Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
gemacht, den Arbeitsalltag von Drogen- und Suchthilfeeinrichtungen kennenzulernen, um auch die zweifelsfreien Schattenseiten der Droge seiner Wahl zur Kenntnis zu nehmen. Die Probleme mit Cannabis sind nicht wegzudiskutieren, selbst wenn sie nur in die richtige Relation gesetzt angemessen zu bewerten sind. Millionen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen probieren und gebrauchen Cannabis. Wir dürfen es als relativ beruhigend und entlastend ansehen, dass für die weitaus meisten von ihnen der Gebrauch des Rauschmittels nie zu größeren Schwierigkeiten führt. Ihr Haschisch- und Marihuanagenuss ist eine passagere Phase in ihrem Leben, aus der sie unbeschadet oder sogar mit nützlichen Erfahrungen auf dem Weg zum Erwachsenwerden herauswachsen. Trotzdem geraten allzu viele jüngere Menschen in unserer Kultur mit der Droge in eine Sackgasse, aus der sie nur mit Mühe und Hilfe wieder herausfinden. Die Zahl derer, die mit Cannabis ernsthafte Probleme bekommen, lässt sich schwer exakt beziffern. Sie ist aber in jedem Fall zu hoch, um tatenlos zuzusehen, welchen Lebenspreis Kiffer, welche die Droge nicht beherrschen, für ihre Erfahrungen bezahlen müssen.
In diesem Buch ist folgerichtig vorwiegend von denjenigen Haschisch- und Marihuanakonsumenten die Rede, welche der Umgang mit der Rauschdroge in schwerwiegende Nöte bringt. Das sei ausdrücklich betont, damit es nicht zu Missverständnissen kommt. Wer die Droge wirklich genießen kann, braucht sich von den Problematisierungen nur am Rande angesprochen zu fühlen. Er darf aber ruhig weiterlesen, um in Erfahrung zu bringen, wie es kiffenden »Brüdern« und »Schwestern« ergeht, denen die Droge weniger Genuss als Verdruss beschert. Dabei sei er vor allem vor eigenen Größenfantasien und Überheblichkeit auf der Hut.
Was ist das Problem? Selbst dort, wo Cannabis seine Anhänger in arge Bedrängnis bringt, ist die Droge nicht das wirkliche Problem. Hinter ihrem Konsum des Rauschmittels verbergen sich in aller Regel soziale Gründe und innere Motive des Drogengebrauchs, die sich als das eigentliche, tiefer liegende Problem erweisen. Die Hauptverantwortung für den Suchtmittelgebrauch so vieler junger Menschen liegt jedoch bei einer Gesellschaft, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen, sozialen und politischen Gegebenheiten ihre Mitglieder geradezu zum maßlosen Konsumieren nötigt. Wo unsere tiefsten menschlichen Bedürfnisse wie Liebe, Sicherheit, Geborgenheit, Verbundenheit und Beziehung zu uns nahen Menschen sowie Selbstentfaltung in konstruktiver Abgrenzung zu anderen nicht mehr ausreichend befriedigt werden, weichen wir aus in sekundäre Konsumbedürfnisse. Die konsumierende Gesellschaft lebt von der seelischen Not ihrer Mitglieder. Sie kann nur dadurch existieren, und als Gesellschaft der Maßlosigkeit ist sie eine geborene Suchtgesellschaft. Doch die Gesellschaft als solche hat keine Adresse. Bei ihr kann man nicht klingeln. Sie ist anonym. Wir gehören ihr zwar alle an, aber der einzelne Mensch hat wenig bis gar keinen Einfluss mehr auf die vielfältigen Gesellschaftsstrukturen, deren höchstes Organisationsmerkmal die totale Abhängigkeit des »einen vom anderen« ist. Darunter leidet die Zuversicht, mit unserem Handeln etwas Sinnvolles bewegen und erreichen zu können. In meinem Theoriebuch »Der rote Faden in der Sucht« habe ich die Beschädigung unseres wichtigsten Kern- oder Selbstwertgefühls von »Urheberschaft und Wirksamkeit« als die Grundursache der süchtigen Abhängigkeit beschrieben. Wer das Gefühl bekommt: »Ich kann doch nichts mehr tun«, sucht die Rettung seines Selbstwerts an einem anderen Ort. So zwingt letztlich unsere auf grenzenlosen Konsum und dürftige Beziehungen getrimmte Lebensweise zunehmend mehr von Natur aus offene, begabte, kreative und glücksfähige Menschen zum Rückzug in die Welt der Drogen und Süchte. Das ist unser eigentliches Problem. Gesellschaftskritisch zwar weniger bewusst durchdacht, aber aus dem Bauch heraus bestätigt, finden wir das Problem in exakter Entsprechung als dominierendes Lebensgefühl bei zahllosen kiffenden jungen Menschen. So problematisiert schließlich auch Amon Barth, der über sein jahrelanges »Leben als Kiffer« ein lesenswertes Buch geschrieben hat, das sich wie eine Lebensbeichte mit Zukunftsaussichten liest, die ihn umtreibende »Frage, warum die Welt in einem Zustand ist, dass Kiffen für viele so notwendig erscheint«.
Grund zur Sorge?
Eine Welt voller Zahlen,
Daten und harter
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