Hasturs Erbe
Gebäude hatte viele Tore, es war leicht, unbeobachtet hinauszuschlüpfen.
Er fand sich wieder in einer dämmrigen Straße im Morgengrauen, die durch dichtgedrängte Häuser den Berg hinabführte. Er war hochgradig angespannt durch die Schlaflosigkeit nach dem langen Ritt gestern, doch der anregende Effekt des Kirian wirkte nach, und er fühlte sich nicht schläfrig. Hunger war schon etwas anderes, doch er hatte Geld dabei und war sicher, bald an einem der Gasthäuser vorbeizukommen, wo die Arbeiter vor Beginn ihrer Tätigkeit zu essen pflegten.
Dieser Gedanke erregte und reizte ihn wegen seiner Ungewöhnlichkeit. Er konnte sich nicht erinnern, jemals in seinem Leben vollständig allein gewesen zu sein. Immer war irgend jemand dagewesen, ihn zu bedienen, ihn zu schützen, ihm jeden Wunsch zu erfüllen: Kinderfrauen und Ammen, als er klein war, Diener und sorgfältig ausgesuchte Gespielen, als er älter wurde. Später gab es die Brüder im Kloster, wenn sie auch eher seine Wünsche verwarfen als erfüllten. Dies hier würde ein Abenteuer werden.
Er fand ein Gasthaus neben einer Schmiede und ging hinein. Der Raum war nur schwach mit Harzkerzen beleuchtet, doch es roch gut nach Essen. Kurz verspürte er Angst, daß man ihn erkennen könnte, doch was konnten sie schon mit ihm tun? Er war alt genug, allein umherzugehen. Außerdem würde man beim Anblick des blausilbernen Umhangs denken, er sei einer der Diener der Hasturs.
Die Männer an den Tischen waren Schmiede und Stallburschen, die heißes Bier, Jaco oder warme Milch tranken und Essen zu sich nahmen, das Regis noch nie weder gerochen noch probiert hatte. Eine Frau nahm Regis Bestellung entgegen. Sie blickte ihn nicht an. Er bestellte heißen Nußbrei und warme Gewürzmilch. Sein Großvater, dachte er mit Befriedigung, hätte einen Anfall bekommen.
Er bezahlte das Mahl und aß langsam, denn er spürte noch die Restwirkung der Droge, die beim Essen langsam verschwand. Als er hinausging, fühlte er sich besser. Jetzt war es heller, wenn auch die Sonne noch nicht aufgegangen war. Als er den Hügel hinabging, traf er auf wenig vertraute Häuser von fremdartiger Form und aus merkwürdigen Materialien. Er hatte offensichtlich die Grenze zur Handelsstadt überschritten. In der Ferne konnte er den Wasserfall hören, jenes Geräusch, das ihn so aufgeregt hatte. Er mußte schon in der Nähe des Raumhafens sein.
Man hatte ihm einiges über den Raumhafen auf Darkover erzählt. Darkover, das fast keinen Handel mit dem Imperium trieb, befand sich in einer einzigartigen Position zwischen dem oberen und unteren Spiralarm der Galaxis, ungewöhnlich günstig gelegen als Drehscheibe für den interstellaren Verkehr. Trotz der selbstgewählten Isolation von Darkover landeten daher ungeheure Mengen von Raumschiffen für Umsteiger, Reisende, Personal und Fracht auf ihren Wegen zu anderen Sternen auf diesem Planeten. Sie landeten ebenfalls zur Reparatur, Proviantversorgung und für Ruhepausen in der Handelsstadt. Die meisten Terraner hielten sich strikt an das Abkommen, das ihre Bewegungsfreiheit auf die eigenen Gebiete beschränkte. Es hatte ein paar Heiraten zwischen ihnen gegeben, ein wenig Handel, geringe, sehr geringe Importe von terranischen Maschinen und Technologie. Die Darkovaner limitierten dies sehr streng, und jeder Gegenstand wurde vom Rat sorgfältig geprüft, bevor er freigegeben wurde. In den Städten gab es ein paar lizensierte Matrix-Techniker; ein paar waren sogar hinaus ins Imperium gegangen. Die Terraner, so hatte er gehört, waren hinter der Matrixtechnologie von Darkover her und hatten in den alten Zeiten komplizierte Pläne entwickelt, einige ihrer Geheimnisse zu enthüllen. Er kannte keine Einzelheiten, doch Kennard hatte ihm ein paar Geschichten erzählt.
Er zuckte zusammen, als er merkte, daß die Straße vor ihm von zwei sehr großen Männern in fremdartigen schwarzen Uniformen versperrt wurde. An ihren Gürteln hingen eigenartige Waffen, die, wie Regis mit einem Kitzel des Entsetzens merkte, Sprengköpfe oder Nervengaspatronen sein mußten. Seit dem Zeitalter des Chaos waren solche Waffen auf Darkover verboten, und Regis hatte noch niemals – außer als Antiquität in Museen – eine gesehen. Diese hier waren keine Museumsstücke. Sie wirkten tödlich bedrohlich.
Einer der Männer sagte: »Du mißachtest die Sperrstunde, Schätzchen. Bis alles vorbei ist, dürfen Frauen und Kinder von Sonnenuntergang bis eine Stunde nach Sonnenaufgang nicht auf die
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