Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
bereits wieder die umgekehrte Richtung. Insgesamt verfestigt sich der regelmäßige Konsum von Cannabis eher, geschlechtsspezifisch bei den jungen Männern stärker als bei den jungen Frauen, wobei auch diese leicht zulegen.
Zu den weniger positiven Nachrichten und Trends gehört auch die Tatsache, dass sich bei einem relativ gleich bleibenden Anteil jugendlicher und junger erwachsener Cannabisgebrauchern die bedenklichen Konsummuster verhärten und in der Konsequenz die Anzahl cannabisspezifischer »Störungen« merklich ansteigt. Junge Männer sind weitaus häufiger betroffen als junge Frauen.
Eine andere,
zweite Wirklichkeit: Ergänzende
subjektive Wahrnehmungen
Jeder Statistik wohnt etwas Reduziertes inne. Wir alle kennen den häufig zitierten Satz: »Trau keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast.« Das ist sicherlich überzogen. Doch ist jedes Abbild der Wirklichkeit nie die Wirklichkeit als solche. Selbst sich noch so sehr um Objektivität bemühende repräsentative Umfragen zum Cannabisgebrauch junger Menschen vermögen nur einen begrenzten Ausschnitt aus deren komplexen Lebensrealitäten zu einem festgelegten Zeitpunkt wiederzugeben. Sogar die Urheber der BZgA-Studie von 2010 räumen ein, dass die Ergebnisse ihrer repräsentativen Cannabisumfrage aufgrund der Fehlerquelle sozial erwünschten Antwortverhaltens eher unter- als überschätzt sind. Wer zudem einen Einblick darin hat, auf welch qualitativ fragwürdige Weise manche Erhebung zustande kommt, kann nur dafür werben, sie mit der gleichen Vorsicht zu genießen wie den Stoff selbst, um den sich alles dreht.
Einigen Daten aus den bislang erwähnten Studien stelle ich aufgrund eigener langjähriger Beobachtungen deshalb ergänzende Praxiserfahrungen gegenüber. Ich tue das auf zweierlei Weise: durch meine eigene subjektive Wahrnehmung aus dem Arbeitsalltag sowie durch Beobachtungen, wie sie junge Menschen selbst aus ihrem Umfeld schildern.
In meiner über 20-jährigen präventiven, beratenden und therapeutischen Arbeit bin ich Tausenden von Jugendlichen, jungen Männern und Frauen, Eltern, Lehrern und Multiplikatorinnen begegnet. Ich habe junge Menschen an allen Orten ihres Alltags getroffen: in Schulen jeglicher Schulform, Jugendfreizeiteinrichtungen, Wohngruppen, Sportvereinen, Betrieben und überbetrieblichen Ausbildungsstätten sowie an ihren informellen Treffs. Bin ich mit ihnen im Gespräch über Rauschmittel und insbesondere Cannabis, macht sich ein breites, bezeichnendes Grinsen auf ihren Gesichtern breit, wenn sie hören, dass etwa zwischen 7 % und 35 % einer bestimmten Altersstufe Haschisch und Marihuana konsumieren sollen. Nicht selten reagieren sie sogar mit ungläubigem Staunen. Nicht etwa, weil sie die Zahl für zu hoch gegriffen halten, sondern aus ihrer eigenen Beobachtung heraus für wesentlich zu niedrig. Wenn sie selber schätzen, wie viele Jugendliche über Erfahrungen mit Cannabisprodukten verfügen, nennen sie spätestens mit 16 bis 17 Jahren in großer Einhelligkeit wesentlich höhere Zahlen, nicht selten zwischen 50 % und 80 %. Standardäußerungen wie: »Das machen doch alle«, sind zwar nicht repräsentativ, doch in der Regel wissen Jugendliche recht genau, was sich in ihrem Umfeld abspielt. In manchen Schulklassen, an bestimmten Standorten oder in Freizeitcliquen, in denen klar festgelegt ist, wer dazugehört und wer nicht, greifen phasenweise nahezu alle männlichen Jugendlichen zu Haschisch oder Marihuana. Diejenigen, die das für ihre Person ablehnen, haben es schwer, ihren Standpunkt zu behaupten. Sie müssen sich gefallen lassen, als »Loser« oder »Weichei« tituliert zu werden. 20 % cannabiserfahrene Jugendliche eines Jahrgangs ab 14 bis 17 Jahren aufwärts sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die absolute Untergrenze. Nach oben ist die Skala offen, wobei 80 % im Durchschnitt ebenso entschieden zu hoch gegriffen sein dürften. Relativ in sich abgeschlossene Cliquen und Gruppen eher männlicher Jugendlicher, bei denen diese Zahl die Realität während einer begrenzten Lebensspanne ziemlich genau trifft, lassen sich allerdings leicht finden.
Solche Aussagen stehen jedenfalls in krassem Gegensatz zu den Feststellungen der BZgA-Cannabisstudie von 2010, dass nur etwa jeder Zehnte der 14- bis 17-jährigen Jugendlichen über eine Eigenerfahrung mit Cannabis verfüge und gar nur 0,9 % der Altersgruppe regelmäßig Haschisch oder Marihuana konsumiere. Möglicherweise scheuen wir uns nur,
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