Hasturs Erbe
reicht es nicht, das Feuer die ganze Nacht in Gang zu halten, aber sicher können wir uns ein Essen damit kochen.«
Regis seufzte. »Ich komme mit und helfe dir.« Er öffnete mühsam die Tür zu dem dämmrigen schneeigen Licht. Die Welt tanzte verschwommen vor seinen Augen, und er klammerte sich an die Tür.
»Regis, laß mich gehen. Dir geht es nicht gut.«
»Es geht schon.«
»Verdammt!« Plötzlich wurde Danilo wütend. »Wann hörst du endlich auf, mir den Helden vorzuspielen? Was zum Teufel soll ich machen, wenn du hinfällst und nicht wieder hochkommst? Es ist viel leichter, ein Bündel Zweige zu schleppen, als dich durch den Schnee zu zerren. Bleib bitte hier, ja?«
Den Helden spielen. So sah Danilo also seine Anstrengungen, allein fertig zu werden. Steif sagte Regis: »Ich wollte es nur nicht noch schwerer für dich machen. Nun geh schon.«
Danilo wollte etwas sagen, tat es aber nicht. Er preßte die Lippen aufeinander und schritt hinaus in die schneedurchwehte Dunkelheit. Regis wollte die Satteltaschen auspacken, doch ihm wurde so schwindlig dabei, daß er sich auf eine der Steinbänke niedersetzen und mit beiden Händen festklammem mußte.
Er war für Danilo eine Belastung. Er hielt ihn nur auf. Wie Lew in den Bergen wohl weiterkam? Er hatte gehofft, die Verfolger von ihm abzulenken. Auch das hatte nicht geklappt. Am liebsten hätte Regis sich auf die Steinbank gekauert und sich den Anfällen hingegeben, doch er erinnerte sich an Javannes Rat: Bewege dich, kämpfe dagegen an! Er zwang sich auf die Füße, nahm den Feuerstein und ein bißchen trockenes Heu, das sie als Zunder verwahrt hatten, und kniete sich vor den Kamin. Als er die Überreste des letzten Feuers beiseite fegte, fragte er sich, vor wie vielen Jahren es wohl gebrannt hatte.
Der Wind blies kalte Schneewolken durch die offene Tür. Danilo stolperte unter einem Zweigbündel herein, warf das Holz neben den Kamin und ging schnell wieder hinaus. Regis suchte die trockensten Äste heraus, um das Feuer damit anzuzünden, doch seine Hände zitterten zu sehr, so daß er den kleinen Feuerstein und den mit Öl getränkten Zunderstreifen nicht handhaben konnte. Er legte das Gerät auf die Bank und fühlte sich absolut nutzlos, bis Danilo mit einer weiteren Ladung hereinkam und die Tür hinter sich mit dem Fuß zuschlug.
»Mein Vater sagt zu so etwas ›Quantum eines Faulen‹«, sagte er fröhlich. »Wenn man viel trägt, weil man zu faul ist, ein zweites Mal zu gehen. Das wird die Kälte ein Weilchen abhalten. Aber ich bin lieber hier in Eis und Schnee als in der warmen Königssuite auf Burg Aldaran.« Er ging auf den Kamin zu und kniete sich nieder, um das Holz mit Regis’ Feuerzeug anzustecken. »Gesegnet sei der Mann, der dieses Gerät erfunden hat. Gut, daß du es dabei hast.«
Es hatte zu Gabriels Camp-Ausrüstung gehört, die ihm Javanne zusammen mit den kleinen Kochtöpfen mitgegeben hatte.
Dani sah Regis an, der reglos und zusammengekauert auf der Bank hockte. »Bist du sehr wütend auf mich?«
Still schüttelte Regis den Kopf.
Danilo sagte zögernd: »Ich will dich … nicht beleidigen. Aber ich bin dein Waffenbruder, und ich muß immer das für dich tun, was für dich das beste ist, auch wenn es nicht immer das ist, was du selbst willst.«
»Ist schon gut, Dani. Ich war im Unrecht und du im Recht«, sagte Regis. »Ich konnte nicht einmal das Feuer anzünden.«
»Nun, ich habe nichts dagegen, es zu tun. Sicher nicht mit deinem schönen Gerät hier. Dort in der Ecke ist eine Wasserleitung, das heißt, wenn die Leitungen nicht zugefroren sind. Wenn das so ist, müssen wir Schnee schmelzen. Was sollen wir kochen?«
Essen war das letzte, an das Regis in diesem Moment denken konnte, doch er zwang sich zu einer Diskussion, ob man eine Suppe aus getrocknetem Fleisch und Bohnen oder Haferbrei zubereiten sollte. Als das letztere über dem Feuer brodelte, setzte sich Danilo neben ihn. Er sagte: »Regis, ich will dich nicht schon wieder wütend machen. Aber wir müssen das regeln. Dir geht es nicht besser. Glaubst du, ich sehe nicht, daß du dich kaum im Sattel halten kannst?«
»Was soll ich denn sagen, Dani? Ich tue, was ich kann.«
»Du tust mehr als du kannst«, sagte Danilo. Das Licht des hellen Feuers ließ sein Gesicht sehr jung und sehr besorgt aussehen. »Denke nicht, ich mache dir einen Vorwurf. Aber du mußt mich dir mehr helfen lassen.« Plötzlich brach es aus ihm heraus. »Was soll ich ihnen denn in Thendara sagen, wenn
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