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Hauch der Verdammnis

Hauch der Verdammnis

Titel: Hauch der Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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helfen.
    Falls sie ihn finden würden.

KAPITEL 16
     
    Michael bewegte sich behende durch die dunklen Schatten der Wälder, welche die Straße säumten. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren und wusste weder, wie lange es her war, seit er von zu Hause geflohen war, noch, wie spät es wohl sein mochte.
    Kaum konnte er sich daran erinnern, wie er aus dem Fenster geklettert und über das Verandageländer gesprungen, über die Lichtung gelaufen und im dunklen Eukalyptuswald verschwunden war, so sehr hatte ihn der Schrecken des Traums gebannt. Er hatte nur vor dem Licht fliehen wollen und vor der Gestalt, die ihm darin erschienen war. Aber selbst nachdem er die schützende Dunkelheit erreicht hatte, war er weiter gerannt, unter Ästen sich hinweg duckend, bis er den Wald hinter sich gelassen hatte und auf eine Wiese gestolpert war. Japsend hatte er sich zu Boden fallen lassen.
    Fliehen!
    Er musste fliehen.
    Aber wohin? Kaum hatte er sich die Frage gestellt, wusste er die Antwort. Er dachte an die Spalte in der Schlucht, wo seine Mutter in der Nähe das seltsame Skelett ausgegraben hatte.
    Dorthin würde er gehen.
    Nur, wie kam er dorthin?
    Während der Schrecken des Traumes langsam von ihm wich, fiel ihm wieder ein, was Josh am Nachmittag gesagt hatte. Irgendwo die Straße hinauf gab es einen Pfad.
    Mehr oder weniger folgte er nun der Straße und ihren engen Kurven. Manchmal jedoch kürzte er ab, indem er die steile Böschung hinaufkletterte. Er kam an einem halben Dutzend Abzweigungen vorbei, und eine von ihnen ähnelte auch einem Fußpfad, aber eine innere Stimme sagte ihm, dass er noch weiter aufwärts gehen müsse. Nach einigen weiteren Metern blieb er plötzlich stehen.
    Zunächst wusste er gar nicht, warum, aber dann sah er es - einen schmalen Pfad, der in die ungefähre Richtung von Takeo Yoshiharas Anwesen und der Ausgrabungsstelle seiner Mutter führte. Aber wie konnte er sich vergewissern? Was, wenn ihn der Pfad in die falsche Richtung führte?
    Trotz seiner Zweifel folgte er dem Pfad. Irgend etwas sagte ihm, dass er in die richtige Richtung ging. Nach zwanzig Minuten mündete der Pfad in einen unebenen Weg. Ohne zu zögern, wandte sich Michael nach links.
    Er ging jetzt schneller, und die Gewißheit, den Weg gefunden zu haben, wuchs mit jedem Schritt. Kurz darauf kam er an ein Tor. Er kletterte darüber, ebenso wie über den Zaun, auf den er ein paar Minuten später traf. Es war, als folge er einem Leitstrahl, denn der von vorbeiziehenden Wolken verdeckte Mond spendete nur wenig Licht.
    Schließlich betrat Michael die Lichtung, auf der die Arbeitstische unter den Zeltplanen standen. Der letzte Rest Furcht wich von ihm.
    Er ging weiter und stand kurz darauf an der alten Lagerstätte, wo das Skelett lag. Er kniete sich nieder. Seine Augen richteten sich auf die Umrisse des bleichen Schädels, und als die Wolkendecke aufriß und ein silbriger Streifen Mondlicht die leeren Augen des toten Wesens erhellten, spürte Michael erneut dieses seltsame Gefühl, das ihn am Nachmittag beschlichen hatte, diese sonderbare Mischung aus Vertrautheit und Furcht.
    Dann verschwand der Mond wieder hinter den Wolken. Michael erhob sich und begab sich in den Schutz des seit langem erloschenen Vulkanschlots.
    In dieser Nacht war es warm in diesem Schacht - weitaus wärmer als an der frischen Luft -, und Michael fühlte, wie ihn ein sanfter Nebel umhüllte. Er sank nieder und lehnte sich gegen die moosigen Felsen.
    Bald darauf versank er in traumlosen Schlaf.
    Er wusste nicht, was ihn aufgeweckt hatte - vielleicht ein Geräusch, vielleicht ein sechster Sinn.
    Er wusste auch nicht, wie lange er geschlafen hatte.
    Aber als er erwachte, waren auch all seine Sinne hellwach. Er kauerte sich zusammen und lauschte mit angehaltenem Atem.
    Die Wolkendecke war noch dichter geworden. Dennoch konnte er die Umrisse der Bäume deutlich erkennen. Die schlanke Gestalt eines Mungo glitt auf dem schmalen Pfad vorbei, der ihn zu seinem Versteck geführt hatte.
    Michael bewegte sich nicht, denn in das Zirpen der Insekten und das Murmeln schläfriger Vögel mischten sich andere Klänge.
    Stimmen.
    Menschliche Stimmen, so leise, dass er die Worte nicht verstand.
    Aber sie kamen näher.
    Langsam erhob sich Michael. Die sich nähernde Gefahr aktivierte seine Sinne.
    Er lauschte intensiver und verstand schließlich einen Satz:
    »Etwa dreihundert Meter vor uns - dort oben, wo diese Freundin von Dr. Silver arbeitet.«
    Sie sprachen von ihm!
    Sie suchten

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