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Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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nur.»
    Er lauscht. Aber das leise Bumsen, das er eben auch gehört hat, wiederholt sich nicht. «Ich hab gedacht, das Balg schläft», sagt sie.
    «Sind Sie Babysitter hier?»
    «Ich bin die Ehefrau», sagt sie und setzt sich mitten auf das weiße Sofa, wie zum Beweis.
    Er setzt sich in einen Ohrensessel ihr gegenüber. Der hübsche Pol sterstoff fühlt sich an wie weicher Sand unter seinen nackten Armen. Er trägt ein kariertes Sporthemd und hat die Ärmel bis zum Ellenbogen hochgekrempelt. «Oh, verzeihn Sie», sagt er. Natürlich. Ihre nackten übereinandergeschlagenen Beine haben hier und da bläuliche Flecken: Krampfadern. Ihr Gesicht ist jetzt, da sie sitzt, nicht mehr so jung wie vorhin an der Tür. Ein Doppelkinn, wenn sie den Kopf entspannt zurücklehnt. Immerhin noch ganz appetitlich. Harte kleine Brüste.
    102
    «Wie alt ist Ihr Kind?» fragt er.
    «Zwei Kinder. Zwei Mädchen, eins und drei.»
    «Ich hab einen Jungen, zwei ist er.»
    «Ich hätte gern einen Jungen», sagt sie. «Zwischen den Mädchen und mir gibt es einen Persönlichkeitskonflikt, wir sind uns zu ähnlich. Wir wissen genau, was im andern vorgeht.»
    Mag ihre eigenen Kinder nicht! Rabbit ist schockiert: so was ist nun Frau eines Geistlichen. «Was sagt denn Ihr Mann dazu?»
    «Oh, Jack findet es herrlich. Er findet es zu schön, daß die Frauen sich um ihn reißen. Sein kleiner Harem. Ich glaube, ein Junge würde ihn erschrecken. Fühlen Sie sich bedroht?»
    «Nicht vom Jungen, nein. Er ist doch erst zwei.»
    «Das fängt schon früher an als mit zwei Jahren, glauben Sie mir. Der sexuelle Antagonismus beginnt praktisch bei der Geburt.»
    «Das habe ich nicht bemerkt.»
    «Um so besser für Sie. Ich nehme an, Sie sind ein primitiver Vater. Ich bin der Meinung, Freud ist Gott ähnlich. Sie bestätigen mich in dieser Meinung.»
    Rabbit lächelt, er denkt, daß Freud irgend etwas zu tun hat mit der Silbertapete und dem Aquarell über Mrs. Eccles’ Kopf, das einen Palazzo zeigt und einen Kanal. Klasse. Sie fährt sich mit den Fingerspit zen an die Schläfen, lehnt den Kopf zurück, schließt die Augen und seufzt durch dicke, offenstehende Lippen. Es durchfährt ihn: sie sieht in diesem Augenblick wie eine feinkörnige Ausgabe von Ruth aus.
    Eccles’ dünne Stimme, die seltsam geweitet klingt in diesem Haus, schreit die Treppe herunter. «Lucy! Joyce steigt zu mir ins Bett!»
    Lucy öffnet die Augen. «Hören Sie?» sagt sie stolz zu Rabbit.
    «Sie behauptet, du hast gesagt, sie darf!» Die Stimme greint weiter, dringt durch Treppengeländer, Wände und Tapetenschichten.
    Mrs. Eccles erhebt sich und geht zur Tür. Die orangefarbenen Shorts sind hinten zerknautscht vom Sitzen. Sie geben den größten Teil der ovalen Schenkelrückseiten frei. Die weißer sind als das Sofa; der rosa Hauch, der vom Sitzen stammt, verblaßt auf der Haut. «Ich hab ihr nichts dergleichen gesagt!» ruft sie hinauf, indes sie mit der einen hellen Hand die Shorts runterzieht an den Beinen und den Stoff glattstreicht über dem zerknautschten, aber wohlgestalten Hosenboden. Auf die rechte Hälfte ist mit schwarzem Faden eine Tasche geheftet. «Jack», fährt sie fort, «du hast Besuch! Ein sehr großer junger Mann, der sagt, du hättest ihn herbestellt!»
    Als von ihm die Rede ist, steht Rabbit auf, tritt hinter sie und sagt: «Zum Golfspielen.»
    «Zum Golfspielen!» echot sie gellend.
    «Ach du meine Güte!» kommt es leise von oben, und dann ruft Eccles laut: «Hallo, Harry! Ich komme gleich runter.»
    Ein Kind plärrt: «Mammi hat es doch auch gemacht! Mammi hat es doch auch gemacht.»
    «Hallo!» erwidert Rabbit.
    Mrs. Eccles wendet mit auffordernder Geste den Kopf. «Harry –?»
    «Angstrom.»
    «Was machen Sie, Mr. Angstrom?»
    «Tja, ich bin sozusagen arbeitslos.»
    «Angstrom. Natürlich. Sind Sie nicht der Mann, der verschwunden ist? Der Schwiegersohn von den Springers?»
    «Genau der», sagt Rabbit smart, und ohne sich etwas dabei zu denken, gleichsam in einem Reflex auf ihre Bewegung – kaum hat er seine Antwort gegeben, dreht sie sich wieder von ihm weg auf diese schnippisch-spröde Art –, klatscht er ihr klatsch! aufs Hinterteil. Nicht heftig natürlich, nur ein leichter Klaps, vorwurfs- und liebevoll zugleich gemeint, wohlplaziert auf die Tasche.
    Hastig dreht sie sich um und bringt ihr Hinterteil in Sicherheit. Ihre Sommersprossen stechen scharf wie Nadelspitzen aus ihrem entsetzensbleichen Gesicht. Sie bekommt eine Gänsehaut, so sehr wallt ihr das

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