Hasturs Erbe
wieder aufgeflackert, und in den letzten Tagen hatte sie ihn fast ständig begleitet. Er versuchte, Danilos ängstliche Blicke und seine offensichtliche Sorge um ihn zu ignorieren. Danilo konnte nichts für ihn tun, also war es besser, er redete so wenig wie möglich darüber.
Aber es war entsetzlich unangenehm. In unregelmäßigen Abständen versank die Welt um ihn her und löste sich auf. Die Anfälle waren nicht so schlimm wie jener in Thendara oder jener andere auf seinem Weg nach Norden, doch Regis schien die ganze Zeit über an einer leichten Desorientierung zu leiden. Er wußte nicht, was schlimmer war, aber er vermutete, am schlimmsten war immer der jeweilige Zustand, in dem er sich gerade befand.
Danilo wartete darauf, daß er ihn einholte. »Es schneit schon wieder, und wir haben erst Nachmittag. Wenn das so weitergeht, brauchen wir bis Thendara volle zwölf Tage, und wir werden den guten Vorsprang vom Anfang verlieren.«
Je schneller sie Thendara erreichten, um so besser. Er wußte, die Botschaft mußte durchkommen, auch wenn man Lew und Marjorie wieder einfing. Bisher gab es keine Anzeichen von Verfolgern. Aber Regis wußte – und er verfluchte seine Schwäche –, lange würde er diese ständigen Anstrengungen nicht mehr aushalten können, diese endlosen Stunden im Sattel und diese ständige aufflackernde Schwellenkrankheit.
Früher am Tag waren sie durch ein kleines Dorf geritten, wo sie Proviant und Futter für die Pferde gekauft hatten. Vielleicht konnten sie heute abend ein Feuer riskieren – wenn sie einen Ort fanden, wo man eines anzünden konnte!
»Wenn es nur keine Scheune ist«, stimmte ihm Danilo zu. Letzte Nacht hatten sie in einer Scheune geschlafen, hatten die Wärme einiger Kühe und Pferde und Unmengen warmen Heus geteilt. Die Tiere hatten eine angenehme Temperatur verbreitet, doch sie konnten bei dem zundertrockenen Heu kein Feuer, ja nicht einmal ein Licht riskieren. So hatten sie nur ein paar Streifen Trockenfleisch und eine Handvoll Nüsse gegessen.
»Wir haben Glück«, sagte Danilo und streckte den Arm aus. Neben der Straße stand eine Unterkunft für Reisende, die vor Generationen erbaut worden war, als Aldaran noch die Siebente Domäne gewesen war und diese Straße regelmäßig beritten wurde. Die Gasthäuser waren nun alle verlassen, doch die Unterkünfte, die man so errichtet hatte, daß sie Jahrhunderte überstanden, waren immer noch benutzbar, kleine Steinhäuschen mit einem Stall für Pferde und allem, was die Reisenden brauchten.
Sie saßen ab und stellten die Pferde unter, wobei sie kaum ein Wort redeten, Regis aus Erschöpfung nicht und Danilo, weil er sich nicht traute, ihn zu belästigen. Danilo dachte, er sei wütend; das spürte Regis. Er wußte, er sollte dem Freund sagen, er sei nicht ungehalten, sondern nur müde. Aber er wagte es nicht, Schwäche zu zeigen. Er war ein Hastur. Er mußte die Führung übernehmen, die Verantwortung tragen. Daher trieb er sich unbarmherzig weiter. Die Anstrengungen ließen seine wenigen Worte scharf und seine Stimme rauh klingen. Alles wurde nur noch schlimmer dadurch, daß er wußte, Dani würde ihn mit Vergnügen in allem bedienen, wenn er ihm nur die kleinste Ermutigung zuteil werden ließ. Er wollte Danis Heldenverehrung nicht ausnutzen.
Die Comyn hatten das schon viel zu oft getan …
Die Pferde legten sich zur Nacht nieder, und Danilo trug die Satteltaschen ins Haus. Auf der Schwelle blieb er stehen und sagte: »Das ist immer der interessanteste Moment an jedem Tag: wenn wir sehen, was die Jahre von all den Häusern, in denen wir nächtigen, übriggelassen haben.«
»Interessant ist es schon«, sagte Regis trocken. »Wir wissen nie, was wir vorfinden oder mit wem wir unser Lager teilen.« Eine der Nächte mußten sie im Stall verbringen, weil ein Nest von giftigen Skorpionameisen das Haus selbst bevölkerte.
»Hmm, ja. Skorpionameisen sind eine Art von Lebewesen, mit denen ich mein Bett nicht gern teilen möchte«, sagte Danilo leichthin, »aber heute abend scheinen wir Glück zu haben.« Der Raum war kahl und roch staubig und ungelüftet, doch die Feuerstelle war intakt. Es gab ein paar Sitzbänke und ein schweres, in die Wand eingelassenes Bett, so daß sie nicht, den Spinnen und Nagetieren ausgeliefert, auf dem Boden schlafen mußten. Danilo warf die Satteltaschen auf eine der Bänke. »Ich habe hinter der Scheune ein paar trockene Zweige gesehen. Der Schnee hat sie sicher noch nicht durchgeweicht. Vielleicht
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