Hasturs Erbe - 15
„Die Comyn machen Fehler, aber wissen sie nicht über uns und unsere Welt viel mehr, als es die Terraner jemals können?”
„Ich bin mir nicht sicher”, entgegnete ich. „Willst du sie denn weiterhin an der Macht sehen, wie sie unser aller Leben kontrollieren und korrupten Menschen wie Dyan Ämter verleihen?” „Nein, das will ich nicht”, sagte er. „Niemand will das. Aber wenn Leute wie du und ich - du hast gesagt, ich könnte einen Sitz im Rat bekommen, wenn ich will -, wenn also Leute wie du und ich im Rat säßen, könnten schlechte Menschen nicht tun, was sie wollten, oder? Dein Vater ist ein guter Mensch, aber wie du sagtest, kann Dyan in seinen Augen keinen Fehler begehen. Aber wenn du einen Sitz im Rat hättest, würdest du anders darüber denken, stimmt’s?”
„Was ich will”, sagte ich langsam, mit unterdrückter Heftigkeit, „ist, nicht dazu gezwungen zu sein, einen Sitz im Rat einzunehmen oder all die verdammten anderen Sachen tun, die die Comyn von mir verlangen.”
„Wenn es den guten Menschen wie dir egal ist”, entgegnete Danilo, „wer bleibt dann noch übrig außer den schlechten, die niemand will?”
Darin lag ein Körnchen Wahrheit. Aber ich sagte leidenschaftlich: „Ich habe andere Fähigkeiten, und ich meine, ich kann den Leuten besser auf andere Art dienen. Das genau versuche ich zur Zeit, nämlich jedermann auf Darkover zu nützen. Ich versuche nicht, die Comyn zu stürzen, Dani, nur einem jeden die Wahl zu geben. Meinst du nicht, daß dies ein lohnenswertes Ziel ist?
Er sah hilflos aus. „Das kann ich nicht beurteilen”, sagte er. „Ich bin noch nicht einmal daran gewöhnt, mich nun als Telepathen zu betrachten. Ich weiß nicht, was ich tun soll.” Er sah mich mit jenem sonderbaren, vertrauensvollen Blick an, der mich irgendwie an meinen Bruder Marius denken ließ. Wenn es nun Marius wäre, der hier vor mir stand, begabt mit Laran, würde ich ihn zu überzeugen versuchen, sich der Sharra zu stellen? Ein kalter Schauder rann mir den Rücken herab, und ich zitterte, obwohl es wann im Zimmer war. Ich sagte: „Kannst du mir denn vertrauen?”
„Ich möchte es gern”, entgegnete er. „Du hast mich niemals angelogen oder mir weh getan. Aber ich glaube, ich kann keinem Aldaran trauen.”
„Werden deine Gedanken immer noch von den Schulgespenstern beherrscht?” fragte ich. „Glaubst du, sie alle sind verdammenswerte Renegaten, weil sie seit langem mit den Comyn im Streit liegen? Du hast auch Gründe, den Comyn zu mißtrauen, Danilo.”
„Stimmt”, sagte er. „Aber kann ich jemandem vertrauen, der mich erst einmal kidnappt und meinen Vater zu Tode erschreckt? Wenn er zu mir gekommen wäre und mir erklärt hätte, was er vorhat und daß ihr beide, er und du, denkt, meine Gabe könne von Nutzen sein, dann meinen Vater gebeten hättet, mir zu gestatten, euch zu besuchen …”
Zum Teufel, Dani hatte recht. Was war in Beltran gefahren, sich so zu verhalten? „Wenn er mich um Rat gefragt hätte, hätte ich ihm genau das vorgeschlagen.”
„Ja, ich weiß”, meinte Dani. „Du bist, wie du bist. Aber wenn Beltran nicht so anders ist, wie kannst du ihm dann vertrauen?”
„Er ist mein Verwandter”, antwortete ich hilflos. „Was erwartest du von mir für eine Antwort? Ich denke, sein Eifer ist mit ihm durchgegangen. Er hat dir nicht weh getan, oder?” Dani wurde wütend. „Du redest genauso, wie dein Vater wohl über Dyan geredet hat.” Es war nicht das gleiche. Ich wußte es, konnte aber von Dani nicht erwarten, daß er es verstand. Schließlich sagte ich: „Kannst du hier nicht mal von der Persönlichkeit absehen, Dani? Beltran hatte unrecht, aber was wir vorhaben, ist so ungeheuer, daß es die Leute vielleicht gegenüber kleineren Zielen blind macht. Oder wartest du darauf…” - und ich sprach zögernd, boshaft, um ihm zu zeigen, wie zynisch es klang - „… daß die Comyn dir das bessere Angebot machen?”
Er errötete heftig und zeigte sich tief getroffen. Ich hatte weder seine Intelligenz noch seine Sensitivität überschätzt. Er war noch ein Kind, aber der Mann würde eine wertvolle Person mit ausgeprägter Integrität und starkem Ehrgefühl sein. Ich hoffte von ganzem Herzen, er würde unser Verbündeter.
„Danilo”, sagte ich, „wir brauchen dich. Die Comyn haben dich unverdientermaßen entehrt. Wieviel Loyalität schuldest du ihnen?”
„Den Comyn schulde ich nichts”, sagte er ruhig. „Aber ich bin versprochen und habe meinen Dienst geschworen.
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