Hauch der Verdammnis
keine Langstrecke laufen.«
Grinsend schaute Michael kurz zur Seite. »Mir war einfach nach Laufen.«
Peters sah ihn fragend an. »Hast du etwa was eingenommen?«
Michael fühlte sich ertappt. Was sollte er sagen? Sollte er lügen? Aber Ammoniak war doch keine Droge. Es war doch nur ein Reinigungsmittel.
Die Warnungen, die er auf dem Etikett gelesen hatte, schossen ihm durch den Kopf. Aber wenn das Zeug wirklich so giftig war, wieso fühlte er sich dann so gut?
Doch dann fühlte er sich mit einemmal gar nicht mehr so gut.
Der Durchbruch, auf den er gewartet hatte - der Phe-romonschub, der den Schmerz aus seiner Brust spülen und ihm den zweiten Atem für die letzten vierhundert Meter geben sollte -, blieb aus.
Statt dessen wurde der Schmerz in seiner Brust schlimmer, und seine Beine brannten wie Feuer.
Das Ammoniak, das musste es sein.
Bestimmt.
Die Schmerzen wurden mit jeder Sekunde ärger, und er spürte, wie seine Beine nachgaben.
Mach weiter. Wenn du weitermachst, kannst du es schaffen.
Der Trainer, der immer noch neben ihm lief, fragte: »Was ist, Sundquist? Du siehst gar nicht gut aus.«
Offenbar sah man ihm an, welche Schmerzen er hatte. Wenn er erwischt wurde - wenn der Trainer herausfand, was er mit dem Ammoniak gemacht hatte -, warf er ihn bestimmt aus dem Laufteam.
Lauf weiter, sagte er sich. Lauf weiter, es wird schon werden.
Aber als er in die letzte Kurve einbog, spürte er, wie seine Beine nachgaben und er immer langsamer wurde.
Sein Atem ging stoßweise, und jedesmal, wenn er einatmete, war es, als bohrten sich Messer in seine Brust.
Er stolperte und kam völlig aus dem Rhythmus. Kaum hatte er ihn wiedergefunden, da stolperte er erneut. Um nicht auf die Bahn zu stürzen, lief er auf den Rasen des Footballfeldes, wo er schließlich zusammenbrach.
»Sundquist? Sundquist!« Jack Peters kniete neben ihm. Michael lag auf dem Rücken und starrte in den Himmel. Alles wurde dunkler, Blitze zuckten vor seinen Augen. Gleich würde er ohnmächtig werden.
Oder sterben.
Nein, er wollte nicht sterben. Nicht jetzt. Er hatte sich doch so gut gefühlt und war so gut gelaufen wie noch nie in seinem Leben.
Er musste wieder auf die Beine kommen. Er musste da durch, musste einfach weiterlaufen. Doch als er sich aufzurappeln versuchte, verlor er das Gleichgewicht und stürzte wieder zu Boden. Dann spürte er auf den Schultern die Hände seines Trainers, der ihn umdrehte.
»Bleib einfach liegen«, hörte er ihn sagen. »Was ist denn, Sundquist? Sag mir, was mit dir ist!«
Die Dunkelheit umhüllte ihn, und wie er auch um Luft rang, er konnte nicht mehr atmen.
Dann spürte er, wie andere Hände ihn berührten, und hörte eine andere Stimme.
Rick Pieper.
»Michael! Michael, was hast du?«
Michael spürte, wie jegliche Kraft aus seinem Körper wich. Er versuchte etwas zu sagen, brachte aber keinen Ton hervor.
Entsetzt und hilflos sah Rick Pieper seinen Trainer an. Kioki Santoya war tot, Jeff Kina und Josh Malani waren verschwunden. Und jetzt schien auch Michael vor seinen Augen zu sterben.
»Machen Sie doch etwas!« flehte er. »Um Gottes willen, können Sie denn nichts tun?«
Der Trainer beugte sich herab. »Was ist?« Er sprach in Michaels Ohr. »Was willst du uns sagen?«
Michaels Zunge schien anzuschwellen, aber er kämpfte und brachte schließlich kaum hörbar das eine Wort heraus.
»A...Ammoniak ...«
Völlig erschöpft fiel er nach hinten auf den Rasen. Seine Arme und Beine zuckten.
Takeo Yoshihara und Stephen Jameson saßen in dem Hubschrauber, als die Nachricht sie erreichte, dass Michael Sundquist auf dem Sportgelände der Bailey High School zusammengebrochen war.
»Wie weit sind wir entfernt?« fragte Yoshihara in das Mikrofon, durch das er trotz der dröhnenden Rotoren mit dem Piloten kommunizieren konnte.
»Wir können in fünf Minuten dort sein«, antwortete der Pilot.
»Dann los«, befahl Yoshihara. Er wandte sich an Stephen Jameson. »Wird er es schaffen?«
»Wenn wir vor dem Krankenwagen eintreffen, ja«, sagte Jameson. »Aber wenn sie ihn so versorgen wie den Jungen in Los Angeles, töten sie ihn.«
»Dann sprechen Sie mit den Sanitätern«, sagte Yoshihara. »Erklären Sie ihnen, dass Sie der behandelnde Arzt des Jungen sind und sie nichts unternehmen sollen, bevor Sie eintreffen.«
Der Pilot meldete sich über Funk. »Das geht leider nicht. Wir senden nicht auf derselben Frequenz wie die Ambulanz. Wenn man vom Teufel spricht - sehen Sie!« Er zeigte nach unten.
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