. Die »Eiferer« in den USA kannten fortan kein Halten mehr. Insbesondere mit einem Namen ist die Cannabishysterie in den USA untrennbar verbunden: mit Harry J. Anslinger, der von 1930–1962 Leiter der zentralen amerikanischen Drogen- und Rauschgiftbehörde war (Bureau of Narcotics). Er erklärte Marihuana zum »Staatsfeind Nummer eins« und startete eine gezielte, systematische Propaganda gegen das Kraut, die modernen Werbekampagnen alle
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