Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
Vom Netzwerk:
ein notorischer Bettheld gewesen.
    «Ich bin nicht sicher», sagt sie, ziemlich selbstgefällig aber.
    «So'n Kleiner mit struppigem Haar. Hat ein bißchen gehinkt.»
    «Nein, ich weiß nicht», sagt sie. «Ich glaube nicht.» Sie geht erfreu lich geschickt mit den Stäbchen um, ihre eine Hand liegt mit aufwärts gekehrter Innenfläche in ihrem Schoß. Er liebt die Art, wie sie ihren Kopf beugt und ihr kräftiger, simpler Nacken sich vorreckt und die breiten Sehnenbänder an ihren Schultern sich straffen dabei, wenn sie irgend etwas zum Mund führen will. Sie nimmt die Happen mit großer Geschicklichkeit zwischen die Stäbchen; merkwürdig, wieviel Zartheit schwergliedrige Frauen haben. Margaret schaufelt den Teller mit ihrem stumpfen, verbeulten Silberbesteck leer.
    «Wir haben nicht gewonnen», wiederholt Tothero und ruft: «Herr Ober!» Als der Kellner kommt, bestellt Tothero noch eine Runde.
    «Halt, für mich nichts mehr, danke», sagt Rabbit. «Mir reicht schon das, was ich vor mir habe.»
    «Sie sind einfach ein großes Kind, das sauber bleiben will, nicht wahr, Sie?» sagt Margaret. Sie kann sich immer noch nicht seinen Namen merken.
    O Gott, er haßt sie.
    «Um drauf zurückzukommen, was ich vorhin sagen wollte: das, was mir wirklich geholfen hat», sagt Rabbit zu Tothero, «ist, daß Sie mir beigebracht haben, beim zweihändigen Schuß den Ball auf die Finger spitzen zu nehmen. Das ist tatsächlich das ganze Geheimnis: den Ball ganz nach vorn auf die Hand zu bekommen, da, wo man dies schöne leichte Gefühl hat. Dann flutscht er nur so weg.» Seine Hände zeigen, wie es gemacht wird.
    «O Harry», sagt Tothero traurig, «du konntest schießen, als du zu mir kamst. Ja, das konntest du von Anfang an. Alles, was ich dir beigebracht habe, ist der Wille zum Sieg. Der Wille zur Leistung.»
    «Sie wissen, was mein bestes Spiel war», sagt Rabbit. «Mein bestes Spiel waren nicht diese vierzig Punkte damals gegen Allenville, sondern eines in meinem Junior-Jahr; wir fuhren in den äußersten Winkel des Distrikts, ganz früh in der Saison, irgendsoeine komische kleine Klipp schule war da, ungefähr hundert Schüler in den sechs Klassen – wie hieß der Ort noch? Bird's Nest? Irgendsowas Ähnliches. Sie müssen es wissen.»
    «Bird's Nest?» sagt Tothero. «Nein.»
    «Ich glaube, das war das einzigemal, daß wir gegen sie ein Spiel angesetzt hatten. So 'ne komische kleine viereckige Turnhalle, wo die Zuschauer auf der Bühne untergebracht waren. Der Name hatte eine bestimmte Bedeutung; merkwürdig, daß er mir nicht einfällt.»
    «Bird's Nest», sagt Tothero. Die Sache beunruhigt ihn. Er greift sich ständig ans Ohr.
    «Oriole!» schreit Rabbit plötzlich voll Freude. «Oriole! So 'ne klei ne, weitläufige Stadt war das, und die Saison fing gerade erst an, darum war es noch ziemlich warm draußen, und vom Bus aus sah man diese komischen Getreidehocken, die wie Wigwams in den Feldern standen. Und die Schule selber roch irgendwie nach Apfelmost. Ich weiß noch, Sie machten Witzchen darüber. Sie haben mir gesagt, ich soll nicht so aufgeregt sein, wir wären rein zur Übung hier und sollten bloß nicht versuchen, die andern – na ja – in Grund und Boden zu donnern.»
    «Dein Gedächtnis ist besser als meins», sagt Tothero. Der Kellner kommt zurück, und Tothero nimmt ihm das Glas vom Tablett weg, bevor der noch Gelegenheit hat, es ihm hinzustellen.
    «So», sagt Rabbit. «Wir kommen also dahin, und da lungern diese fünf Bauern rum, und wir kriegen auf Anhieb fünfzehn Punkte, und ich nehme das Ganze als Spaß. Und auf der Tribüne sitzen höchstens ein paar Dutzend Zuschauer, es handelt sich nicht um ein Liga-Spiel, also ist es gar nicht wichtig, und ich habe auf einmal das komische Gefühl, daß ich alles tun kann, einfach rumlaufen, den Ball weiterbefördern, und ganz plötzlich weiß ich, versteht ihr, weiß ich, daß ich alles tun kann. In der zweiten Halbzeit mache ich vielleicht zehn Schüsse, und jeder geht rein, nicht so, daß der Ball vom Korbrand abprallt und dann reinfällt, er berührt den Korb überhaupt nicht, es ist, als ob ich Steine in einen Brunnen fallen lasse. Und diese Bauerntrampel, die Blut und Wasser schwitzen beim Spiel gegen uns, haben nicht mehr als zwei Ersatzleute, aber wir sind ja nicht in ihrer Liga, so ist es ihnen auch ziemlich egal, und der eine Schiedsrichter, der da ist, lehnt sich einfach über die Tribünenplanke rüber und redet mit ihrem Trainer. Oriole High-School. Ja, und

Weitere Kostenlose Bücher