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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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versuchen .
    Ich ging in mein Zimmer, um es zu holen und machte mir bereits Vorwürfe, mich auf ein solch wahnsinniges Experiment eingelassen zu haben. Es bedeutete einfach zuviel für ihn. Ich erwog die Möglichkeit, ihm eine beruhigende Dosis zu geben, eine, die ihn sicher bis zum Morgen betäuben oder schläfrig machen würde. Doch die Wirkung von Kirian kann man nicht so genau voraussagen. Die Dosis, die die eine Person zum Schlafen bringt wie ein Murmeltier, verwandelt die andere in einen rasenden Berserker mit Tobsuchtsanfallen und Halluzinationen. Immerhin, ich hatte es versprochen. Ich würde ihn nun nicht enttäuschen. Doch würde ich sichergehen und ihm nur die Minimaldosis geben, wie wir es mit fremden Technikern auf Arilinn gemacht hatten. Kirian in so kleiner Menge konnte ihm nicht schaden.
    Ich maß ihm ein paar Tropfen in ein Weinglas ab. Er schluckte es, zog eine Grimasse und setzte sich dann auf eine der Steinbänke. Nach einer Minute bedeckte er die Augen. Ich beobachtete ihn aufmerksam. Eines der ersten Anzeichen war die Öffnung der Pupillen. Nach ein paar Minuten begann er zu zittern. Er lehnte sich gegen die Steinbank, als fürchte er umzufallen. Seine Hände waren kalt. Ich nahm seine Handgelenke leicht zwischen die Finger. Normalerweise hasse ich es, Menschen zu berühren. Das ist immer so bei Telepathen, außer bei großer Intimität. Bei der Berührung öffnete er die Augen und flüsterte: »Warum bist du wütend, Lew?«
    Wütend? Interpretierte er meine Angst um ihn als Wut? Ich sagte: »Nicht wütend, nur besorgt um dich. Mit Kirian spielt man nicht. Ich versuche nun, dich zu erreichen. Kämpfe nicht dagegen an, wenn es geht.«
    Sanft versuchte ich, mit seinen Gedanken in Kontakt zu treten. Dazu wollte ich die Matrix nicht einsetzen. Unter Kirian könnte ich es zu heftig versuchen und ihm Schaden zufügen. Zuerst spürte ich Übelkeit und Verwirrung – das war die Droge –, dann eine tödliche Erschöpfung und körperliche Spannung, wahrscheinlich von dem langen Ritt, und schließlich ein überwältigendes Gefühl von Einsamkeit und Verlassenheit, worauf ich mich verzweifelt abwenden wollte. Zögernd riskierte ich einen intensiveren Kontakt …
    … und traf auf eine perfekte, feste Verteidigung, eine leere Wand. Nach einem Augenblick versuchte ich es stärker. Die Gabe der Altons war erzwingbare Verbindung, selbst mit Nontelepathen. Er wollte es, und wenn ich es ihm geben konnte, könnte er möglicherweise Schmerz aushalten. Er stöhnte, und etwas rührte sich in seinem Kopf, als schmerze ihn etwas. Möglicherweise war ich es. Die Gefühle verwischten immer noch alles andere. Jawohl, er hatte das Laran -Potential. Doch er hatte es blockiert. Vollständig blockiert.
    Ich wartete einen Moment und dachte nach. Es war nicht sonderlich ungewöhnlich. Manche Telepathen verbringen ihr ganzes Leben so. Es gibt keinen Einwand dagegen. Telepathie war, wie ich ihm gesagt hatte, kein reiner Segen. Doch gelegentlich löste es sich langsam und sicher auf. Ich wich in die äußeren Sphären seines Bewußtseins zurück und fragte, nicht mit Worten: Vor welchem Wissen hast du Angst, Regis? Wehre es nicht ab. Versuche, dich zu erinnern, welches Wissen du nicht ertragen kannst. Es gab eine Zeit, als du dies bewußt konntest. Versuche dich zu erinnern …
    Es war das falsche. Er hatte meinen Gedanken empfangen. Ich fühlte die Antwort – eine Muschel, die zuschnappte, eine empfindliche Pflanze, die sich um den Blütenkelch schließt. Er rang die Hände aus meinen Fingern, bedeckte wieder die Augen und murmelte: »Mein Kopf tut weh. Mir ist übel. Mir ist so übel …«
    Ich mußte mich zurückziehen. Er hatte mich wirksam ausgestoßen. Möglicherweise hätte eine gut ausgebildete Bewahrerin ihren Weg durch den Widerstand erzwingen können, ohne ihn zu töten. Doch ich konnte es nicht. Ich hätte die Barriere niederreißen und ihn zwingen können, dem entgegenzutreten, was er dort versteckt hatte, doch dabei hätte er auch gänzlich zerbrechen können, und ob man ihn jemals wieder hätte zusammenflicken können, war zweifelhaft.
    Ich fragte mich, ob er einsah, daß er sich dies selber angetan hatte. Einem solchen Wissen entgegenzutreten war ein schmerzhafter Prozeß. Zu jenem Zeitpunkt war die Errichtung der Barriere wohl die einzige Möglichkeit gewesen, seinen Verstand zu retten, selbst wenn es den Wahnsinnspreis erforderte, sein gesamtes Psi-Potential damit abzublocken. Meine eigene Bewahrerin hatte es

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