Hasenherz
stürzt in den Sonnenschein hinaus, auf Nelson zu. Der Junge schreckt zurück vor ihm. Eccles packt ihn. «Hat der Hund dich gebissen?»
Der Junge hört auf zu weinen, als der schwarze Mann nach ihm greift; dieser neue Schrecken lähmt ihn.
«Hat Elsie dich gebissen?»
Der Fosnacht-Junge hält sich in sicherer Entfernung. Nelson ist unerwartet kompakt und feucht in Eccles’ Arm, schweres, verebbendes Keuchen entringt sich ihm, und dann kommt ihm allmählich die Stim me wieder.
Eccles schüttelt ihn, um die Gefahr abzuwenden, die dies lange Jammern bedeuten kann, und im wilden Bemühen, sich verständlich zu machen, bückt er sich schnell nieder und drückt seine Zähne in die Wange des Kindes. «Hat er so gemacht? Hat der Hund so gemacht?»
Der Junge ist fasziniert von diesem Schauspiel. «So gemacht», sagt er, und seine kleinen Lippen ziehen sich von den Zähnen weg, und seine Nase legt sich in Falten, und sein Kopf ruckt einen Zoll weit zur Seite.
«Nicht gebissen?» beharrt Eccles und lockert den Griff seiner Hände.
Der Junge zieht die Lippe abermals hoch wie ein niedliches Raubtier chen, als lege er damit die ganze köstliche Geschichte dar. Eine kaum wahrnehmbare Koboldhaftigkeit sprüht ihm aus dem Gesicht, die Eccles an Harry erinnert; er fühlt sich zum besten gehalten.
Wieder spült eine Welle des Schluchzens in Nelson hoch, und er reißt sich los und stolpert die Verandastufen hinauf, zur Großmutter. Eccles richtet sich wieder auf; in dieser kleinen Weile, die er auf dem Boden gehockt hat, ist sein Rücken unter dem schwarzen Stoff schweißnaß geworden in der Sonne.
Er steigt zur Veranda hinauf und denkt an die winzigen eckigen Zähne, die sich in nachgeahmtem bösen Knurren entblößt haben, und diese Erinnerung hat etwas verwirrend und durchdringend Rührendes für ihn. Diese Arglosigkeit bei so viel Instinkt! Der Instinkt des Kätz chens freilich, das Garnknäuel zu töten mit seinen wolligen Pfoten.
Er tritt wieder auf die Veranda und findet den kleinen Jungen zwi schen den Beinen der Großmutter, sein Gesicht vergraben an ihrem Bauch. Das Kind hat ihr, als es sich zu ihrer Wärme hindrängte, das Kleid hochgeschoben und ihre Knie in ihrer ganzen Breite und Blässe schutzlos bloßgelegt; Eccles muß daran denken, wie der Junge vorhin mutig seine Zähnchen gefletscht hat, und wie sein eigenes Blut kann er die Milch fühlen, die entstünde, wenn das alte Weiß der Frauenknie durch dies feine Zahnsieb gepreßt würde. Energisch – als sei Mitleid nicht, wie man ihn gelehrt hat, ein hilfloser Aufschrei, sondern eine mächtige Flut, die allen Unrat fortspülen und jeden Winkel der Welt reinwaschen kann – macht er einen Schritt vorwärts und spricht zu den beiden gesenkten Köpfen hinunter: «Kommt er immer noch nicht zurück, wenn sie das Baby hat, dann werden wir das Gesetz in Anspruch nehmen. Natürlich gibt es Gesetze, eine ganze Anzahl sogar.»
«Elsie schnappt nach euch», sagt Mrs. Springer, «weil du und Billy sie ärgern.»
«Böse Elsie», sagt Nelson.
«Böser Nelson», korrigiert Mrs. Springer. Sie hebt ihr Gesicht zu Eccles hinauf und fährt im selben korrigierenden Ton fort: «In einer Woche wird's wohl soweit sein, aber ich habe nicht das Gefühl, daß er sich sehn läßt.»
Der Augenblick, da er Sympathie für sie empfunden hat, ist vorüber. Er läßt sie allein auf der Veranda. , ruft er sich ins Gewissen. Mrs. Springers Stimme tönt ihm nach, als er das Haus durchquert: «Wenn Oma dich noch ein einziges Mal dabei er wischt, daß du Elsie ärgerst, dann zieht sie dir die Hosen stramm.»
«Nein, nein, Oma!» bettelt der Junge zimperlich, nun, da der Schrecken sich gelegt hat.
Eccles hat gedacht, er würde auf seinem Weg durchs Haus die Küche finden und ein bißchen Wasser trinken können, gleich aus dem Hahn, aber er verfehlt die Küchentür in diesem Durcheinander von Zimmern. Er arbeitet sich einen Mundvoll Spucke zusammen und schluckt sie runter, als er das Stuckhaus verläßt. Er steigt in seinen Buick und fährt durch die Joseph Street und ein Stück in die Jackson Road hinein, bis zum Haus der Angstroms.
Mrs. Angstrom hat viereckige Nasenlöcher. Genauer gesagt, sie sind rautenförmig, und die Nase dazu ist nicht so sehr groß als vielmehr von höchst ungewöhnlicher Bauart. Die einzelnen Muskel- und Knorpel -und Knochenpartien treten alle einzeln hervor und unterteilen die Hautoberfläche in viele Facetten unter dem harten Licht.
Weitere Kostenlose Bücher