Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
Cannabiserfahrung scheint extrem gering. Ob er der Realität entspricht, ist mehr als fraglich. Zumindest ist deren Lebenszeitprävalenz von 1,3 % unvereinbar mit Angaben aus älteren Studien zur Epidemiologie des Drogenkonsums bei Schülern. So wiesen beispielsweise in Schleswig-Holstein bei einer Repräsentativbefragung der Landesstelle gegen die Suchtgefahren im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales in den Jahren 1998/99 immerhin 5,1 % der 12- bis 13-Jährigen auf Eigenerfahrungen mit Cannabis hin. Das Alter der Studie ist kein Hinderungsgrund, um auf Widersprüche und Unvereinbarkeiten in den Daten und Rückschlüssen unterschiedlicher Studien zum Drogengebrauch junger Menschen aufmerksam zu machen.
Cannabis ist in jedem Falle über alle Altersstufen verteilt die am häufigsten benutzte illegale Droge in Deutschland. Die Aufschlüsselung nach Altersgruppen in den BZgA-Studien wie in den Epidemiologischen Suchtsurveys des Instituts für Therapieforschung München der Jahre 2005 und 2010 zeigen jedoch, dass die Spitzen des Konsums jeweils zwischen etwa 18 und 29 Jahren liegen. Mit zunehmendem Alter verringert sich der Konsum von Cannabisprodukten zwar stetig. Bezüglich älterer Konsumentengruppen weist der Suchtsurvey von 2005 aber immerhin noch eine Quote von 22,9 % aller aktuellen erwachsenen Cannabisgebraucher aus, die an mindestens 20 Tagen im Monat auf die Droge zugreifen. Insgesamt streuen die Konsummuster zwischen Probierkonsum, gelegentlichem Gebrauch und chronischem Missbrauch breit, bewegen sich aber auf hohem Niveau. Der von der BZgA-Studie 2010 ermittelte Wert von 3,2 % regelmäßiger Cannabiskonsumenten bei den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren entspricht in absoluten Zahlen einer Anzahl von rund einer viertel Million Menschen bundesweit. Dazu kommen ungemein viele jüngere Heranwachsende, die als Dauerkonsumenten von Cannabis täglich oder mehrfach täglich kiffen, häufig auch allein ohne Clique.
Wie kommt es zum Erstkontakt von Kindern und Jugendlichen mit Cannabis? Wiederholte Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bestätigen, dass 97 % der Probierer Haschisch oder Marihuana beim ersten Mal von Freunden, guten Bekannten oder gar eigenen Familienmitgliedern bekommen. Die Cannabisverführung durch den »unbekannten Dritten« findet demnach nicht statt. Sie gehört definitiv ins Reich der Unsicherheit verbreitenden Sagen und Legenden.
Das durchschnittliche Einstiegsalter für die erste Bekanntschaft mit Cannabisprodukten wird in den Drogenaffinitätsstudien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit über 16 Jahren angegeben. Viele Konsumenten geben ihren Experimentiergebrauch von Haschisch und Marihuana nach wenigen Erfahrungen bereits wieder auf. Nicht wenige benutzen Cannabis indes über Monate oder Jahre hinweg. Letzteres macht auf einen eher versteckten Aspekt des Gebrauchs von Cannabis aufmerksam: Eine schwer zu beziffernde Zahl von Erwachsenen, die ich repräsentativ nicht erfasst sehe, nimmt immer mal wieder oder sogar gewohnheitsmäßig Haschisch und Marihuana zu sich. Manche bedienen sich der Mittel bereits seit 20 Jahren und länger und haben nicht die Absicht, ihren Umgang damit zu beenden. Ein Ausstieg aus dem Konsum von Cannabis ist jedoch zu jedem Zeitpunkt möglich, vorausgesetzt, die Person verfügt über die nötige Motivation.
Auf und Ab: Tendenzen
und Trends
Der Vergleich europaweiter Cannabisstudien unterstreicht die gravierend veränderte Tatsache, dass mittlerweile mindestens jeder zweite Konsument von Cannabis über parallele Erfahrungen mit zusätzlichen illegalen Drogen verfügt, vorzugsweise mit Halluzinogenen und Partydrogen wie Ecstasy oder Amphetaminen. Alkohol und Zigaretten sind bei nahezu allen Kiffern selbstverständlich, es sei denn, sie bezeichnen sich als »Protestkiffer«, die Alkohol als Gesellschaftsdroge ausdrücklich ablehnen. Deren Zahl ist allerdings eindeutig im Sinken begriffen, während sich die Tendenz zum Mischkonsum illegaler Rauschmittel in den letzten Jahren deutlich wahrnehmbar verstärkt.
Rein bezogen auf Cannabisprodukte lässt sich für die heutige Situation in Deutschland zusammenfassend festhalten, dass ein Großteil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen mehr oder weniger intensive Eigenerfahrungen mit Haschisch und Marihuana aufzuweisen hat. In manchen Altersstufen erreicht ihr Anteil mit Sicherheit über 40 %.
Der Vergleich europäischer wie nationaler
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