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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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die Blutsnähe von Verwandten. Es ist auch nicht richtige Liebe. Kein sexuelles Bedürfnis. Es ist, wie wenn man ohne Haut lebt. Man ist doppelt so empfindlich. Es ist anders als alles andere.«
    Regis’ Augen blickten fasziniert. Rauh sagte ich: »Romantisiere es aber nicht. Es kann wundervoll sein, jawohl. Aber es kann auch zur reinen Hölle werden. Oder beides auf einmal. Man lernt, die Distanz zu halten, einfach um zu überleben.«
    Durch den Nebel seiner Gefühle spürte ich nur das Fragment eines Gedankens. Ich versuchte, meine Wahrnehmung von ihm so gering wie möglich zu halten. Er war einfach zu verletzlich. Er fühlte sich verlassen, zurückgewiesen und allein. Ich konnte nicht umhin, dies aufzunehmen. Doch ein Junge seines Alters würde es für Schnüffelei halten.
    »Lew, die Gabe der Altons ist die Fähigkeit, eine Verbindung zu erzwingen. Wenn ich nun Laran habe, kannst du es herbeirufen, es zum Funktionieren bringen?«
    Ich sah ihn wütend an. »Dummkopf. Weißt du nicht, daß ich dich so umbringen könnte?«
    »Ohne Laran zählt mein Leben nur wenig.« Er war so angespannt wie ein Bogen. Ich konnte versuchen, was ich wollte, aber ich konnte mich diesem schrecklichen Hunger in ihm nicht verschließen, daß er Teil der einzigen Welt sein wollte, die er kannte, und nicht auf so verzweifelte Weise von seinem Erbe abgeschnitten.
    Dies war auch mein dringliches Verlangen. Ich hatte es, wie mir schien, Zeit meines Lebens gefühlt. Doch neun Monate vor meiner Geburt hatte mein Vater es für mich unmöglich gemacht, daß ich gänzlich zu seiner Welt und mir selber gehörte.
    Mit dieser quälenden Erkenntnis haßte ich meinen Vater, wenn ich ihn auch gleichzeitig zutiefst liebte. Haßte ihn, weil er mich zum Bastard gemacht hatte, gemischtrassig, fremd, nirgendwo zugehörig. Ich ballte die Fäuste und wandte den Blick von Regis ab. Er hatte, was ich niemals haben würde. Er gehörte voll zu den Comyn, durch Blut und Gesetz, legitimiert …
    Und dennoch litt er ebenso wie ich. Würde ich Laran aufgeben, um legitim, akzeptiert, zugehörig zu werden?
    »Lew, versuche es doch wenigstens!«
    »Regis, wenn ich dich umbringe, werde ich des Mordes schuldig sein.« Sein Gesicht wurde weiß. »Angst? Gut. Es ist eine wahnsinnige Idee. Gib es auf, Regis. Nur ein Katalysatortelepath kann es sicher bewerkstelligen, und das bin ich nicht. Soweit ich weiß, gibt es heutzutage keine Katalysatortelepathen mehr. Laß es doch sein.«
    Regis schüttelte den Kopf. Er zwang die Worte über die trockenen Lippen. »Lew, als ich zwölf Jahre alt war, hast du mich Bredu genannt. Es gibt niemand anderen, den ich darum bitten könnte. Es ist mir gleich, ob es mich tötet. Ich habe gehört …« – er schluckte schwer- »… daß Bredin einander verpflichtet sind. War es nur ein Wort, Lew?«
    »Es war kein bloßes Wort, Bredu «, murmelte ich, und sein Schmerz quälte mich. »Aber da waren wir Kinder. Und das hier ist kein Kinderspiel, Regis, es geht um dein Leben.«
    »Glaubst du etwa, das wüßte ich nicht?« Er stammelte. »Es ist mein Leben. Immerhin kann es einen Unterschied bringen zu dem Leben, das ich nun führe.« Seine Stimme brach. » Bredu …« sagte er wieder und schwieg dann, und ich wußte, da er nicht weiterreden konnte, ohne zu weinen.
    Dieser Appell machte mich hilflos. Ich konnte tun, was ich wollte, jenes hilflose, erstickte » Bredu …« hatte meinen letzten Widerstand gebrochen. Ich wußte, daß ich tun würde, was er wollte. »Ich kann nicht das tun, was mit mir getan wurde«, sagte ich ihm. »Das ist ein spezieller Test für die Alton-Gabe – die erzwingbare Verbindung –, und nur ein richtiger Alton kann ihn überstehen. Mein Vater hat es einmal versucht, in vollem Wissen, daß es mich töten könnte, und auch nur dreißig Sekunden lang. Wenn ich die Gabe nicht voll geerbt hätte, wäre ich gestorben. Die Tatsache, daß ich nicht starb, war der einzige Beweis für den Rat, mich nicht länger zurückweisen zu können.« Meine Stimme zitterte. Selbst noch nach zehn Jahren dachte ich nicht gerne daran. »Dein Blut, deine Legitimation wird nicht in Frage gestellt. Du brauchst dieses Risiko nicht auf dich zu nehmen.«
    »Du hast es aber doch auch gewollt.«
    Das stimmte. Die Zeit glitt vorbei, und wieder stand ich vor meinem Vater. Er berührte meine Schläfen. Wieder die Erinnerung an das Entsetzen, an den zerreißenden Schmerz. Ich hatte zugestimmt, weil ich den Zorn meines Vaters teilte, das schreckliche

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