Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
Vom Netzwerk:
sehen, sogar wochenlang nach der Hochzeit noch nicht, aber eines Abends, als er ins Badezimmer ging, nichtsah nend, da war der Spiegel beschlagen von Wasserdampf, und Janice stand da, benommen und glücklich, sie war gerade aus der Wanne gestiegen und hatte ein kleines blaues Handtuch in der Hand und schämte sich gar nicht, und ihr Hintern war glänzend und rosig vom heißen Wasser, merkwürdig, wie Frauen in zwei Hälften geteilt sind, und sie drehte sich um und beugte sich zu ihm und lachte über sein Gesicht, was immer drin zu lesen stand, und sie legte die Arme um ihn und küßte ihn, ein Dampfhauch lag auf ihrem Körper, und ihr Nacken war naß und glatt. Rabbit legt sich ein bißchen besser zurecht und kehrt zurück zu den dunklen Gründen seiner Erinnerung: ihr Nacken naß und glatt, die Mulde in ihrem Rücken weich und fügsam, und beide, sie und er, lagen auf den Knien. Verrenkungen, die dann nie mehr waren. Sein Schienbein stößt gegen den Türgriff, und der Schmerz mischt sich auf merkwürdige Weise mit dem Zusammenprall von Metall gegen Metall drüben in der Autospenglerei. Die Arbeit hat angefangen. Acht Uhr? Rabbit krümmt sich und richtet sich auf, das Jackett rutscht in seinen warmen Schoß, und durch die fleckige Windschutzscheibe sieht er auf einmal Tothero, wie er die Straße hinuntergeht. Er hat das alte Bauernhaus schon erreicht. Rabbit springt aus dem Wagen, zieht das Jackett über und rennt hinter ihm her. «Mr. Tothero! Hallo, Mr. Tothero!» Seine Stimme klingt schuppig und rostig, weil er sie so viele Stunden nicht gebraucht hat.
    Der Mann dreht sich um; er sieht müder aus, als Rabbit erwartet hat. Ein kleinwüchsiger Mann mit einem großen, erkahlenden Kopf. Er hat schon gespielt, als Basketball noch ein Spiel für schnelle Burschen war. Man könnte denken, sein Körper verjünge sich nach unten hin: dieser mächtige Kopf und der schwere karierte Sportmantel und dann Stum melbeine in blauen Hosen, die zu lang sind, so daß die Aufschläge in Ziehharmonikafalten auf den Schuhen stehen. Rabbit bremst seinen Laufschritt und geht die letzten Schritte und hat Angst, daß er einen Fehler gemacht hat.
    Aber Tothero sagt genau das Richtige. «Harry», sagt er, «der große Harry Angstrom.» Eine Hand streckt er Harry zum Einschlagen hin, mit der andern umschließt er Harrys Arm und drückt herzhaft zu. Rabbit fällt ein, daß Tothero immer die Hände auf einem gehabt hat. Tothero steht einfach da, hält ihn fest und sieht ihn an mit schiefem Lächeln und gekrümmter Nase, ein Auge weit offen, das andere schwerlidrig. Sein Gesicht ist mit den Jahren immer schiefer geworden. Er wird nicht gleichmäßig kahl: straff gebürstete graue und blaßbraune Strähnen ziehen sich über seinen Schädel.
    «Ich brauche Ihren Rat», sagt Rabbit, und dann verbessert er sich: «Nein, was ich wirklich brauche, das ist ein Platz zum Schlafen.»
    Tothero schweigt einen Augenblick, bevor er antwortet. Das ist seine große Stärke, dies Schweigen vor einer Antwort. Andere sind eifrig drauf bedacht, unverzüglich zu reagieren, und das wirkt so, als seien sie ständig in Verwirrung, aber Tothero beherrscht den Pädagogen-Trick, einen Augenblick zu warten. Als ob er sich alles durch den Kopf gehen lasse. Das gibt ihm große Nachdrücklichkeit. Schließlich fragt er: «Was ist los bei dir zu Hause?»
    «Bei mir zu Hause – das hat sich irgendwie aufgelöst.»
    «Wie meinst du das?»
    «Es hat nicht mehr funktioniert. Ich bin weggelaufen. Wirklich, ich bin weggelaufen.»
    Wieder eine Pause, Rabbit zieht seine Augen zusammen gegen das Sonnenlicht, das vom Asphalt zurückprallt. Sein linkes Ohr tut weh. Die Zähne auf der Seite fühlen sich so an, als ob sie auch gleich zu schmerzen anfangen würden.
    «Das hört sich nicht unbedingt nach erwachsenem Benehmen an», konstatiert Tothero.
    «Es war alles so ein Sauhaufen die letzte Zeit.»
    «Wieso Sauhaufen?»
    «Ich weiß nicht. Meine Frau trinkt.»
    «Und hast du versucht, ihr zu helfen?»
    «Natürlich. Aber wie?»
    «Hast du mit ihr getrunken?»
    «Nein, nie. Ich kann das Zeug nicht ausstehen, ich vertrag nicht mal den Geruch.» Er sagt das bereitwillig, ist stolz, seinem alten Trainer melden zu können, daß er mit seinem Körper kein Schindluder getrieben hat.
    «Das hättest du vielleicht tun sollen», meint Tothero nach einer Weile. «Wenn du dies Vergnügen mit ihr geteilt hättest, vielleicht hätte sie ihre Sucht dann unter Kontrolle bekommen können.»
    Rabbit ist

Weitere Kostenlose Bücher