Hauch der Verdammnis
war. Doch als sie die Abzweigung nach Makawao erreichte, wusste sie, dass sie keine andere Wahl hatte. Michael hatte gerade Lauftraining. Er musste noch immer draußen auf der Bahn sein. Wenn er dort war und es ihm gut ging, würde sie weiter nach Kihei fahren. Wenn nicht...
Bei dem Gedanken, dass Michael das gleiche Schicksal erleiden könnte wie Mark Reynolds und Shane Shelby, spürte Katharine einen Kloß im Hals, und ihr Herz schlug schneller.
An der Schule angekommen, parkte sie den Explorer so nahe wie möglich an der Laufbahn. Ein Dutzend Jungen standen am anderen Ende des Rasens. Zunächst konnte Katharine Michael nicht erkennen. Dann sah sie ihn. Er kauerte in einem Startblock. Ein Mann, wahrscheinlich der Trainer, hob die rechte Hand, und als er sie herabfallen ließ, stieß sich Michael aus dem Block ab und lief die Bahn entlang. Die anderen Jungen feuerten ihn an.
Als Katharine sah, wie er die Sprintstrecke lief, verflog zumindest ein Teil ihrer Angst.
Egal, was geschehen war, egal, was man Mark Reynolds, Shane Shelby und Kioki Santoya angetan hatte, Michael ging es gut.
Er schien sogar besser denn je in Form zu sein.
Als sie den Motor wieder anließ, bemerkte sie kaum, dass vor ihr ein staubiger Sedan parkte.
Auf jeden Fall bemerkte sie nicht, dass der Mann hinter dem Steuer des Sedans Michael ebenfalls beobachtete.
Genauso aufmerksam wie sie.
Michael atmete erleichtert auf, als er sah, wie seine Mutter davonfuhr und in Richtung Haleakala Highway abbog. Zumindest war sie nicht ausgestiegen - das hätte ihm noch gefehlt! Es war ihm peinlich genug gewesen, dass seine Teamkollegen ihre Übungen unterbrochen und ihm zugesehen hatten, als er zu laufen begann. Wenn seine Mutter auch noch hinzugekommen wäre ...
Schon bei dieser Vorstellung errötete er.
Andererseits, wenn sie ausgestiegen wäre, hätte er ihr zumindest beweisen können, dass er in Bestform war. Schließlich hatte er sämtliche Rekorde gebrochen.
Er hatte Bestleistungen aufgestellt, auch wenn sie nicht offiziell waren, und zwar über fünfzig, hundert und zweihundert Meter, und er fühlte sich immer noch richtig gut. Allerdings hatte er kurz in den Umkleideräumen verschwinden müssen, um noch etwas Ammoniak einzuatmen. Als seine Mutter um die Ecke gebogen war, konzentrierte er sich wieder voll auf die Strecke.
Er hatte sämtliche Schulrekorde gebrochen, aber er hatte immer noch Lust zu laufen. Vielleicht sollte er sich noch an einer längeren Strecke versuchen.
Er machte sich für die Viertelmeile bereit. Nach dem Start suchte er sich ein angenehmes Tempo, und als er die erste Kurve erreichte, atmete er nicht einmal schwer. Er hielt das Tempo, bis er auf die Gerade gegenüber den Tribünen kam, dann beschleunigte er.
Vor einem Monat - ja, noch vor einer Woche - hätte er schon jetzt die Anstrengung gespürt. Sein Atem wäre kürzer, seine Beine wären bereits schwerer geworden. Am Ende der Geraden hätte er nur noch gehen können, und wenn er nicht völlig zusammengebrochen wäre, hätte er japsend und nach Luft schnappend dagestanden und die Arme in die Hüften gestemmt, bis er wieder einigermaßen normal hätte atmen können. Aber heute spürte er keine Schmerzen in den Beinen, und sein Atem ging regelmäßig, auch wenn er jetzt doch merkte, dass er seinem Körper sehr viel abverlangte.
Langsam spürte er wieder dieses beklemmende Gefühl in der Brust. Es tat nicht richtig weh, aber irgend etwas stimmte nicht.
Er bog in die Kurve ein und beschleunigte noch etwas. Wo immer der Schmerz herkam, er würde vergehen, wenn er ihn ignorierte. Locker lief er an den leeren Tribünen vorbei. Dabei stellte er sich vor, wie die Leute ihm zujubelten. Noch einmal erhöhte er das Tempo, wobei seine Lunge mehr Arbeit leisten musste als seine Beine.
Er beendete die zweite Runde. Jetzt spürte er die Hitze in seinen Beinen. Seine Brust schmerzte, aber es war anders als der asthmatische Schmerz, mit dem er aufgewachsen war.
Dieses Gefühl stammte daher, dass er sich anstrengte, und er glaubte nur weiterlaufen zu müssen, um den Schmerz zu überwinden. Er durfte ihm nicht nachgeben, musste seine Geschwindigkeit nur beibehalten oder sogar noch etwas steigern, dann würde er sicher dieses Hochgefühl des Läufers erleben, von dem er immer gehört, das er aber selbst noch nie erlebt hatte. Als er die dritte Runde beendete, lief sein Trainer auf die Bahn und schloß sich ihm an.
»Was ist los, Sundquist? Du hast doch gesagt, du könntest
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