Hastings House
anstatt putzen zu gehen.”
“Heidi, ich hatte nicht vor, Ihnen zu irgendetwas zu raten. Wirklich nicht. Ich bin nur für alles dankbar, was Sie mir sagen können.”
Sie lehnte sich nach hinten und wirkte recht unfreundlich. “Ja, genau. Weil diesmal ein reiches Mädchen verschwunden ist. Deswegen haben Sie Interesse.”
“Heidi, ich wurde damit beauftragt, nach diesem reichen Mädchen zu suchen. Ich hoffe, ich kann gleichzeitig dafür sorgen, dass nicht noch mehr Frauen spurlos verschwinden, egal wie reich oder arm sie sind.”
Nicht zu vergessen Mimic”, warf Didi ein.
Heidi machte eine flüchtige Geste. “Wenn der sich so richtig schick machte, war Mimic das schönste Mädchen, das ich je gesehen habe. Ich möchte wetten, er wurde aus Versehen entführt.” Sie starrte Joe feindselig an. “Sie sind tot, nicht wahr? Sie sind alle tot. Und soll ich Ihnen mal was sagen? Ich habe der Polizei erzählt, dass Betty in eine schwarze Limousine eingestiegen und dann verschwunden ist. Aber die Cops meinen, sie wäre erst
danach
verschwunden. Dabei gibt es niemanden, der sie nach mir noch gesehen hat. Warum will eigentlich kein Mensch glauben, dass reiche Typen pervers sein können? Diese Arschlöcher suchen nach irgendeinem Loser, einem Junkie … irgendeiner armen Sau.”
“Heidi, Sie können mir glauben, dass die Cops nicht so dumm sind, wie es manchmal scheint. Eine Zeit lang haben sie Polizistinnen verdeckt auf die Straße geschickt, wie Sie sicher wissen.”
Sie seufzte und nickte langsam. “Ja, das ist wahr. Nur, wenn diese Frauen auf der Straße waren, habe ich den Wagen nicht gesehen. Aber … Augenblick mal!” Sie hielt inne und sah Joe mit großen Augen an. “Ich kenne Sie!”
“Ja?”
“Sie sind tot. Ich habe Ihr Foto in der Zeitung gesehen.”
“Das war mein Cousin. Er war oft in der Zeitung, er schrieb eine Kolumne. Letztes Jahr kam er bei der Explosion im Hastings House ums Leben.”
“Hastings House?”, wiederholte Heidi.
“Wissen Sie etwas über das Hastings House?”
Sie zuckte betrübt mit den Schultern. “Nein, aber ich kann mich daran erinnern, dass Betty davon sprach, wie gern Genevieve zu der Party letztes Jahr gehen wollte. Die Party, bei der es zu der Explosion kam. Sie erzählte, dass die hochnäsige Freundin ihrer Tante die Party veranstaltete. Doch sie wollte nicht um eine Einladung betteln, dabei kam sie doch ständig an dem Haus vorbei.”
Joe schwieg verblüfft. Was diese neue Erkenntnis zu bedeuten hatte, wusste er zwar noch nicht, aber zumindest war es eine Verbindung – wenn auch nur eine hauchdünne.
Eine Verbindung, die vielleicht gar nichts zu sagen hatte.
Viele Leute gingen an historischen Stätten vorbei – manche von ihnen sogar jeden Tag, wenn sie zur Arbeit hetzten. Sie nahmen gar nichts von dem wahr, was sich links und rechts von ihnen befand. Andere wiederum liebten es, Gebäude zu betrachten, die eine Geschichte hatten.
“Verstehe”, sagte er schließlich. Was er verstanden haben wollte, wusste er allerdings selbst nicht so richtig.
“Heidi, weißt du sonst noch was?”, fragte Didi an seiner Stelle.
“Ich glaube nicht …” Plötzlich hellte sich ihre Miene auf. “Ich habe noch Bettys Sachen. Dieser Mistkerl von Vermieter hat einfach alles in den Flur geworfen. Ich hab es an mich genommen, falls sie wiederkommt. Sie können sie sich ansehen. Falls Sie das interessiert, meine ich.”
“Das würde ich gern.”
“Aber wie gesagt: Es wimmelt da von Kakerlaken.”
“Wenn ich welche sehe, werde ich sie für Sie totschlagen. Kommen Sie, lassen Sie uns gehen.”
Leslie blieb im Krankenhaus – für ganze zwei Stunden. Dann entließ sie sich selbst, sammelte ihre Sachen zusammen und stellte dabei fest, dass ein Dutzend Nachrichten auf ihrem Mobiltelefon auf sie wartete. Eine davon kam von Brad, den sie sofort anrief, sobald sie das Gebäude verlassen hatte. Diesmal würde sie ein Taxi nehmen und nicht wieder mit der U-Bahn fahren. Jedenfalls nicht heute.
Er meldete sich nach dem ersten Klingeln und überschüttete sie mit Fragen. Was war ihr zugestoßen? Warum hatte sie niemanden gebeten, ihn anzurufen? Ging es ihr gut? Er war außer sich, dass er von dem Vorfall aus den Nachrichten erfahren musste. Wie konnte sie ihm bloß so etwas antun?
“Brad, jetzt übertreibst du.”
“Ach ja? Erinnerst du dich daran, dass du mich angerufen hast, weil du dich mit mir am Nachmittag treffen wolltest?”
“Und das will ich immer noch. Im
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