Hastings House
Hastings House.”
“Bist du verrückt? Du wärst heute beinahe gestorben!”
“Aber nur beinahe. Und jetzt geht es mir wieder gut. Ich bin inzwischen auf dem Weg zum Hastings House. Kommst du hin?”
“Okay. Ich werde vor dir da sein.”
Er behielt recht.
Als das Taxi anhielt, saß er zusammen mit Melissa auf der Veranda.
Beide liefen sofort zu ihr, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Es dauerte zwanzig Minuten, und es kostete sie mehr Energie, als sie aufbringen konnte, bis sie Melissa davon überzeugt hatte, dass es ihr gut ging. Dann endlich konnte sie mit Brad in den Keller gehen, um ihm die Wand und die Knochen dahinter zu zeigen. Sie präsentierte ihm die Unterlagen aus der Bibliothek und erklärte ihm, was er tun sollte.
Daraufhin sah er sie an, als habe er Angst vor ihr. “Verdammt, so langsam wird das Ganze unheimlich.”
“Brad, ich habe mich mit der Geschichte dieses Hauses beschäftigt. Es wird funktionieren.”
Er schüttelte den Kopf. “Du willst, dass ich so tue, als wäre ich mit einer Spitzhacke ins Hastings House gekommen und hätte eine Kellerwand eingerissen, weil ich wusste, ich würde da Knochen finden?”
Irritiert trat sie einen Schritt nach hinten.
Ja, das war genau das, was sie wollte.
“Ähm …”
“Du bist zu gut in diesen Funden, und es wird jetzt wirklich unheimlich”, ließ er sie wissen.
“Bitte, Brad.”
Er verschränkte die Arme vor der Brust. “Und was meint Wonder Boy dazu?”
“Wonder Boy?”
“Joe.”
“Sei nicht albern”, ermahnte sie ihn.
“Tut mir leid. Vermutlich bin ich eifersüchtig.”
“Er ist ein guter Freund.”
“Das bin ich auch.”
“Ich weiß, Brad.”
“Sorry, aber was meint er dazu? Macht es ihn nicht auch schon etwas nervös?”
“Worauf willst du hinaus?”
“Ich kann nicht so tun, als wäre ich an all deinen Funden beteiligt – vor allem dann nicht, wenn noch jemand außer uns die Wahrheit kennt.”
Sie begann zu lachen. “Ich weiß, dass es dir nichts ausmacht. Du willst bloß nicht ertappt werden.”
“Ja, das kommt hin”, gab er zu und musste plötzlich selbst lachen. “Okay, ich gebe es ja zu, ich liebe es, Lob zu kassieren. Aber ich habe mich nicht darum verdient gemacht.”
“Ich will gar kein Lob. Ich möchte nur, dass … dass die Dinge geregelt werden. Hör zu, ich weiß, wer diese Frau ist. Sie wurde von ihrem Ehemann ermordet, der dann behauptete, sie sei mit einem anderen Mann durchgebrannt. Wir müssen die Wahrheit ans Licht bringen.”
Einen Moment lang schwieg er und stand mit gesenktem Kopf da. “Also gut. Du hast dich mit den Aufzeichnungen befasst und mich dazu überredet, das Gleiche zu tun. Und dann sind wir dank unserer Logik auf die Vermutung gekommen, dass er die Tote im Keller eingemauert hat. Wir beweisen, wer sie ist, und dann wird sie mit allem üblichen Drumherum beigesetzt. Als ob das nach all den Jahren noch etwas zu bedeuten hätte.”
“Es bedeutet durchaus etwas”, beteuerte Leslie.
Er seufzte. “Na gut. Morgen werden wir eine Erklärung abgeben und veranlassen, dass die Knochen geborgen werden. Ich beschaffe einen Reporter und einen Priester … einen episkopalen? Wissen wir das?”
“Wir müssen davon ausgehen. Zu der Zeit war New York zum größten Teil episkopal.”
“Die Gruft, die du entdeckt hast, ist jetzt vollständig abgestützt. Laymon kann es kaum erwarten weiterzumachen. Und jetzt wirst du noch bekannter als je zuvor. ‘Sie hat das zweite Gesicht, und sie hat einen Deckeneinsturz
und
einen Unfall in der U-Bahn überlebt.’ Die Leute werden über dich reden.”
“Komm schon, Brad.”
“Das ist nicht einfach so dahingesagt, Leslie.
Genau so
werden die Leute reden.”
Sie seufzte leise. “Hilf mir einfach, okay?”
“Ich werde mein Bestes tun. Falls du mit deinen übersinnlichen Wahrnehmungen noch besser wirst, kannst du ja mal die richtigen Lottozahlen vorhersagen.”
“Ich habe ein paar Knochen gefunden, Brad. Keine Reichtümer.”
“Ja, aber arbeite wenigstens dran, einverstanden?” Er sah sie aufgebracht an, dann packte er sie, zog sie an sich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. “Verdammt, Leslie. Ich mag dich, aber jetzt wirst du langsam etwas …
unheimlich.”
“Vielen Dank, Brad.”
“Das war nicht abwertend gemeint, ehrlich nicht.”
“Klar, ich bin unheimlich, aber in einem echt positiven Sinn, nicht wahr?”
Er grinste sie an. “Nein, du bist unheimlich gut”, versicherte er ihr. “Also schön, ich mache mich dann
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