Hasturs Erbe
sah die Flammen dünner werden und verschwinden. Sie waren niemals dort gewesen. Es war der Widerschein der Kohlen von unserem Hochzeitsfeuer, das gespenstische Halblicht um uns her. Marjories Gesicht war das letzte Feuerzeichen. Zitternd flüsterte sie: »Lew, was war das?«
»Du weißt es.« Ich zögerte, den Namen auszusprechen. »Kadarin. Und Thyra. Sie arbeiten direkt mit dem Schwert. Zandrus Hölle, Marjorie, sie versuchen, es auf die alte Weise zu benutzen, nicht mit einem von einer Bewahrerin kontrollierten Zirkel von Telepathen in einem richtigen Energonring – und selbst so ist sie unkontrollierbar, wie wir herausgefunden haben –, sondern mit einem einzigen Telepathen, der die rohen Emotionen aus einer Gruppe unausgebildeter Schüler zieht …«
»Ist das nicht entsetzlich gefährlich?«
»Gefährlich? Das ist kein angemessenes Wort. Würdest du einen Waldbrand entfachen, um dir ein Essen zu kochen? Würdest du ein Drachenfeuer schüren, um dir ein Kotelett zu braten oder deine Stiefel zu trocknen? Ich wünschte mir, glauben zu können, daß sie nur sich allein und sonst niemanden umbringen würden!«
Ich schritt neben dem kalten Feuer auf und ab und lauschte unruhig dem tobenden Sturm. »Und ich kann nicht einmal Arilinn warnen!«
»Warum nicht, Lew?«
»So dicht an … an Sharra … funktioniert meine Matrix nicht«, sagte ich und versuchte zu erklären, auf welche Weise Sharra kleinere Matrizes überlagerte.
»Wie weit reicht die Wirkung, Lew?«
»Wer weiß? Vielleicht über den ganzen Planeten. Ich habe noch nie mit etwas gearbeitet, das so stark war. Es gibt keine Präzedenzfälle.«
»Aber wenn es bis nach Arilinn reicht – merken dann die Telepathen dort nicht, daß etwas nicht stimmt?«
Mein Gesicht hellte sich auf. Das konnte unsere einzige Hoffnung sein. Plötzlich taumelte ich, und sie ergriff meinen Arm.
»Lew, du bist erschöpft! Ruh dich aus bei mir, Liebling.« Ich warf mich schwindlig und verzweifelt neben sie. Ich hatte noch nicht einmal von meinen anderen Ängsten gesprochen, nämlich daß ich, der ich Sharra verschworen gewesen war, wieder in diesen Kanal gezogen werden könnte, in jenes wilde Feuer, jene Höllenschlucht, wenn ich meine eigene Matrix benutzte …
Sie wußte es, ohne daß ich es aussprach. Sie flüsterte: »Ich kann fühlen, wie es nach uns greift … Kann es uns zurückziehen, in sich hinein?« Entsetzt umklammerte sie mich. Ich drehte mich um und zog sie an mich, hielt sie mit wilder Kraft und kämpfte gegen eine fast unbezähmbare Begierde an. Und das entfachte in mir eine Höllenangst. Ich sollte erschöpft, ausgelaugt, unfähig für die leichteste sexuelle Regung sein. Das war zwar frustrierend, aber auch normal, und ich war seit langem damit zurechtgekommen.
Aber diese wilde Lust – und es war reine Lust, ein hassenswertes, dunkles, animalisches Gefühl ohne Liebe und Wärme – brachte meinen Puls zum Rasen, ließ mich nach Luft ringen und dagegen ankämpfen. Es war zu stark. Ich ließ es aufwallen und mich überwältigen, fühlte das Feuer in meinen Adern wie brennendes Götterblut. Ich bedeckte ihre Lippen mit meinem Mund, fühlte, wie sie schwach dagegen ankämpfte. Und dann ergriff uns beide das Feuer.
Das ist die einzige Erinnerung an Marjorie, die nicht schön ist. Ich nahm sie ungezügelt, ohne jede Zärtlichkeit, und versuchte, die brennende Lust in mir zu befriedigen. Sie kam mir mit gleicher Heftigkeit entgegen und haßte es genauso. Wir waren beide von wilder, unkontrollierbarer Leidenschaft gefangen. Es war heftig und tierisch – nein, nicht tierisch! Tiere begegnen sich anders, getrieben nur von dem Lebensinstinkt, ohne Wissen um dunkle Lust. Es lag keine Unschuld darin, keine Liebe, nur rohe Gewalt, unstillbar, ein Abgrund der Hölle! Es war die Hölle, all das von der Hölle, was wir beide je erfahren würden. Ich hörte sie hilflos schluchzen und wußte, daß auch ich weinte, weinte aus Scham und Selbsthaß. Als es vorbei war, konnte keiner von uns Schlaf finden.
21
Selbst in Nevarsin, dachte Regis, hatte es niemals so heftig und auch nicht so andauernd geschneit. Zögernd suchte sich sein Pony den Weg, folgte den Spuren von Danilos Reittier, wie man es ihm als Bergpferd beigebracht hatte. Wieder schneite es.
Er hätte ja nichts dagegen gehabt, dachte er, nichts gegen den Ritt, die Kälte oder den wenigen Schlaf, wenn er richtig hätte sehen und sein Gleichgewicht halten können.
Die Schwellenkrankheit war immer
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