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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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mir am Beispiel der Kreatur erklärt, die hilflos in der Falle sitzt, sich die gefangene Pfote abnagt und Lahmheit dem Tod vorzieht. Manchmal gab es viele Schichten bei einer solchen Barriere.
    Die Barriere oder Hemmung konnte sich eines Tages von selbst auflösen und sein Potential freigeben. Zeit und Reife halfen da eine Menge. Es konnte auch sein, daß er sich eines Tages in tiefer Intimität und Liebe frei davon finden würde. Oder – auch das erwog ich – diese Barriere war für sein weiteres Leben bei Verstand absolut notwendig, was bedeutete, daß sie bleiben würde, und wenn man sie zerbräche, bliebe ihm nicht genug, um weiterzuleben zu können.
    Ein Katalysatortelepath hätte ihn möglicherweise erreichen können. Doch in diesen Tagen wurden die verschiedenen Psi-Kräfte der Comyn aufgrund von Inzucht, wahllosen Heiraten mit Nontelepathen und des Verschwindens der alten Möglichkeiten, solche Anlagen zu stimulieren, nicht mehr richtig vererbt. Ich war zwar der lebende Beweis, daß die Gabe der Altons manchmal noch in Reinform erschien. Doch allgemeiner gesehen konnte niemand das Netz von Talenten sortieren. Die Gabe der Hasturs – niemand wußte, was es war, selbst auf Arilinn haben sie es mir nicht gesagt – kann ebenso in den Aillard- oder Elhalyn-Domänen auftauchen. Bei den Ardais hatte es einst Katalysatortelepathen gegeben. Dyan war sicherlich keiner! So weit mir bekannt war, gab es keinen lebenden mehr.
    Lange Zeit später, so schien es mir, rührte sich Regis, rieb sich die Stirn, öffnete die Augen und blickte immer noch mit diesem schrecklich suchenden Ausdruck. Die Droge wirkte noch in ihm – dieser Zustand würde noch Stunden andauern –, doch begann er nun, kurze, bewußte Intervalle zu erleben. Seine unausgesprochene Frage war völlig klar. Ich mußte bedauernd den Kopf schütteln.
    »Tut mir leid, Regis.«
    Ich hoffe, niemals wieder werde ich derartige Verzweiflung in einem jungen Gesicht sehen. Wenn er zwölf Jahre alt gewesen wäre, hätte ich ihn in den Arm genommen und versucht, ihn zu trösten. Doch er war kein Kind mehr, und ich war es ebensowenig. Sein verschlossenes, verzweifeltes Gesicht hielt mich auf Abstand.
    »Regis, hör mir zu«, sagte ich ruhig. »Wenn es dir nützt – das Laran ist da. Du hast das Potential, was zumindest bedeutet, daß deine Kinder es haben werden.« Ich zögerte, weil ich ihn nicht noch mehr verletzen wollte, indem ich ihm sagte, daß er sich die Barriere selbst zugefügt habe. Warum sollte ich ihm weh tun?
    Ich sagte: »Ich habe mein Bestes getan, Bredu . Aber ich konnte es nicht erreichen. Die Barrieren waren zu stark. Bredu , sieh mich nicht so an«, flehte ich ihn an. »Ich kann es nicht ertragen, wenn du mich so ansiehst.«
    Seine Stimme war kaum vernehmbar. »Ich weiß. Du tatest dein Bestes.«
    Hatte ich das wirklich? Zweifel überfielen mich. Ich fühlte mich übel durch die Intensität seines Elends. Ich versuchte, wieder seine Hand zu ergreifen, zwang mich, seinen Schmerz im Kopf mitzufühlen, nicht vor ihm zurückzuweichen. Doch er entzog sich mir, und ich ließ ihn los.
    »Regis, hör mir zu. Es spielt keine Rolle. Vielleicht war es zu Zeiten der Bewahrerinnen eine schreckliche Tragödie für einen Hastur, wenn er kein Laran hatte. Aber die Welt verändert sich. Die Comyn verändern sich auch. Du wirst woanders Stärke finden.«
    Ich spürte beim Aussprechen die Nutzlosigkeit meiner Worte. Wie war es bloß, ohne Laran? War es wie ohne Augenlicht, ohne hören zu können …? Doch wenn man es nie gekannt hat, konnte man doch nicht unter dem Mangel leiden!
    »Regis, du hast so viele andere Dinge zu bieten. Deiner Familie, der Domäne, der Welt. Und deine Kinder werden es erben …« Wieder nahm ich seine Hände und versuchte ihn zu trösten, doch er zuckte zurück.
    »Zandrus Hölle, hör auf!« sagte er und wand seine Hände aus der meinen. Er nahm seinen Umhang, der auf dem Steinsitz lag und lief aus dem Raum.
    Ich stand wie erstarrt unter dem Schock über seine Heftigkeit und rannte dann entsetzt hinter ihm her. Himmel! Er stand unter Drogen, ihm war übel und ihm war verzweifelt zumute. Er durfte doch nicht einfach so wegrennen! Man mußte auf ihn aufpassen, sich um ihn kümmern, ihn trösten, doch ich kam zu spät. Als ich zu der Treppe kam, war er bereits in den labyrinthischen Fluren jenes Flügels verschwunden, und ich hatte ihn aus den Augen verloren.
    Stundenlang rief ich nach ihm und suchte ihn, bis mir vor Erschöpfung schwindlig

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