Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
derartige Selbsteinschätzungen nützlich für eine Prognose. Wer selbst den Eindruck hat, dass ihm die Kontrolle über den Gebrauch von Cannabis entglitten ist, bringt in der Regel eine größere Eigenmotivation auf, an dieser Situation etwas zu verändern. Das belegen unter anderem die Aussagen zahlreicher Kiffer zu ihren Versuchen, Cannabis entweder unter Kontrolle zu halten oder die uneingeschränkte Kontrolle darüber wiederzugewinnen.
Die größte Herausforderung im Cannabisgebrauch so vieler junger Menschen liegt darin, dass sie es überhaupt für nötig befinden, ihr Leben mit den durch die Rauschdroge hervorgerufenen Erlebnissen anzureichern. Bis heute war und ist unsere Kultur nicht in der Lage, auf diese eigentliche Herausforderung auch nur annähernd angemessen zu reagieren. Mit ihrem Versagen gegenüber »dem Hunger nach Drogen« stellt sie sich täglich aufs Neue ihr eigenes Armutszeugnis aus.
Im Rahmen eines Jugendwettbewerbs zum Thema »Cannabis« hat sich eine 14 Jahre alte Schülerin um solche tieferen Entstehungsursachen von süchtiger Abhängigkeit intensive Gedanken gemacht. Mit wachen Sinnen betrachtet sie ihre Umgebung und gibt auf originelle Weise wieder, was sie wahrnimmt. Mithilfe eines von ihr gezeichneten Cannabis-»Mandalas« und dessen Deutung erfasst sie intuitiv das Wesen der Sucht, das immer etwas mit der Verwirrung von Gefühlen zu tun hat:
»Das irre Gefühl, das Gefühl, übermächtig zu sein, lässt die riesigen Sorgen und Probleme mit einem Mal schrumpfen und als ferne Erinnerungen am Wegrand zurück. Das Glück auf diesem neuen, unbekannten Weg scheint unendlich, genauso wie das leichte Gefühl, das einen umgibt.
Bis sich die überwältigende Kraft Schritt für Schritt auflöst, Schatten wirft. Bis man auf einmal Sorgen und Probleme am Wegrand entdeckt. Bis man plötzlich merkt, dass man im Kreis gelaufen ist. Bis der Rausch nachlässt und die Probleme unaufhörlich zu wachsen scheinen. Man wehrt sich, weigert sich, die Wahrheit anzunehmen. Man kann nicht anders, muss an diesen wunderschönen Ort zurück, egal, wie hoch der Preis ist. Man denkt nicht mehr nach, überlegt nicht mehr, folgt nur noch dem inneren Zwang, der die Erlösung zu sein scheint. Man ist an einem Punkt angekommen, von dem man ohne fremde Hilfe nicht mehr wegkommt. Er hält einen gefangen und stiehlt einem die letzte Lebensenergie.
Wenn man bei solch einer Hilflosigkeit angelangt ist, wird man oft in ein falsches Licht gestellt, von der Familie verstoßen, von den Mitmenschen verachtet. Doch jetzt ist es wichtig, zu helfen, dem Abhängigen eine neue Chance zu geben, denn nicht umsonst haben wir Gefühle wie Hass, Trauer, Verzweiflung, Sehnsucht, Hilflosigkeit, Freude, Liebe, Angst und viele mehr …«
Zur Chancennutzung schreibt mir eine Abiturientin, die Jahre mit Cannabis verbracht hatte, als »Erfolgskontrolle« unserer Entwicklungsarbeit: »Mir ist einfach noch mal klar geworden, dass ich lieber mit klarem Kopf durchs Leben gehe. Länger kiffen will ich auf keinen Fall, das hindert mich zu sehr am Leben.«
Konsumentengruppen
zwischen Stillstand
und Wandel
Den Kiffer gibt es nicht. Die Konsummuster und Rauchgewohnheiten von Cannabisgebrauchern sind überaus individuell und verändern sich im Lauf der Zeit. Doch wie überall versucht man auch in der Cannabisforschung, aufgrund der Lebenslage, der Sozialisation oder persönlicher Eigenheiten von Kiffern Gruppen von Cannabiskonsumenten zu beschreiben, die sich in den Grundzügen ähneln. Wirklich objektive Kategorien gibt es für eine solche Einteilung jedoch nicht. Es gibt sicher die Gruppe der Probierer, der Gelegenheitskonsumenten und der gewohnheitsmäßigen Dauerkonsumenten. Letztere lassen sich wiederum unterteilen in die regelmäßigen oder gar exzessiven Kiffer mit Problemen und diejenigen, für die ihr Gewohnheitskonsum von Haschisch und Marihuana ohne Folgeschwierigkeiten bleibt. Der Aussagewert jeglicher »Schubladen« für Kiffer ist allerdings relativ begrenzt. So manchem will der ihm zugedachte Anzug gar überhaupt nicht passen. Persönlich möchte ich einige Kiffertypen vorstellen, die mir in der Realität von Prävention, Beratung und Therapie immer wieder begegnen.
Die neugierigen Probierer
und die Experimentierer
Die neugierigen Probierer von Haschisch und Marihuana werden zusammen mit den Experimentierern gern in einen Topf geworfen. Das ist allerdings wenig ratsam, da es sich bei den beiden Gruppen um völlig verschiedene
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